Chancen der Digitalisierung im Tourismus: Was Tourismusunternehmen leisten müssen!
Die Onlinebuchbarkeit und der zielgerichtete Umgang mit Kundendaten bleiben die Sorgenkinder der Digitalisierung im Tourismus. Im Vergleich zu vielen anderen Branchen liegt die Tourismusbranche beim Thema Digitalisierung weit zurück und das Potenzial, welches die Digitalisierung bietet, wird von vielen Unternehmen und Anbietern nur zu einem kleinen Teil genutzt. In welcher Form die Branche zukünftig noch stärker bei der Vermarktung und Kommunikation ihrer Leistungen von der Digitalisierung profitieren kann, stand im Mittelpunkt dieser Dialogveranstaltung, die Dr. Marco A. Gardini, Professor für Tourismus und Hospitality Management an der Hochschule Kempten und stellvertretender Leiter des Bayerischen Zentrums für Tourismus, moderierte.
Onlinebuchbarkeit und Datenqualität entscheidet über den Erfolg
Maßgeblich für den Erfolg touristischer Unternehmen ist die Onlinesichtbarkeit und -buchbarkeit für den Gast, so die grundlegende These des Vortrags von Dr. Michael Braun, Geschäftsführender Vorstand des Tourismusverband Ostbayern e.V. und Geschäftsführer der OBS OnlineBuchungsService GmbH. „Die touristischen Betriebe und Destinationen müssen sich intensiver damit beschäftigen. Hier besteht bei der Frage der digitalen Buchbarkeit der größte Handlungsbedarf. In Bayern geht man davon aus, dass nur ca. die Hälfte aller Gastgeber online buchbar sind.“
Er wies aber auch darauf hin, dass hier die Struktur der Betriebe beachtet werden müsse. „Kleine Unternehmen sind oft im operativen Geschäft gefangen.“ Besonders diesen Anbietern müsse geholfen werden, sie benötigten im digitalen Vertrieb ihrer Produkte eine professionelle Betreuung, ein Ansatz, den Braun mit dem Tourismusverband Ostbayern verfolgt: „Bei der Digitalisierung der Dienstleistungen liegen in vielen Betrieben Defizite vor, die technischen Lösungen sind nicht ausreichend. Wir haben eine eigene Agentur aufgebaut und so ein flächendeckendes Netzwerk zur Verfügung gestellt, in das nicht nur Unterkünfte eingebaut werden, sondern alle Anbieter.“ Allerdings gebe es oft auf dem Weg vom Marketing zur Buchbarkeit einen medialen Bruch, denn vielfach stimme die Qualität der Daten nicht und so sei denn oftmals nur bei wenigen Produkten die Buchung für den Gast auch tatsächlich umsetzbar. „Die Daten müssen gesammelt und zusammengeführt werden. Wichtig ist hier eine Standardisierung.“
Ein professionelles und zentrales Kundendatenmanagement und qualitativ hochwertige Daten seien denn auch nach Ansicht von Dr. Michael Toedt, Geschäftsführender Gesellschafter von dailypoint™, essenziell für den Erfolg im digitalen Marketing und Vertrieb: „In einem 100-Zimmer-Hotel kann es bis zu 5.000 Datenpunkte geben, am Ende stehen 2,3 Profile pro Wiederholungsgast“, lautete eine seiner Analysen.
Oft sammelten sich in Unternehmen über die verschiedenen Informationskanäle und Medien falsche oder unvollständige Gastdaten, die häufig auch die Datenschutzbestimmungen nicht erfüllten und damit am Ende nicht für die Vermarktung und Kommunikation der Leistungen eingesetzt werden könnten. „In der Hotellerie bestehen teilweise bis zu 30 Profile für eine Person, die Anbieter verfügen über kein Gastwissen. Ein zentrales Profil ist aber die Voraussetzung für die Beziehung zum Gast und für die Weiterentwicklung der Kundenbeziehung. Damit steht und fällt der Erfolg“, lautete seine Kernthese.
Innovation durch Open Data
Die oftmals schlechte Datenqualität bei touristischen Angeboten und Dienstleistungen bilde auch den Hintergrund der BayernCloud, die vor drei Jahren als wissenschaftliches Projekt gestartet wurde, erklärte Dr. Guido Sommer, Professor für Tourismusmanagement und Marketing und Leiter des Wissenstransferzentrums Innovative und Nachhaltige Tourismusentwicklung (InNaTour) in Füssen, Hochschule Kempten, in seiner Diskussion mit Markus Garnitz, Bereichsleiter der Kompetenzstelle Digitalisierung Bayern Tourismus Marketing GmbH. Mit der BayernCloud wollen die Projektbeteiligten mit einer offenen digitalen Infrastruktur eine Grundlage für Innovationen schaffen, damit die Chancen der Digitalisierung in der Tourismusbranche besser genutzt werden können. „Unsere Aufgabe mit der BayernCloud ist es, alle touristisch relevanten Daten zusammenzubringen und einen offenen Zugriff zu ermöglichen. Wir müssen hier aktiv werden, auch wenn wir bereits zehn Jahre zu spät sind“, stellte Garnitz klar.
In Bayern gebe es hier durch die Fragmentierung und die sich daraus ergebenden vielen Datenquellen nur einen schweren Zugriff. Ein entscheidender Erfolgsfaktor sei daher ein offener Zugriff auf die Daten, ergänzte Sommer. Die Erfassung der vielen unterschiedlichen Datenquellen und verschiedenen Datenformate der Destinationen und der unterschiedlichen Leistungsträger sei in einem qualitativ nachhaltigen Aufbau in der Folge aber nur erfolgversprechend, wenn sie zusammengeführt würden und alle Anbieter sie auf dem gleichen Stand einsetzen könnten. Viele Daten würden aber aktuell oft auch ohne Struktur gespeichert und seien damit von geringer Qualität, benannte Garnitz als Problemfeld. Mit ständig auf einem hohen Qualitätsniveau aktualisierten und aus den unterschiedlichen Quellen zusammengeführten Daten böten sich jedoch neue Chancen in ihrer Anwendung. „Es geht darum, die richtigen Rahmenbedingungen zu schaffen. Die Innovationen kommen, wir haben jetzt die Chance, dass sich etwas bewegt“, lautete Sommers Appell.
Viele Chancen durch Künstliche Intelligenz
Weitere Möglichkeiten für innovative Ideen präsentierte Dr. Wolfram Höpken, Professor für Wirtschaftsinformatik und E-Business an der Hochschule Ravensburg-Weingarten, in seinem Vortrag über verstärkten Einsatz der Künstlichen Intelligenz im Tourismus.
So habe sich nach einer Analyse von Online-Suchanfragen und der Entwicklung vergangener Ankünfte die Vorhersage der weiteren Ankünfte um fast 50 Prozent verbessert. „Die Suchanfragen der Gäste wurden immer spezieller, besonders wenn sie vor Ort waren. Untersucht wurden spezielle Suchbegriffe, die die Kunden genutzt haben. Diese Daten gibt es frei Haus. Nutzbare Datenquellen sind beispielsweise auch Instagram-Posts. Sie zeigen die Popularität bestimmter Orte an. Daraus können Regeln und Bewegungsmuster abgeleitet werden.“ So könne nach dem Erkennen des Konsumverhaltens und der Analyse des Kundenfeedbacks das spezifische Profil von Kundensegmenten klar beschrieben werden. Es gebe im Tourismus eine Fülle von Einsatzmöglichkeiten für Künstliche Intelligenz, das Know-how sei hier der entscheidende Bottleneck. „Es gibt oft einen großen Nachholbedarf, da die Betriebe ihre Daten nicht kennen“, so seine Schlussfolgerung.
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Das Bayerische Zentrum für Tourismus (BZT) ist ein An-Institut der Hochschule Kempten. Es wurde im Zuge der neuen Tourismusinitiative des Bayerischen Staatsministeriums für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie gegründet und versteht sich als ein unabhängiger wissenschaftlicher Thinktank. Neben relevanten Forschungsprojekten initiiert und moderiert das BZT den praxisrelevanten Austausch zwischen Wissenschaftlern, Politikern und den verschiedenen Akteuren der Tourismuswirtschaft. Dabei stehen die Vermittlung von Wissen, die Identifikation wichtiger Themen der bayerischen Tourismuswirtschaft, die Vernetzung der bayerischen Tourismusakteure und ein lösungsorientierter Diskurs zur Förderung, Optimierung und Weiterentwicklung der Leistungsfähigkeit des bayerischen Tourismus im Fokus. Ziel des BZT ist die Förderung von Tourismuswissenschaft und -forschung sowie die Intensivierung des interdisziplinären Wissens- und Erfahrungsaustauschs. https://bzt.bayern/
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