Summer School „Design & Democracy“ startet
Unter entsprechenden Hygienevorkehrungen arbeiten renommierte Gasttutor*innen mit rund 60 Teilnehmer*innen aus Sachsen und allen Teilen der Welt sechs Wochen lang im Schloss und Park Pillnitz. Im Ostflügel des Wasserpalais wurde dafür eine spezielle Infrastruktur und Einrichtung als Ergänzung zum Museumsbetrieb geschaffen. Die Unterbringung in Pillnitz wird vom Wohnheim des Landesamts für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie ermöglicht – eine Win-Win-Situation für das „Grüne Forum“ als Kooperationsplattform der ansässigen Lehr- und Forschungseinrichtungen.
Unter dem Leitthema „Design & Democracy“ umfasst die diesjährige Summer School ein mehrwöchiges Programm von Workshops, Projektarbeiten, Vorträgen und Diskussionsrunden in englischer Sprache. Die thematisch breit gefächerten Veranstaltungen untersuchen die unterschiedlichsten Wechselwirkungen zwischen Gestaltung und Demokratie aus globaler Perspektive.
So befragt die mexikanische Urbanistin und Aktivistin Gabriella Gomez-Mont in ihrem Workshop „Realists Of A Larger Reality: Cities, Political Imagination and Social Creativity“ die Mechanismen des Engagements und der Partizipation. Der niederländische Architekt und Theoretiker David Mulder van der Vegt erforscht in seinem Workshop „Power Building“ die bauliche Manifestation von Parlamenten und Machtstrukturen. Die in Katar lehrende Designforscherin und Autorin Basma Hamdy erörtert in „Future Realities: Designing New Worlds“ Formen des Aktivismus und der Protestkultur. Und die Designerin Vivien Tauchmann aus Leipzig vermittelt in „Solidarity Is A Verb“ Strategien der Solidarität durch Performativität, während der aus Kanada stammende Jerszy Seymour, Designer und Mitbegründer des „Dirty Art Departments“ am Sandberg Institute in Amsterdam, in seinem Workshop „New World Propaganda“ nach einer neuen visuellen Sprache für Utopist*innen sucht.
Alle Workshops vermitteln kreative Handlungsspielräume und verweisen auf die politische Wirkkraft künstlerisch-gestalterischer Disziplinen wie Architektur, Design, Mode oder Mediengestaltung. Außerdem geben weitere Akteur*innen aus Wissenschaft und Forschung bis 28. August in sogenannten „Beacon Talks“ (Leuchtturm-Gespräche) weitere Einblicke in die Theorie und Praxis von Design und Demokratie. Die öffentlichen Talkrunden finden mittwochs von 18 bis 19 Uhr statt und werden über den Youtube-Kanal der SKD live übertragen. Die Wochenergebnisse der Workshops sind freitags ab 19 Uhr als „Open Studio“ mit anschließender DJ-Line im Schlosspark Pillnitz für das Publikum frei zugänglich.
Während der Laufzeit der Summer School blinkt an der Fassade des Wasserpalais die Leuchtschrift „NOT FOR YOU“. Eine Arbeit der Künstlerin Monica Bonvicini von 2006 aus der Schenkung Sammlung Hoffmann, die im Rahmen der Reihe „Blickwechsel“ (Kunstwerke des Schenkungsbestands im Dialog mit anderen Sammlungen der SKD) auf die problematische Geschichte des Bauwerks und seiner Erbauer vor dem Hintergrund eines heute gültigen Demokratieanspruchs hinweist.
Entwickelt wurde das Programm mit den international renommierten Kuratorinnen und Designkritikerinnen Amelie Klein aus Wien und Vera Sacchetti aus Basel. Sie wurden 2021 als „Heads of School“ eingeladen, gemeinsam mit dem Team des Design Campus diesen ersten Piloten einer „Schule der Utopien“ zu gestalten. Diese wird ab diesem Sommer mit wechselnden Themenschwerpunkten zum regelmäßigen Bestandteil des Programms im Kunstgewerbemuseum in Schloss Pillnitz. Gegen Ende dieser Saison werden Klein und Sacchetti in ihrem eigenen Workshop „Making A Deliberative Design Museum“ die demokratischen Prinzipien musealer und kuratorischer Praxis hinterfragen.
Amelie Klein und Vera Sacchetti, Heads of School: „Ohne Zweifel hat Design in vielfältiger Weise zum Vertrauensverlust beigetragen, dem sich die Demokratie heute gegenübersieht, angefangen bei schlecht gestalteten, unübersichtlichen Stimmzetteln bis hin zu den Echokammern, die in den sozialen Medien den Fluss von Information und damit auch die Überzeugungen von Menschen steuern. In der diesjährigen Summer School wollen wir hinterfragen und analysieren, was ist, und darüber hinaus Vorschläge erarbeiten und testen, was sein könnte. Es ist an der Zeit und auch unsere Pflicht, die Rolle von Design in der Demokratie und Gesellschaft neu zu denken und Alternativen zum Status quo zu entwickeln.”
Thomas A. Geisler, Direktor des Kunstgewerbemuseums: „Das Kunstgewerbemuseum kehrt mit dem Design Campus fast 150 Jahre nach seiner Gründung zu seinen Wurzeln als Lehr- und Bildungssammlung zurück. Damals eine Reaktion auf die Umwälzungen der Industrialisierung wird das Gründungskonzept vor dem Hintergrund der gesellschaftlichen Transformation durch Digitalisierung und Klimawandel für das 21. Jahrhundert neu kalibriert und in die Zukunft gedacht – als ein Ort und eine Schule für Utopien.“
Der Design Campus versteht sich als Forschungs- und Entwicklungsplattform für eine zeitgemäße Weiterentwicklung der Kunstgewerbemuseen hinsichtlich einem erweiterten transkulturellen Austausch und einer kritischen Reflexion auf bisherige eurozentristische und koloniale Perspektiven. Neben der Schule dienen angewandte Forschungsresidenzen, sogenannte „Labs“, der Anbahnung interdisziplinärer Projekte und dem Aufbau eines internationalen Netzwerks für Kooperationen. Als Think Tank ist der Design Campus Teil der SKD. Thomas A. Geisler wurde 2019 mit diesem Konzept – das er zusammen mit der aus Brasilien stammenden Designkuratorin und Journalistin Aline Lara Rezende, jetzt „Chief Knowledge & Impact Officer“ des Design Campus, weiter verfeinerte – als Direktor für das Kunstgewerbemuseum berufen.
Teilnahme last minute möglich
Die Summer School, die pandemiebedingt ein Jahr später startet und auch 2021 noch von Covid-19 betroffen ist, versteht sich als Zusatzangebot zur fachlichen Vertiefung und Vernetzung für Studierende und Professionelle. Auf Kreativität und Diversität wird bei der Auswahl der Teilnehmer*innen besonderen Wert gelegt. So gibt es neben Teilnahmevergünstigungen für Studierende und finanziell durch die Pandemie Benachteiligte ein „Diverse Vision Scholarship“. Die reguläre Teilnahmegebühr beträgt 780,- Euro pro Woche inklusive Unterkunft und Verpflegung. Im Rahmen von Kooperationen mit Hochschulen und anderen Partnern sind ebenfalls Stipendien ermöglicht worden. So konnten fünf Workshop-Stipendien gemeinsam mit der Initiative German Design Graduates – eine Absolvent*innenplattform von über 16 Designhochschulen in Deutschland – vergeben werden. Eine weitere Kooperation besteht mit der Vienna Design Week, durch die drei weitere Stipendiat*innen teilnehmen können. Mit dem Netzwerk des Design Campus wachsen die Möglichkeiten für weitere Stipendien und Kooperationen. Pandemiebedingt sind dieses Jahr Anmeldungen bis eine Woche vor Kursbeginn möglich. Die Workshops sind auf max. zehn Teilnehmer*innen begrenzt – es gibt noch Restplätze!
Die Summer School läuft vom 18. Juli bis zum 28. August 2021.
Weitere Informationen zum Projekt, zum Programm und zur Anmeldung finden Sie unter www.designcampus.org.
Staatliche Kunstsammlungen Dresden
Taschenberg 2
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Telefon: +49 (351) 4914-2000
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