Forschung und Entwicklung

Erfolg durch Eierkuchen-Strategie

Skyrmionen – winzige magnetische Wirbel – gelten als vielversprechende Kandidaten für die Informationsspeicher der Zukunft. Mit ihrer Hilfe könnten sich eine Datenspeicherung und -verarbeitung von enormer Kapazität umsetzen lassen. Ein Team unter der Federführung des Helmholtz-Zentrums Dresden-Rossendorf (HZDR) hat ein Verfahren zur Herstellung eines speziellen magnetischen Dünnschichtmaterials entwickelt, in dem sich solche Magnetwirbel besonders effektiv unterbringen lassen. Eine zentrale Rolle bei der neuen Methode spielt die schlagartige Erwärmung des Materials durch kurze, sehr helle Lichtblitze, wie das Team, bestehend aus Wissenschaftler*innen des HZDR, des Leibniz-Instituts für Festkörper- und Werkstoffforschung Dresden, der TU Dresden sowie chinesischen Partnern, in Advanced Functional Materials (DOI: 10.1002/adfm.202009723) beschreibt.

2009 war einem Forschungsteam eine bemerkenswerte Entdeckung gelungen: Die Fachleute fanden heraus, dass sich in einem Material namens Mangansilizid – einer Verbindung aus Mangan und Silizium – winzige magnetische Wirbel bilden können. Seitdem gelten diese Skyrmionen, benannt nach dem britischen Physiker Tony Skyrme, als vielversprechende Kandidaten für künftige Magnetspeicher. Sie lassen sich auf Oberflächen leicht erzeugen und löschen. Außerdem können sie mit einer Größe von einigen Nanometern (milliardstel Metern) deutlich kleiner sein als die Magnetbits auf den heutigen Festplatten, die etwa 50 Nanometer messen.

„Hinzu kommt, dass sich Skyrmionen mit Strom vorteilhafter ansteuern lassen als mit Magnetfeldern, wie es bei den derzeitigen Festplatten geschieht“, erläutert Dr. Shengqiang Zhou, Physiker am HZDR-Institut für Ionenstrahlphysik und Materialforschung. „Mittels Ansteuern über einen elektrischen Strom erreichen wir eine bessere Skalierbarkeit. Dadurch könnten in Zukunft deutlich dichtere und schnellere Speicher gebaut werden.“ Doch auf dem Weg dahin gibt es noch manche Hürden zu meistern. Reagieren zum Beispiel Silizium und Mangan zu Mangansilizid-Kristallen, offenbart sich eine ungünstige Eigenschaft: Statt stets eine bestimmte, wohldefinierte Phase zu bilden, können sich beide Elemente zu vielen unterschiedlichen Kristallphasen zusammentun. Für die Bildung von Skyrmionen eignen sich vor allem dünne Schichten aus einer als B20-Phase bezeichneten MnSi-Verbindung.

Unerwünschte Kristallphasen

Dessen Produktion ist allerdings alles andere als leicht: Bei der Herstellung entsteht bislang unweigerlich auch eine andere, unerwünschte Kristallphase, MnSi1.7 genannt. Sie erschwert oder unterbindet sogar die Bildung von Skyrmionen. Konkret bildet sich das MnSi1.7 bevorzugt bei niedrigeren Temperaturen und insbesondere dann, wenn sich das Material nur langsam abkühlt. Das Team um Shengqiang Zhou hat nun eine Methode entwickelt, die das verhindert – am Ende bleiben dünne Schichten aus lupenreinem B20-MnSi.

Kernelement des neuen Verfahrens ist eine spezielle Hitzebehandlung. „Es ist ein bisschen so wie bei einem Eierkuchen“, erklärt Zhou. „Damit er wirklich gut schmeckt, sollte er außen knusprig und innen möglichst weich sein.“ Das klappt am besten, wenn der Teig in eine heiße Pfanne gegossen wird: Dann ist er so schnell fertig, dass das Innere schön weich bleibt. Wird der Teig dagegen im Ofen zubereitet, erhitzt er sich viel regelmäßiger und härtet komplett aus – der Eierkuchen ist nur mäßig lecker.

Erhitzen mit Blitzen

Diese Eierkuchen-Strategie des schnellen, starken Erhitzens nahmen sich die Fachleute zum Vorbild. Das Kalkül: „Wenn wir einen auf einem Siliziumwafer liegenden Manganfilm ganz kurz erhitzen, bringen wir sehr wenig Energie in das Material ein", erklärt Zhou. „Dadurch kann es rasch wieder abkühlen – und zwar so schnell, dass das unerwünschte MnSi1.7 nicht genug Zeit hat sich zu bilden.“ Nur: Wie lässt sich etwas rasant und zugleich kräftig erhitzen? Die Arbeitsgruppe hatte die passende Lösung parat: Helle, intensive Blitze aus weißem Licht sollten die erforderlichen Eigenschaften zeigen.

Derartige Blitze können die Forscher*innen vor Ort am „BlitzLab“ erzeugen, einem auf dem Rossendorfer Campus ansässigen Helmholtz Innovation Lab. Diverse Messreihen bestätigten die Vermutung: „Indem wir die Leistung der Blitze variierten, konnten wir das Verhältnis der unterschiedlichen Kristallphasen sehr präzise einstellen“, berichtet Shengqiang Zhou. „Bei relativ hohen Leistungen entstanden dann wie erhofft dünne Schichten aus reinem B20-MnSi.“

Die Folge: Die Skyrmionen, die sich in diesen Schichten hervorrufen lassen, sind nun über einen deutlich größeren Temperatur- und Magnetfeldbereich stabil als zuvor bei diesem Material beobachtet. Zwar dürfte sich Mangansilizid selber kaum für den praktischen Einsatz eignen – es funktioniert nur bei sehr tiefen Temperaturen. Dafür aber könnte es als wichtiges Modell für andere, praktikablere Materialien dienen. „Bei vielen Verbindungen gibt es das Problem, dass sie unterschiedliche Phasen besitzen“, erläutert Zhou. „Und unser Ansatz könnte in Zukunft helfen, diese Phasen voneinander zu trennen.“

Publikation:

Z. Li, Y. Xie, Y. Yuan, Y. Ji, V. Begeza, L. Cao, R. Hübner, L. Rebohle, M. Helm, K. Nielsch, S. Prucnal, S. Zhou: Phase selection in Mn-Si alloys by fast solid-state reaction with enhanced skyrmion stability, in Advanced Functional Materials, 2021 (DOI: 10.1002/adfm.202009723)

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Das Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf (HZDR) forscht auf den Gebieten Energie, Gesundheit und Materie. Folgende Fragestellungen stehen hierbei im Fokus:

– Wie nutzt man Energie und Ressourcen effizient, sicher und nachhaltig?

– Wie können Krebserkrankungen besser visualisiert, charakterisiert und wirksam behandelt werden?

– Wie verhalten sich Materie und Materialien unter dem Einfluss hoher Felder und in kleinsten Dimensionen?

Das HZDR entwickelt und betreibt große Infrastrukturen, die auch von externen Messgästen genutzt werden: Ionenstrahlzentrum, Hochfeld-Magnetlabor Dresden und ELBE-Zentrum für Hochleistungs-Strahlenquellen.

Es ist Mitglied der Helmholtz-Gemeinschaft, hat sechs Standorte (Dresden, Freiberg, Grenoble, Leipzig, Schenefeld bei Hamburg) und beschäftigt knapp 1.200 Mitarbeiter – davon etwa 500 Wissenschaftler inklusive 170 Doktoranden.

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