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Mit 13 zum Kieler Woche-Gold

Anton und Johann Sach, 13 und 16 Jahre jung, aus dem ostholsteinischen Dorf Zarnekau haben den Euro Cup der 29er bei der Kieler Woche 2021 gewonnen. In der neuen olympischen Windsurf-Klasse iQ-Foil ging „Gold“ an die Topfavoriten Lena Erdil aus Kiel und Sebastian Kördel, der im spanischen Tarifa lebt – bei den Frauen nach hartem Kampf, bei den Männern haushoch überlegen. Agata Barwinska aus Polen gewann die olympische ILCA-6-Klasse der Frauen vorzeitig. Auch ihr Pendant bei den Männern (internationale Klasse) war einsame Spitze: Ole Schweckendieck aus Kiel. Platz eins der J/70 und J/24 holten Hamburger Teams. Die Bilanz des Organisationsleiters Dirk Ramhorst vom Kieler Yacht-Club fiel durchweg positiv aus.

Fast 3.000 Seglerinnen und Segler aus 23 Nationen kamen mit mehr als 900 Jollen und Kielbooten, seegehenden Yachten und „fliegenden“ Windsurfbrettern zu 21 Wettbewerben der neuntägigen Kieler Woche 2021. „Die Beteiligung war angesichts des in den September verschobenen Termins gut“, so Ramhorst, der 2022 neben den internationalen Bootsklassen wieder alle olympischen Disziplinen ausschreiben will. Im Blickpunkt standen dieses Jahr schon die iQ-Foiler, die das Windsurfen nach neun Jahren Abstinenz zur Kieler Woche zurückbrachten und 2024 in Paris das erste Mal dabei sein werden.

Sebastian Kördel eine Klasse für sich
Er kam, flog und siegte: Sebastian Kördel hätte sich bei der Premiere der iQ-Foiler wohl nur selbst schlagen können. Elf gewertete Tagessiege von 16 Starts, die bei teils frischen Winden packende Bilder boten, war nicht die ganze Wahrheit. Ein paar Standardstrafen für vergessenes Auschecken zum Beispiel verhinderten jedoch nicht, dass der WM-Fünfte 15 Punkte Abstand zum Kieler Nico Prien und 23 auf Fabian Wolf (alle NRV Hamburg) aufbaute.

„Das Wochenende war ideal, bei südwestlichen Winden fast ohne Seegras auf Bahn Juliett“, so Sebastian Kördel, „eine Werbung für die Kieler Woche und unsere Klasse.“ Nach neun Jahren ohne Surfen hatte der Spitzenfahrer dafür plädiert, unbedingt in Kiel zu starten und als Meilenstein auf dem Weg zu den nächsten olympischen Segelwettbewerben in Marseille/Frankreich 2024 zu setzen. Kördel: „Eigentlich war ich nach der WM in Silvaplana im August ziemlich k. o., aber mir war es wichtig, hier Flagge zu zeigen für die iQ-Foiler.“

Nach Corona- auch noch ein Doping-Test
„Ich habe gewonnen“, jubelte Lena Erdil ihrem Freund zu, als sie nach dem letzten Rennen in den Hafen zurückkehrte. Das Segel noch über Kopf aus dem Wasser tragend, wurde die Kieler Woche-Siegerin in der Klasse iQ-Foil direkt von der Nada (Nationale Anti-Doping Agentur Deutschland) zur Dopingkontrolle abgefangen. Auch das gehört zum Siegen dazu. Nach einigen Startschwierigkeiten rollte die Topfavoritin vom Perspektivkader des German Sailing Teams das Feld von hinten auf und gewann neun von 16 Wettfahrten.

Lena Erdil, die in Kiel wohnt, zog klar an Theresa Steinlein, Wahlheimat Gardasee, vorbei. Sie hatte ursprünglich mit einem gewissen Augenzwinkern vorgeschlagen, „die Kieler Woche im iQ-Foil doch auf den Wittensee zu verlegen“, war dann aber „sehr zufrieden, mit den Bedingungen vor ihrer Haustür. „Und am angestammten Termin Ende Juni ist das Seegras auch noch längst nicht so lang gewachsen“, so Erdil. Dritte wurde die Finnin Aleksandra Blinnikka.

„Kiel hat uns wundervoll empfangen“
Großes Lob für die Regatta auf dem Wasser gab es von der ILCA-6-Siegerin Agata Barwinska: „Es war eine tolle Woche, aber sehr herausfordernd. Wir haben in vier Tagen elf Wettfahrten bei sehr anspruchsvollen Bedingungen gesegelt. Aber Kiel hat uns mit wundervollen Bedingungen empfangen: wunderschön auf dem Wasser, aber auch an Land sonnig und abwechslungsreich.“ Die Polin konnte es ein bisschen länger als die Konkurrenz genießen, denn sie musste zum letzten Rennen gar nicht mehr antreten. Dahinter holte die Britin Hannah Snellgrove „Silber“ vor Maxime Jonker aus den Niederlanden, der Tagesbesten am Schlusstag. Julia Büsselberg (Berlin) musste sich als beste Deutsche mit dem zehnten Platz zufriedengeben.

 

Sie kennen sich seit 13 Jahren, segeln aber noch nicht mal ein Jahr zusammen. Bei ihrer fünften Regatta überhaupt gewannen Anton und Johann Sach die Kieler Woche und traten das erste Mal in die Fußstapfen der mehrfachen Gesamtsieger, Vater Christian und Onkel Helge Sach, deren Katamaran-Klasse F-18 dieses Mal nicht ausgeschrieben war. Schon vor der Ziellinie des letzten Rennens nahm der 16-jährige Vorschoter seinen drei Jahre jüngeren Bruder in den Arm – bei Vollspeed unter Gennaker auf dem Skiff, für das die beiden wie gemacht scheint. Mit einer Souveränität und Kaltschnäuzigkeit, die ihresgleichen sucht, bauten die jungen „Säcke“, wie sie liebevoll in ihrer Kieler Trainingsgruppe genannt werden, den knappen Vorsprung von drei Punkten vom Vortag auf elf Zähler vor der schwedischen Mixed-Crew Hedvig und Hugo Liljegren aus.

Anton wollte lieber aufs BMX-Fahrrad
„Wir haben dann keine Angriffe mehr gefahren, als wir uns ziemlich sicher waren, dass es reichen wird“, so das Duo, dass ähnlich gut Eishockey spielt und lange nicht sicher war, ob es dem Vater nacheifern soll. Anton wollte lieber BMX-Fahrrad fahren, aber inzwischen schrieb Helge Sach seinem Bruder: „Schau gut zu, vielleicht können wir von denen noch was lernen.“ Nun ist er einer der jüngsten Kieler Woche-Sieger aller Zeiten und freut sich schon auf die Deutsche Meisterschaft in Berlin. Was Christian Sach ihnen vor dem Finale mit auf den Weg gegeben hat? „Nur kein Druck!“ Und tatsächlich waren sie ein wenig nervös in den Tag gegangen. „Anfangs war es zu verkrampft“, so Johann, der Vorsprung durch die Schweden egalisiert, die dritte Geschwistercrew Jens-Christof und Jens-Philip Dehn-Toftehøj aus Dänemark (3.) im Nacken. Ein Tagessieg und Rang waren eine selbstsichere Antwort.

Zurück an Land gab es Schulterklopfen von vielen Seiten und stolze Unterstützer, allen voran Schleswig-Holsteins Landestrainer Thomas Rein, der viel zum Erfolg beigetragen habe. Auf dem Hafenvorfeld genossen alles Sachs die Segel-Kieler Woche nahe an der Normalität. „Die Atmosphäre auf der Meile an Land und die Organisation rund herum waren für uns genauso einzigartig“, sagte Johann Sach begeistert. Als sie den Sensationssieg einfuhren, saß Mutter Kirsa mit der jüngeren Tochter Frieda zwischen den Gastro-Ständen in Schilksee vor dem Monitor des Kieler Woche TV und konnte ein paar Freudentränen nicht verbergen. „Ich habe doch gar nicht gemacht“, wehrte sie Glückwünsche ab – dabei hätte es ohne sie die besten 29er-Youngster der Kieler Woche 2021 nicht gegeben. 

An Ole Schweckendiek kam niemand vorbei
Eine ungewöhnlich klare Überlegenheit demonstrierte der Kieler Ole Schweckendieck von Beginn an in der internationalen ILCA-6-Klasse der Männer. Er führte das Feld von der ersten bis zum elften Rennen an und ließ zu keiner Zeit etwas anbrennen. „Am Sonntag hat es trotz nicht so konstantem Wind wieder gut geklappt. Insgesamt nicht einfach, weil auch viele andere gute Segler dabei waren, im Vergleich zu einer WM aber wiederum nicht so schwierig. Auf jeden Fall freue ich mich sehr, die Kieler Woche wieder gewonnen zu haben", so Schweckendiek.

 

Als die weiteren J/70-Positionen auf der Bahn noch ausgefochten wurden, marschierte der Hamburger Gewinner Claas Lehmann schon „unter die Dusche“. Lukas Feuerherdt vom Team Hamburg West konnte ihn rechnerisch schon nicht mehr einholen. Und Carsten Kemmling (ebenfalls Hamburg) litt unter schwankenden Leistungen. Zwei, 17, zwei war nach den Tagessiegen zu Beginn durch weitere Ausrutscher nur für „Bronze“ genug. „Genugtuung schon, nachdem wir so knapp gescheitert waren“, erinnert sich Lehmann an den verpassten Sieg im Vorjahr.

Sonderpreise für inklusive Teams
In der Klasse gab eigens eine inklusive Wertung mit Sonderpreisen. Den ersten erhielt Klaus Rocholl vom Yachtclub Möhnesee mit seiner Crew, zu der zwei Aktive mit körperlichen Einschränkungen zählten. Platz zwei ging an das Bat Sailing Team mit zwei Sehbehinderten von der Segelabteilung des FC St. Pauli. Über Bronze freute sich das Deaf Team mit Markus Halle am Steuer, in dem Gehörlose und Hörbehinderte antraten. Das Pilotprojekt „Gelebte Inklusion auf der Regattabahn“, initiiert vom Norddeutschen Regatta Verein, hatte das angestoßen. Für alle drei Mannschaften steht fest: „Wir trainieren weiter und kommen wieder nach Kiel. Und vielleicht sind wir dann mehr inklusive Teams.“ 

Die Karten wurden in der Klasse J/24 zwar mit drei Rennen zum Abschluss neu gemischt, aber die Preise nach dem Stand vom Sonnabend verteilt. Ganz vorne blieb Fabian Damm (SV Altona-Oevelgönne) mit seinem Team vor Stefan Karsunke (Blankeneser SC) und Manfred König (Hamburger SC).

Bleifuß auf der „Rarotonga“
Nach 18 Stunden, 24 Minuten und acht Sekunden waren sie im Ziel, zwei Stunden und 20 Minuten nach der schnellsten Yacht um das Silberne Band über 136 Seemeilen nach ORC I und II. Aber berechnet gewann es Christoph Mählmann am Steuer von Werner Lemmels Swan 46 „Rarotonga“ (Elbfreibeuter Club). „Uns war klar, dass wir gut starten müssen, um uns durchzusetzen. Das hat geklappt: Eine Sekunde nach dem Startschuss waren wir auf der Linie. Die Bedingungen und das Zusammenspiel der Crew waren super. Und nach 25 Jahren auf der ‚Rarotonga‘, wissen wir genau, wo das Gaspedal ist“, kommentierte der Steuermann.

Die „Moana“ vom Gastgeber Kieler Yacht-Club als First Ship Home unter Skipper und Eigne Hanno Ziehm wurde Siebte. Überlegen war auch Rasmus Töpsch aus Strand mit seiner JPK 10.10 „Sharifa“ als Sieger der Gruppe ORC III/IV. Mit 30 Gestarteten war das Silberne Band ein starker Abschluss des Seesegelns, das bei der 128. Kieler Woche im 140. Jahr vom 18. bis 26. Juni 2022 wieder eine bedeutende Rolle spielen wird.

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