Herztöne: Dresdner Philharmonie erstmals zu Saisonbeginn mit Festival
Die Uraufführung dieses Orchesterwerks wirft ihre Schatten voraus: in zwei Kammerkonzerten stellen wir Sciarrino als Komponist in Kontexte.
Für Beethoven war es noch ganz selbstverständlich, dass die Zeit in der Musik linear und zielgerichtet abläuft. Das ändert sich bereits bei Schubert. In seinen Werken gibt es bereits Momente, in denen die Zeit scheinbar aufgehoben ist. Diese Entwicklung setzt sich im 19. und vor allem im 20. Jahrhundert fort. Wir zeigen das in einem Kammerkonzert am 13. September mit Werken von Sciarrino, Skrjabin, Feldman und Bernd Alois Zimmermann. Am darauffolgenden Tag stellt das Klavierduo GrauSchumacher Werke von Schubert und Debussy nebeneinander und zeigt „à quatre mains“, wie ähnlich sich beide Komponisten im Hinblick auf die Aufhebung von linearen Zeitabläufen zuweilen sind.
Höhepunkt des Festivals schließlich ist die Uraufführung von „Piogge diverse“ – Regen verschiedener Art, der Jubiläumskomposition 150 Jahre Dresdner Philharmonie. Der neu komponierte Liederzyklus und „Vanitas“, im Untertitel „natura morte in un atto“ benannt, sind musikalische Betrachtungen von Natur und Vergänglichkeit. In ihrer Entstehung trennen beide Werke fast vier Jahrzehnte, aber in ihrer geistigen und ästhetischen Haltung berühren sie einander und reflektieren Grundfragen menschlicher Existenz. Dabei treten zeitgenössische Kunst und teils jahrhundertealte kulturelle Überlieferungen miteinander in Dialog.
„Vanitas“ für Mezzosopran, Violoncello und Klavier im ersten Konzertteil erinnert an einen Liederzyklus, verwandelt aber seine Formen gleichsam zu einem tönenden Stillleben. Die Musik scheint zu kreisen, Akkorde werden aus ihren Zusammenhängen gelöst, der musikalische Fluss zergeht zu Stille.
In „Piogge diverse“ – Regen verschiedener Art, der Uraufführung im zweiten Konzertteil, nutzt Sciarrino wieder die menschliche Stimme, um mit großem Orchester überlieferte Texte mit seinem Klanguniversum in neue Kontexte zu bringen. Die Texte der Gesänge greifen – typisch für Sciarrino – teilweise weit zurück, u. a. auf ein Haiku des japanischen Poeten Matsuo Bashō, auf vom Komponisten bearbeitete Texte von Aischylos und auf eine in Apulien gefundene Inschrift.
Salvatore Sciarrino wurde 1947 in Palermo auf Sizilien geboren und wuchs in dieser mediterranen Landschaft und Jahrtausende alten Kultur auf, die in seiner Musik tiefe Spuren hinterlassen hat. Oft dialogisiert er in seiner Musik mit der Vergangenheit, aber nie im nostalgischen Sinne. Seine Musiksprache ist immer eine heutige, aber man kann den Eindruck gewinnen, dass es ihm nicht um etwas Neues geht, sondern eher um die Freilegung des Urältesten, Vergessenen, Verdrängten. So wundert es nicht, dass Sciarrinos Musik sich oft auf Elemente der Mythologie und auf Motive aus der Kulturgeschichte bezieht, die archetypische menschliche Erfahrungen umkreisen. All diese Aspekte werden in jenen Werken nachzuvollziehen sein, die in den Konzerten der Dresdner Philharmonie vorgestellt werden.
Tickets ab 18 Euro (Orchesterkonzert) bzw. für 15 Euro (Kammerkonzerte) sind über den Ticketservice der Dresdner Philharmonie erhältlich. Junge Leute (bis 29 Jahre) erhalten Tickets zum Preis von 9 Euro für alle Konzerte.
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