„Der Tourismus wird sich maßgeblich verändern“
Die Krise werde den Tourismus nicht stoppen
„Die Branche hat schon einige Krisen mitgemacht und sich immer wieder – und immer wieder schnell – erholt“, erklärt Prof. Rundshagen. Der 11. September 2001 sei beispielsweise ein großer Einschnitt gewesen, aber mit ein bis zwei Jahren dann doch ein verhältnismäßig kurzer. Damals hätten vor allem Langstreckenflüge und Fernreisen Einbußen verbucht, „wohingegen Billigflüge innerhalb Europas geboomt haben“. Die Pandemie sei nun etwas neues, eine neue Art von Krise, aber: „Insgesamt würde ich zu der Annahme tendieren, dass sich das schnell erholt, denn das Bedürfnis der Menschen, zu reisen, zu arbeiten, die Welt zu entdecken, Verwandte zu besuchen – das ist ja da“, so Prof. Rundshagen. Diese Krise werde den Tourismus nicht stoppen.
Lockdown gab Raum für strategische Erwägungen
Und die Branche habe die Zeit des Lockdowns sogar genutzt. Wo sonst der Zeitdruck zu groß war, blieb nun, wenn auch ungewollt, Raum für strategische Erwägungen, erklärt Steffi Schnierer, wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Fakultät für Wirtschaft der HOST. „Viele haben die Zeit genutzt, um zu prüfen, wie sie sich stärker aufstellen und Digitalisierung einbinden können, welche neuen Geschäftsmodelle denkbar wären.“ Aber auch zwischen den Touristikern gebe es mehr Abstimmungen, schließlich ginge es um das Gesamterlebnis der Reise für den Touristen/die Touristin. „Und das hat die Pandemie auch gebracht, dass wieder mehr Netzwerke und Kommunikation stattfinden“, erklärt Steffi Schnierer. Das sei ganz wesentlich im und für den Tourismus, dass verschiedene Akteur*innen an einen Tisch kommen, Interessen abwägen, aber vor allem auch strategische Zukunftsüberlegungen angehen. Ein großes Thema der Zeit vor dem Lockdown: Overtourism. „Dass Tausende von Menschen zeitgleich in eine Region strömen“, sagt Steffi Schnierer, „das hat auch zu einer Gegenwehr geführt“ – und zwar bei den Einheimischen. Aber Palma, Dubrovnik, Kopenhagen zum Beispiel hätten ein umfangreiches Datenmanagement aufgebaut und Apps entworfen, so dass mittels künstlicher Intelligenz der einzelne Tourist das Besucheraufkommen an Sehenswürdigkeiten selbst absehen kann. Die „Lenkung der Besucherströme“ sei ein wesentliches Thema, sagt Steffi Schnierer. Die Krise hat aber auch gezeigt, dass Nachhaltigkeit im Tourismus noch bedeutender werden wird. Umweltschonendes Reisen, soziale Verträglichkeit des Tourismus und die Stärkung der regionalen Wirtschaft sind Anforderungen, denen touristische Unternehmen und Institutionen gemeinsam besser gerecht werden müssen.
Tourismusstudium trotz und wegen der Krise
„Krise heißt immer große Unsicherheit“, sagt Prof. Dr. Volker Rundshagen, „aber es gehen auch Türen auf für neue Ansätze“. Der Tourismus geht neue Wege. Darauf reagiert die Hochschule auch in der Ausbildung. „Wir haben den Anspruch, dass unsere Studierenden das richtige Handwerkszeug bekommen und zukunftsweisendes Denken erlernen“, erklärt Steffi Schnierer. Change-Management sei den Vertretern der Tourismus-Studiengänge sehr wichtig: „Wie gehen wir mit Wandel um, was ist wichtig, wenn man Innovationen voranbringen will? – Dafür wollen wir die Studierenden gerade im Master TDS fit machen.“ 2020 lag der Tourismus auf der Welt fast brach, als der heute 25-jährige Maximilian Schmitt sich für den Master Tourism Development Strategies (TDS) beworben hat, er hat es trotzdem getan. Hatte er Sorge, sich zu bewerben in den unsicheren Zeiten für den Tourismus? – „Absolut nicht!“, sagt er, „es ist meine Leidenschaft, zu reisen. Es war mir wichtig, das zu studieren, wo meine Interessen sind und mit einem Master im Tourismus kann man sich gut von anderen Mitbewerbern in der Branche abheben. Außerdem war für mich klar, gerade nach den ersten Wochen der Pandemie: Tourismus wird nicht verschwinden, sondern wird anders sein.“ In dieser Haltung habe ihn sein Masterstudium bestärkt. „Daher habe ich Kenntnisse, dass und wie Geschäftsmodelle flexibel gestaltet werden müssen“, erklärt er – gerade in Krisenzeiten. Gelungene Beispiele in der Praxis seien Airlines und Reiseveranstalter, die fast alle die Umbuchungskosten gekippt hätten und sehr flexible Umbuchungen ermöglichen würden.
Virtuelles Reisen als Zukunftsperspektive
Digitalisierung ist aus dem Curriculum des Studiengangs nicht mehr wegzudenken.
Auch den Tourism Development Strategies -Studierenden hat sie so ein wenig die diesjährige Exkursion gerettet. „Wir konnten mit unseren Studierenden erstmals nirgendwo hin verreisen und vor Ort Termine mit Unternehmen durchführen“, erklärt Steffi Schnierer, die Auflagen ließen die für den Praxisbezug geschätzte Exkursion nicht zu, „also haben wir uns mittels virtueller Technologie live in den Oman geschaltet“. Ausgerüstet mit VR-Brillen und Datteln ging es mit einem Omani durch seine Heimat – es ist beeindruckend, was moderne Technologie heute ermöglicht. Wir konnten den Oman wirklich erleben. Das macht Lust auf mehr, sind sich die Tourismus-Studierenden einig. Exkursionen sind für die Touristiker*innen der Hochschule Stralsund ebenso ein essentielles praktisches Angebot wie Simulationsbeispiele für Destinationen, in denen die Studierenden verschiedene Fallbeispiele durchspielen können. Und in virtuellen Reisen sehen alle drei eine mögliche Zukunftsperspektive für die Branche. „Man wird die Gäste triggern, indem man virtuelles Reisen als Marketing nutzt“, prognostiziert Maximilian Schmitt. Aber die Grenzen werden verschwinden, was Marketing ist und was das touristische Produkt, ergänzt sein Professor.
Die neue Unbekannte im Tourismus: Der Kunde
Für den Sommer und Herbst gebe es neben den politischen Rahmenbedingungen, die eine große Unbekannte darstellen, eine weitere Unsicherheit. „Das Kundenverhalten ist aktuell sehr schwer abzuschätzen“, erklärt der Professor. Die Branche werde sich darauf einstellen müssen, dem Kunden/der Kundin erstmal wieder viel zu erklären, um sein/ihr Sicherheitsbedürfnis zu bedienen. Zertifikate für Hotels für sicheres Reisen – und Hygiene ist seit der Pandemie eben ein wichtiger Aspekt von Sicherheit – sind längst normal. Aber wollen die Leute das noch? Aktuell im Sommer scheint das große Sicherheitsbedürfnis weg zu sein. „Die Gäste wollen weiterhin reisen und was möglich wird, wird auch gemacht.“ Das sei eigentlich bemerkenswert, erklärt Prof. Dr. Volker Rundshagen, bedenke man, dass die Erfahrung wie schnell nach dem Sommer die Inzidenz wieder hochgehen kann, noch frisch ist. Daraus gilt es Handlungsoptionen abzuleiten. Der Touristiker/die Touristikerin müsse immer weiter zum Strategen/zur Strategin werden, erklärt Prof. Dr. Rundshagen und dafür braucht es Fachleute, die der Studiengang Tourism Development Strategies hervorbringen kann. „Der Zeitpunkt, ein Studium im Tourismus aufzunehmen, sei eigentlich nicht schlecht, sondern günstig. „Es ist eine sehr spannende Zeit für junge Menschen die offen sind, auch um die Branche mit zu beeinflussen und Kreativlösungen zu finden“, erklärt Prof. Dr. Volker Rundshagen. Für Maximilian ist der Plan aufgegangen. „Dort wo Tourismus stattfindet, kann man Tourismus eben auch am besten studieren“, sagt er. Er habe im Studium die praktische Orientierung erfahren, die ihm im BWL-Bachelor noch fehlte und hat Netzwerke aufzubauen gelernt, mittels derer er beruflich in Nordamerika oder Australien Fuß fassen will – in der Luftfahrt- beziehungsweise Hotelbranche.
Der Master-Studiengang Tourism Development Strategies kann an der Hochschule Stralsund zum Wintersemester aufgenommen werden. Für das Wintersemester 2021/22 sind noch Bewerbungen möglich. Die Studiendauer variiert je nach Erst-Studium zwischen 2 und 4 Semestern. Der Studiengang ist zulassungsfrei. Bewerbungsfrist ist der 31.08.2021. Alle Informationen unter: https://www.hochschule-stralsund.de/tds/
Die Bewerbungsfrist für den zulassungsbeschränkten Bachelor-Studiengang Leisure and Tourism Management für das Wintersemester 2021/22 läuft noch bis zum 31.07.2021. Die Studiendauer umfasst 8 Semester. Alle Informationen unter: https://www.hochschule-stralsund.de/ltm/
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