Gesundheit & Medizin

Der Weg zu einer besseren Jodversorgung

Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) hat in einer aktuellen Stellungnahme empfohlen, die Anreicherung von Speisesalz mit dem essenziellen Spurenelement Jod um 5 Milligramm pro Kilogramm Salz anzuheben. Damit würde der geltende Jodierungskorridor für Speisesalz von aktuell 15 bis 25 Milligramm auf 20 bis 30 Milligramm steigen. „Ein Schritt, den der Arbeitskreis Jodmangel bereits seit vielen Jahren fordert, um der Tendenz der rückläufigen Jodversorgung der Bevölkerung entgegenzuwirken“, sagt Professor Dr. Thomas Remer, Leiter des Außenlabors DONALD Studie Dortmund der Universität Bonn und zweiter Vorsitzender des Arbeitskreises Jodmangel e.V. (AKJ). „Diese Anhebung ist umso wichtiger, da die Nationale Reduktions- und Innovationsstrategie (NRI) des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) die grundsätzlich begrüßenswerte Reduktion des individuellen Salzkonsums um 10 Prozent erreichen will.“ Derzeit liegt der durchschnittliche Verzehr bei 9,3 Gramm Salz pro Person und Tag. Um die mit der NRI einhergehende verminderte Jodaufnahme zu kompensieren, braucht es geeignete Maßnahmen, zumal in Deutschland die Jodversorgung der Bevölkerung in weiten Teilen nicht ausreichend und sogar rückläufig ist. „Neben der Erhöhung des Jodierungsgrades sollte auch eine Steigerung des Verwendungsgrades erfolgen“, erklärt Professor Remer. Eine adäquate Jodzufuhr in Deutschland kann selbst bei einer Erhöhung des Jodgehaltes um 5 Milligramm pro Kilogramm im Salz nur dann erreicht werden, wenn mehr Hersteller der Lebensmittelindustrie und des ‑handwerks Jodsalz verwenden. Das sieht auch das BfR so und plädiert dafür, dass die Lebensmittelproduktion mehr jodiertes Speisesalz einsetzt. In seinen Ergebnissen kommt das Institut zu dem Fazit, dass eine Verwendungsquote von 36 bis 42 Prozent sachgerecht und sicher ist. Nach einer repräsentativen Erhebung der Justus-Liebig Universität Gießen liegt dieser Anteil aktuell bei lediglich 28,5 Prozent.

Der natürliche Jodgehalt von Nahrungsmitteln reicht insgesamt nicht aus, um eine adäquate Versorgung der Bevölkerung mit Jod sicherzustellen. Das Spurenelement ist unentbehrlich für den Aufbau der Schilddrüsenhormone und muss mit der Nahrung aufgenommen werden. Jodsalz in Privathaushalten und dessen Einsatz in Lebensmittelindustrie und -handwerk werden zur Verbesserung der Jodversorgung und als Jodmangelprophylaxe empfohlen. Dadurch und durch die Jodierung von Tierfuttermitteln, die zu höheren Jodgehalten in Milch und Milchprodukten sowie Eiern führt, hat sich in den letzten Jahrzehnten die Versorgungslage in Deutschland verbessert.

Negativ Trend zeichnet sich ab!

Doch die Tendenz ist wieder leicht rückläufig, was unter anderem die Ergebnisse der Studie zur Gesundheit von Kindern und Jugendlichen in Deutschland (KiGGS Welle 2) zeigt. Das BfR ging daher der Frage nach, in welchem Rahmen eine Erhöhung des Jodierungsgrades sowie eine Erhöhung des Verwendungsgrades sachgerecht und sicher ist. Auch wurde dabei der allgemeine Grundsatz berücksichtigt, dass Präventionsmaßnahmen, wie die Jodmangelprophylaxe, für sämtliche Bevölkerungsgruppen geeignet und ohne jegliches gesundheitliches Risiko sein müssen. „Aus diesem Grund werden oftmals Obergrenzen festgelegt“, so der Ernährungsendokrinologe Professor Remer. Die Anhebung des Jodierungsgrades sowie die Erhöhung des Verwendungsgrades um die angestrebten Werte stellt sicher, dass selbst Menschen mit einem extrem hohen Salzkonsum, meist junge Männer, die Tageshöchstmenge von 500 Mikrogramm nicht überschreiten.

Um Risikogruppen für eine Unterversorgung zu bestimmen, hilft der Blick auf die empfohlene Gesamtaufnahme. Sowohl die Weltgesundheitsorganisation (WHO) als auch die EFSA (European Food Safety Authority) empfehlen 150 Mikrogramm pro Tag. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) nennt sogar 200 Mikrogramm als empfehlenswert. Aktuell liegt in Deutschland die Gesamtaufnahme von Jod aber nur bei 126 Mikrogramm. „Besonders junge Frauen im gebärfähigen Alter aber auch Kinder und Jugendliche weisen ein deutliches Jodmangelrisiko auf“, mahnt Professor Remer. Bei den aktuell vorgeschlagenen Anhebungen des Jodierungsgrades würde das Risiko für eine unzureichende Jodzufuhr nur geringfügig sinken, was auch die gleichzeitige Steigerung des Verwendungsgrades erforderlich macht.

Nicht zu wenig und nicht zu viel

Um zu den aktuellen Empfehlungen zu kommen, entwickelte das BfR zwei Szenarien als Grundlage. Damit die Bevölkerung genügend Jod aus Speisesalz aufnimmt – Berechnungen zufolge sollten das rund 75 Mikrogramm pro Tag sein – müsste bei einer Erhöhung des Jodierungsgrades um 5 Milligramm pro Kilogramm Salz der Verwendungsgrad auf mindestens 36 Prozent steigen. Die angestrebte Verringerung des Salzkonsums um 10 Prozent durch die NRI wurde hier eingerechnet. Um das so genannte Upper Limit (UL), die absolute Obergrenze von 500 Mikrogramm pro Tag nicht zu überschreiten und damit einer zu hohen Jodzufuhr vorzubeugen, errechnete das BfR die obere Grenze für die Erhöhung des Verwendungsgrades von 42 Prozent. Das Bundesinstitut sieht die Obergrenze auch unter Berücksichtigung des Verzehrs jodhaltiger Nahrungsergänzungsmittel als sachgerecht und gesundheitlich unbedenklich an.

Die Ergebnisse des BfR haben zentrale Forderungen des AKJ bestätigt und zeigen ferner: Der mit der angestrebten Reduktion des Salzkonsums verbundene Rückgang der Jodversorgung lässt sich durch die Erhöhung des Jodgehaltes im Salz um 5 Milligramm pro Kilogramm lediglich kompensieren. Eine adäquate Jodzufuhr in Deutschland kann selbst bei einer Erhöhung des Jodgehaltes im Salz nur durch die zusätzliche Erhöhung des Verwendungsgrades von Jodsalz bei der Herstellung von Lebensmitteln erreicht werden. Vereinfacht gesagt: „Wenn verarbeitete Lebensmittel oder Fertigprodukte, dann möglichst mit Jodsalz“. „Sinnvoll wäre zudem ein regelmäßiges Monitoring der Verwendung von Jodsalz bei der Herstellung von Lebensmitteln“, erklärt Professor Remer abschließend

Quellen:

  • Bundesinstitut für Risikobewertung – BfR (Hrsg.) (2021) Rückläufige Jodzufuhr in der Bevölkerung: Modellszenarien zur Verbesserung der Jodaufnahme. Stellungnahme Nr.005/2021, Online abrufbar
  • Bissinger K. et al. (2019) Repräsentative Markterhebung zur Verwendung von Jodsalz in handwerklich und industriell gefertigten Lebensmitteln. Abschlussbericht zum Forschungsprojekt zur Bereitstellung wissenschaftlicher Entscheidungshilfe für das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL).
  • Esche J., Remer T. (2019) Biomarker-basierte Langzeitanalysen zur Ermittlung des Anteils von Jodsalz an der Salzaufnahme und der Jodversorgung in der deutschen Bevölkerung. Abschlussbericht zum Forschungsprojekt zur Bereitstellung wissenschaftlicher Entscheidungshilfe für das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL).
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