Austausch mit Shanghai
Die „vierte Säule“ der deutschen Gesundheitsversorgung, die Rehabilitation, ist weltweit in ihrer Qualität und ihrem Umfang einzigartig. Wie wichtig sie ist, zeigt sich zum Beispiel in der neurologischen Frührehabilitation: Nur ein relativ kleines Zeitfenster steht nach einer Hirnverletzung – ausgelöst durch z. B. Schlaganfall oder Unfall – zur Verfügung, um das verletzte Gehirn zu rehabilitieren und seine Funktionen zu erhalten. Eine intensive, ganzheitliche Therapie ist dafür erforderlich. In China arbeiten Ärztinnen und Ärzte schon seit Jahren daran, ein solches Rehabilitationswesen für die Bevölkerung auf- und auszubauen. Der internationale Austausch spielt dabei eine wesentliche Rolle.
Mehr als 60.200 Teilnehmende
Die Dr. Becker Klinikgruppe ist seit sechs Jahren Mitveranstalter des „Sino-German Neuro Rehabilitation Symposium“. Jedes Jahr referieren andere Ärzte und Ärztinnen der Gruppe über ein bestimmtes Thema und stehen für den internationalen Austausch zur Verfügung. In diesem Jahr hielt der neurologische Chefarzt der Dr. Becker Kiliani-Klinik in Bad Windsheim, Dr. Cay Cordes, einen Vortrag über Frührehabilitation, Schluckstörungen und deren Behandlung; Corona-bedingt online. Mit mehr als 60.200 Teilnehmenden war die Veranstaltung am 28.08.2021 virtuell sehr gut besucht.
Schluckstörungen bei 60 % der schwerbetroffenen Patienten/innen
„In der neurologischen Frührehabilitation versorgen wir schwerstkranke Patienten, es handelt sich um eine intensivmedizinische Rehabilitationsmaßnahme“, erklärt Dr. Cordes. Eine der häufigsten Beeinträchtigungen bei den Betroffenen sind Schluckstörungen, die sogenannte Dysphagie. „60 Prozent unserer Patienten in der Frührehabilitation können nach einer neurologischen Erkrankung oder nach einer wochenlangen intensivmedizinischen Akutbehandlung nicht mehr selbstständig schlucken. Dabei sind auch viele Patienten nach Langzeitbeatmung, wie zurzeit oft nach COVID-19. Das bedeutet, dass sie nicht normal essen können; die Nahrung gelangt schlecht oder nicht zum Magen.“ Zudem bestehe eine Erstickungsgefahr, wenn die Speisen in die Lunge geraten. Bei noch gut ausgeprägten Reflexen hustet der Patient dann stark. Der Hustenreiz und das Gefühl der Luftnot seien psychisch sehr belastend für die Betroffenen.
„Essen ist Lebensqualität“
Für den Chefarzt und sein Team ist das Thema deshalb eine Herzensangelegenheit. „Noch vor wenigen Jahren wurden Schluckstörungen von der Fachwelt wenig beachtet, heute gibt es eine andere Sichtweise und viele Erkenntnisse,“ so Cordes. So habe er in seinem Vortrag betont, wie wichtig neben der richtigen Diagnostik und Therapie die Art der Speisen ist. „Die Patienten bekommen je nach Ausprägung der Schluckstörung angedickte Flüssignahrung oder pürierte Gerichte. Uns ist wichtig, dass diese trotzdem ansprechend aussehen und riechen,“ so Dr. Cordes. Heute wisse man, dass es für die Betroffenen eine Unterstützung ist, wenn positive Reize über andere Sinnesorgane geschaffen würden. Das entspreche einer ganzheitlichen Behandlung. Dr. Cordes: „Wenn das Essen zum Beispiel durch eine Färbung mit Lebensmittelfarbstoffen, eine Garnitur oder in hübschem Geschirr nett anzusehen ist, steigert das die Motivation des Patienten. Essen ist nun einmal ein Stück Lebensqualität.“
Eine gemeinsame Sprache sprechen
In der Dr. Becker Kiliani-Klinik wird derzeit daran gearbeitet, die sogenannten IDDSI-Diätstufen für Patienten/innen mit Schluckstörungen zu etablieren. Die „International Dysphagia Diet Standardisation Initiative (IDDSI)“ hat das Ziel, die Schluckstörungskost zu standardisieren. „Wir brauchen für diesen Bereich eine gemeinsame Sprache – klinikintern, klinikübergreifend und am besten auch international. Nur so können wir gewährleisten, dass die Patienten überall, auch nach Verlegungen, passend ernährt werden,“ so Dr. Cay Cordes. Ein Austausch unter den Behandlern/innen sei ihm deshalb sehr wichtig.
Die Dr. Becker Kiliani-Klinik in Bad Windsheim führt qualitätsgeprüfte Rehabilitationsmaßnahmen für Patienten/innen mit neurologischen, orthopädisch-/traumatologischen sowie neuro-onkologischen Erkrankungen durch. Jährlich werden in der Klinik rund 3.400 Patienten/innen auf höchstem medizinischem Niveau therapiert. Ein Behandlungsschwerpunkt ist die neurologische Frührehabilitation für neurologisch schwerstbetroffene Patienten/innen. Seit 2006 ist die Klinik außerdem anerkanntes Multiple-Sklerose-Zentrum. www.dbkg.de/kiliani-klinik
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