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Nach Absacken der Salzbachtalbrücke bei Wiesbaden

Nach Recherchen des ARD-Politikmagazins "Report Mainz" überprüft die Autobahn GmbH derzeit bei tausenden Brücken bundesweit den Zustand der sogenannten Rollenlager. Das geht aus einem Wortprotokoll des Verkehrsausschusses des Hessischen Landtags vom 2. Juli hervor, das "Report Mainz" vorliegt. Auslöser für die Untersuchung ist der Bruch eines Rollenlagers an einem Pfeiler der Salzbachtalbrücke an der Autobahn 66 bei Wiesbaden. Der Bruch des Lagers, auf dem der Überbau der Brücke lag, führte dazu, dass sich die Brücke am 18. Juni um rund einen halben Meter absenkte und einen Brückenpfeiler stark beschädigte. Die Brücke gilt seitdem als extrem einsturzgefährdet und ist gesperrt, ebenso wie die Straßen und Schienen darunter. Mit den deutschlandweiten Untersuchungen wolle man ausschließen, dass der Lagertyp Teil des Problems sei, sagte Alexander Pilz von der Autobahn GmbH vor dem Verkehrsausschuss: "Klar ist nur, dass das Lager quasi versagt hat, aber ob das Versagen des Lagers di
e eigentliche Ursache ist, ist ja Bestandteil der Untersuchungen." Auf Nachfrage von "Report Mainz" bestätigt das hessische Verkehrsministerium die Überprüfungen. Die Autobahn GmbH habe eine "bundesweite Prüfung baugleicher Rollenlager begonnen." Diese soll bis Ende August abgeschlossen sein.

Brücken aus den 60er Jahren neigen zu "Spontanversagen"
Dass die Salzbachtalbrücke abgerissen und neu gebaut werden muss, ist seit vielen Jahren bekannt. Bereits in einer Sitzung des Verkehrsausschusses des Hessischen Landtags vom 16. Dezember 2020 hatte Verkehrsminister Tarek Al-Wazir (Bündnis 90/Die Grünen) laut Protokoll die Salzbachtalbrücke als eine von drei ganz besonderen "Problembrücken im Autobahnbereich" benannt. Weiter nannte er die Berghäuser Brücke an der A44 zwischen Kassel und Dortmund sowie die Thalaubachbrücke, die ein Teil der A7 bei Fulda ist. Man habe ihm erklärt, diese Brücke neige "zum Spontanversagen". Auf seine Nachfrage, was das bedeute, sei ihm "ganz anders" geworden, so Al-Wazir wörtlich: "Spontanversagen bedeutet, der Bruch tritt ein, und die Brücke fällt einfach zusammen."

Ministerialdirigent Martin Weber vom Landesverkehrsministerium Hessen sieht laut Protokoll ein generelles Problem bei älteren Spannbetonbrücken: "Es sind teilweise konstruktive Eigenarten der Brücken der Sechzigerjahre, dass die Konstruktionen der damaligen Zeit eben diese Problematik haben. […] Dass sie ohne Vorankündigung zu einem Spontanversagen neigen können, was Minister Al-Wazir eben schon angesprochen hat, liegt in der Konstruktion." Man müsse sich das vorstellen, als würde man aus einem Kartenhaus eine Karte herausziehen. Moderne Brücken verfügten dagegen über eine "hohe Zähigkeit." Sie würden nicht gleich zusammenbrechen, wenn eine Stütze wegknickt.

Augenzeuge beobachtete herabfallende Betonbrocken
Die Salzbachtalbrücke ist ein bedeutender Verkehrsknotenpunkt im Rhein-Main-Gebiet. Die Autobahnbrücke besteht aus einem Nord- und einem Südbauwerk. Der Südteil wurde bereits seit 2019 nicht mehr befahren. Unter der Brücke lief der Verkehr jedoch auf einer vielbefahrenen Bundesstraße sowie der Bahnlinie zum Wiesbadener Hauptbahnhof weiter. Am Nachmittag des 18. Juni 2021 bemerkten Passanten, dass Betonteile von der Brücke herabfielen. Einer der Augenzeugen ist der 28-jährige Wiesbadener Wulf Goretzky. "Report Mainz" war mit ihm an der abgesperrten Brücke. Vor Ort schildert er, was er gesehen hat. Er habe eine Staubwolke bemerkt und dann zum Brückenpfeiler hochgeschaut: "Nach drei, vier Sekunden kamen plötzlich Brocken runter. Von der Größe her würde ich mal sagen faustgroß. Viele landeten am Wegesrand und einer landete tatsächlich auf der Fahrbahn." Er informierte sofort die Polizei. Seither darf sich niemand mehr der Brücke nähern, es besteht Lebensgefahr.

Opposition spricht von Kontrollversagen
Die Salzbachtalbrücke war am 8. Juli auch Thema im Hessischen Landtag. Die Opposition wirft der schwarz-grünen Landesregierung Fehler bei der Überwachung der Brücke vor. 2019 seien 14-tägige Routinekontrollen an der Südbrücke eingestellt worden, nachdem sie für den Verkehr gesperrt worden war. "Das war fahrlässig", kritisiert der verkehrspolitische Sprecher der FDP im Landtag, Stefan Naas. Fehler sieht er auch beim hessischen Verkehrsminister Tarek Al-Wazir: "Er ist der Dienstherr von Hessen Mobil. Er hätte dafür Sorge tragen müssen, dass das hier viel besser überwacht wird und dass man genauer hinschaut, und dass man vielleicht auch einmal mehr überprüft als zu wenig", so Naas gegenüber "Report Mainz".

Janine Wissler (Die Linke), Vorsitzende des Verkehrsausschusses im Hessischen Landtag, erklärt im Interview mit "Report Mainz": "Es ist schon etwas anderes, wenn bei einer Überprüfung auffällt, dass Teile lose sind oder wenn Passanten die Polizei rufen müssen, weil Betonteile herabstürzen." Das Absacken der Salzbachtalbrücke ist für sie ein "absolutes Alarmsignal", denn die Brücke stehe für einen Autobahnbrückentyp, der in den 60er Jahren häufig so gebaut wurde. Deshalb sieht sie auch ein bundesweites Problem und fordert, die Konstruktion der Brücken auf Mängel und Schwachstellen zu überprüfen.

Auf die Frage, warum der Schaden an der Brücke nicht durch systematische Kontrollen aufgefallen sei, erklärt das hessische Verkehrsministerium, das plötzliche Absacken des Überbaus der Brücke sei sowohl von Mitarbeitern der Baufirma als auch von Passanten bemerkt worden. Daraufhin habe man die Straße und Bahnlinie sofort gesperrt. Die Südbrücke habe man nicht mehr regelmäßig geprüft, weil diese nicht mehr befahren worden sei. Dass der Überbau der Brücke absacken könnte, sei nicht zu erwarten gewesen.

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