Energie- / Umwelttechnik

Deutschland bei Schiene auf Rekordkurs – international aber nicht einmal Mittelmaß

Deutschland hat seine Investitionen in die Schieneninfrastruktur im vergangenen Jahr um fast 16 Prozent auf 88 Euro pro Einwohner erhöht und damit so viel in den klimafreundlichen Verkehrsträger investiert wie nie zuvor. Dennoch fällt die Bundesrepublik mit ihren Schieneninvestitionen beim europäischen Pro-Kopf-Vergleich von Allianz pro Schiene und SCI Verkehr gegenüber den führenden Eisenbahnländern Luxemburg, der Schweiz und Österreich weiterhin deutlich ab.

Bilanz der Bundesregierung fällt gemischt aus

„Die Bilanz der scheidenden Bundesregierung fällt gemischt aus“, sagte Dirk Flege, Geschäftsführer der Allianz pro Schiene, bei der Pressekonferenz in Berlin zur Vorstellung der aktuellen Pro-Kopf-Daten. „Sie hat mit einer deutlichen Aufstockung der Etats für einen deutschen Höchststand gesorgt. International stellt Deutschland aber nicht einmal Mittelmaß dar. Die aktuelle Bundesregierung hinterlässt ihren Nachfolgern in der Verkehrspolitik riesige, unbewältigte Aufgaben. Wer immer die Wahl im September gewinnt, muss vor allem den Neu- und Ausbau der Schieneninfrastruktur beschleunigen. Ausgerechnet dort hat die Bundesregierung für 2020 die Mittel sogar gekürzt. Ohne zusätzliche Gleise aber wird Deutschland weder den Deutschlandtakt bekommen noch die Fahrgastzahlen auf der Schiene verdoppeln noch mehr Transporte auf die Schiene verlagern können“, meinte Flege.

Steigerungen im Vierjahreszeitraum stellen Bundesregierung nur teilweise gutes Zeugnis aus

Zwar stiegen die jährlichen Investitionen in die Schiene im Zeitraum 2016 bis 2020 von 64 Euro auf 88 Euro und damit um knapp 38 Prozent. Doch drei Einschränkungen relativieren diese Zunahme. Erstens bleibt der Abstand zur europäischen Spitze gewaltig. Die führenden Länder wie Luxemburg, die Schweiz oder Österreich investieren pro Einwohner ein Vielfaches in die Schiene. Und selbst Italien investiert mit 120 Euro deutlich mehr als Deutschland. Zweitens fehlte der amtierenden Bundesregierung der Mut, der Schiene Vorrang in der Verkehrspolitik einzuräumen. „Nach wie vor gehört die Bundesrepublik zu den Ländern, die mehr Geld für Fernstraßen ausgeben als für Gleise und damit die völlig falschen Prioritäten setzen“, betonte Flege. Schließlich gleichen die Erhöhungen der Etats zum großen Teil nur die massiven Steigerungen der Baukosten aus und bedeuten nicht eins zu eins mehr Schiene.  

Standort Deutschland braucht leistungsfähige Schieneninfrastruktur

Auf die Bedeutung einer leistungsfähigen Verkehrsinfrastruktur für die Wirtschaft wies Maria Leenen, Geschäftsführerin von SCI Verkehr, hin. „Mit seinen heutigen Investitionen in die Schiene bleibt Deutschland als Standort hinter wichtigen Wettbewerbern zurück. Die Nachfrage nach Verkehr auf der Schiene wird weiterwachsen – die Corona-Pandemie hat den Anstieg unterbrochen, aber wird ihn nicht dauerhaft stoppen. Darauf muss sich die Bundesrepublik vorbereiten.“ Geld allein reiche aber nicht, betonte Leenen. „Um den klimatisch notwendigen und verkehrspolitisch geplanten Umstieg von Menschen und Gütern von der Straße auf die Schiene zu schaffen, brauchen wir ausreichende finanzielle Mittel, aber auch eine veränderte Planung und eine zügigere Umsetzung. Bypässe in Form von Überholgleisen oder Abstell- und Ladeflächen entlang bestehender Strecken müssen vereinfacht und schnell umsetzbar sein. Nur dann ist das gewünschte Wachstum auf der Schiene machbar.“

Diese diene auch dazu, Beschäftigung in Deutschland dauerhaft zu sichern. „Alle Studien zu dem Thema zeigen: Die Schiene ist ein Jobmotor, der sichere und zukunftsfähige Arbeitsplätze schafft. Höhere Investitionen in die Schieneninfrastruktur bringen Deutschland nicht nur beim Klimaschutz voran. Sie wirken sich auch am Arbeitsmarkt positiv aus.“

Reparatur für Flutschäden muss zusätzlich finanziert werden

Wichtig ist laut Leenen zudem in der aktuellen Situation, dass die Finanzmittel für die Reparatur der Bahninfrastruktur in den Flutgebieten zusätzlich bereitgestellt werden. „Die Hochwasserkatastrophe stellt eine zusätzliche Herausforderung dar, die nicht zu Kürzungen bei den Infrastrukturinvestitionen an anderer Stelle führen darf.“

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