BUND begrüßt morgige Verabschiedung des Konzepts im Berliner Abgeordnetenhaus
„Um den notwendigen Beitrag zum Klimaschutz zu leisten und Berlin bis 2045 klimaneutral zu machen, muss die Stadt auch noch schneller den Umgang mit ihren Abfällen verändern und wirklich zur Zero Waste-Hauptstadt werden“, erklärt Tobias Quast-Malur, BUND-Referent für Abfall- und Ressourcenpolitik, „dafür muss Berlin seine Restmüllmenge bis 2045 auf 50 Kilogramm pro Kopf und Jahr reduzieren.“
Diese Ziele sollten über das AWK hinaus verbindlich zum Beispiel auf gesetzlicher Ebene und in Zielvereinbarungen mit der BSR festgelegt werden. Selbstverständlich ist aus BUND-Sicht, dass in der Zukunft nicht mehr, sondern nur noch deutlich weniger Berliner Müll verbrannt werden darf. Um klima- und umweltschädliche Fehlanreize zu vermeiden, muss dabei klar sein, dass die Verbrennung von Müll nicht mehr als klimaneutral bewertet werden darf! R2G sollte die Verschiebung des Energiewendegesetzes unbedingt nutzen, um die Falschaussage vom klimaneutralen Müll aus dem Gesetz zu streichen!
Aktuell landen vor allem aufgrund schlechter Mülltrennung und wachsender Verpackungsberge durchschnittlich 215 Kilogramm Abfall pro Berliner*in in der schwarzen Tonne. Damit Berlin das im AWK definierte Ziel von 150 Kilogramm im Jahr 2030 erreicht, müssen vor allem die unter Corona noch einmal stark angestiegenen Mengen an Versandkartons und To Go-Verpackungen deutlich reduziert werden. Der BUND fordert deshalb die Einführung einer Berliner Verpackungssteuer auf alle Wegwerf-To Go-Produkte! Mit den Einnahmen sollen dann innovative Mehrweglösungen gefördert werden. Auf www.berlin-plastikfrei.de können alle für eine Berliner Verpackungssteuer unterschreiben.
Aber auch jenseits von To Go-Verpackungen müssen die Abfallberge noch deutlich schrumpfen, um Berlin wirklich von der Müllmetropole zur Zero Waste-Hauptstadt zu machen. Dafür müssen vor allem Umweltbildung und Aufklärungsarbeit zur Mülltrennung und Abfallvermeidung optimiert und deutlich intensiviert werden. Das AWK selbst stellt die dafür notwendigen Schritte nur unzureichend dar, sondern verweist auf ein geplantes Zero Waste-Abfallberatungskonzept. Dieses muss schnellstmöglich – und unter Beteiligung der Zivilgesellschaft – fertig gestellt werden und Strukturen für eine nachhaltige Aufklärungsarbeit in Sachen Müll in der Stadt entwickeln: Der BUND schlägt dafür die Schaffung einer gebührenfinanzierten landeseigenen Zero Waste-Agentur vor, die insbesondere die vielen zivilgesellschaftlichen Aktivitäten zur Abfallberatung und Umweltbildung in den Kiezen wie Repair Cafés, Leihinitiativen oder Upcycling-Workshops dauerhaft fördert und koordiniert. (Weitere Vorschläge des BUND Berlin zu Ausbau und Optimierung der Abfallberatung finden Sie hier: www.bund-berlin.de/fileadmin/berlin/publikationen/Abfall/BUND-Abfallberatungskonzept.pdf)
Nachhaltiges Einkaufen und Entsorgen sollte aber nicht nur in Berliner Privatwohnungen eine Selbstverständlichkeit sein, auch die öffentlichen Einrichtungen der Stadt sind gefordert, dem Zero Waste-Anspruch gerecht zu werden. Hier muss die Politik noch deutlich nachbessern und endlich die Wertgrenze für eine ökologische öffentliche Beschaffung aus dem Berliner Vergabegesetz streichen.
Gleiches gilt in Sachen Bioabfallverwertung: Durch den sofortigen Bau einer weiteren Biogasanlage müssen alle Berliner Bioabfälle hochwertig und klimaschonend behandelt werden. Das heißt auch, dass die Gärreste aus den Anlagen nur noch in klimafreundlichen geschlossenen Anlagen kompostiert werden dürfen.
Weitere „offene Baustellen“ sind die Stärkung von Wiederverwendung und Recycling insbesondere im Bau- und Gewerbebereich, die Ausweitung verbraucherfreundlicher kostenfreier Angebote zur Sperrmüllentsorgung sowie eine Optimierung der Aufklärungsarbeit der BSR. Diese sollte alle Bürger*innen der Stadt künftig mindestens einmal pro Jahr persönlich anschreiben und zu Mülltrennung und Abfallvermeidung motivieren. Bislang findet eine regelmäßige direkte und persönliche Ansprache der Berliner*innen durch die BSR nicht statt. Die BSR kommuniziert in der Regel nur mit den Eigentümern und Hausverwaltungen.
„Für das Erreichen der Klimaneutralität sowie des Zero Waste-Ziels von nur noch 50 Kilogramm Restmüll pro Berliner*in im Jahr 2045, wird das jedoch alles nicht ausreichen“, prognostiziert Quast-Malur und fordert: „Um Zero Waste zu erreichen, müssen wir die Berliner*innen für Abfallvermeidung und konsequentes Mülltrennen auch finanziell belohnen. Dafür müssen Pay-as-you-Throw-Systeme in Berlin zum Standard werden!“ Bislang werden hohe Müllkosten für die teure Restmülltonne in Berliner Mietshäusern einfach über die Quadratmeter auf alle Bewohner*innen aufgeteilt. Mit Pay-as-you-Throw-Systemen können auch in großen Wohnhäusern Haushalte ihre niedrigen Müllmengen konkret ermitteln und Mietnebenkosten einsparen.
Andere Zero Waste-Städte und -Kommunen zeigen, dass durch Abfallvermeidung und eine bessere Trennung die Müllberge deutlich reduziert werden können: In der italienischen Provinz Treviso wurden bereits 2014 Werte von 53 kg Restmüll erzielt. Ljubljana will sein Restmüllaufkommen bis 2025 auf 60 kg pro Einwohner*in und Jahr reduzieren, bis 2035 auf 50 Kilogramm.
Der BUND hatte bereits im April 2019 zum damaligen Entwurf des AWK ausführlich Stellung bezogen:
BUND-Stellungnahme AWK-Entwurf 2019 unter: https://www.bund-berlin.de/service/publikationen/detail/publication/bund-stellungnahme-zum-abfallwirtschaftskonzept/
BUND-Abfallberatungskonzept unter: https://www.bund-berlin.de/service/publikationen/detail/publication/bund-abfallberatungskonzept/
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