Finanzen / Bilanzen

IHK-Prognose: Bis zu drei Prozent Wachstum im nächsten Jahr möglich

„Nach dem massiven Einbruch der Wirtschaftsleistung im letzten Jahr hätte 2021 zu einem Aufholjahr für die Saarwirtschaft werden können. Doch erhebliche Lieferengpässe und signifikante Preissteigerungen bei industriellen Vorprodukten sowie die andauernde Corona-Pandemie haben in diesem Jahr den Erholungskurs erheblich gebremst. Dadurch konnten die Industrie und der Export nicht ihre volle Kraft als Treiber von Wachstum und Beschäftigung entfalten. Auch von der Investitions- und Konsumseite kamen nicht die erforderlichen Impulse für einen stärkeren Aufschwung. Unter Berücksichtigung eines statistischen Basiseffekts infolge des schwachen Vorjahres rechnen wir daher für 2021 nur noch mit einem realen BIP-Wachstum von knapp zwei Prozent im Saarland. Damit läge die Wirtschaftsleistung rund zwei Jahre nach Beginn der Pandemie noch immer unter dem Vorkrisenniveau.“ Mit diesen Worten fassten IHK-Präsident Dr. Hanno Dornseifer und IHK-Hauptgeschäftsführer Dr. Frank Thomé die Entwicklung der Saarwirtschaft im Jahr 2021 zusammen.

„Für 2022 sind wir verhalten optimistisch – auch wenn das kommende Jahr kein einfaches für die Saarwirtschaft werden wird. Denn die Unternehmen müssen neben den konjunkturellen Risiken mehr und mehr die strukturellen Herausforderungen meistern – und hier insbesondere die ökonomische, ökologische und digitale Transformation. Die verstärkten Klimaschutzanforderungen, steigende Energiepreise und der zunehmende Arbeitskräftemangel werden die Kosten erhöhen und engen den Spielraum für Investitionen und Beschäftigungsaufbau ein. Unter der Voraussetzung, dass sich die Lieferketten bis zur Jahreshälfte deutlich entspannen und das pandemische Geschehen mit weltweit zunehmenden Impfquoten abflacht, rechnen wir mit einem Saarwachstum von bis zu drei Prozent. Dies darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass selbst dann das Vor-Corona-Niveau noch nicht erreicht und die Wachstumslücke gegenüber dem Bund sich nicht verringert haben wird“, so Dornseifer.

Wiedererstarkter Export, aber Importüberschuss

Den Einschätzungen der IHK liegt eine detaillierte Analyse der saarländischen Industrie zugrunde. So konnte das Verarbeitende Gewerbe an der Saar 2021 bei Auftragseingängen und Umsätzen ein deutliches Plus verzeichnen. Während in den ersten zehn Monaten des Jahres die kumulierten Auftragseingänge im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 19,5 Prozent (Bund: 24,9 Prozent) zugelegt haben, sind die Umsätze um 11,9 Prozent gestiegen (Bund: 11,0 Prozent). Verantwortlich hierfür ist insbesondere der Anstieg der Auslandsnachfrage im Zuge des Anziehens der Konjunktur auf den wichtigsten Absatzmärkten der Saarwirtschaft. Der Auslandsumsatz stieg im genannten Zeitraum um 14,5 Prozent (Bund: +13,9 Prozent).

Rückenwind erhielten die Ausfuhren vor allem vom starken US-Geschäft (+47,9 Prozent) und von der deutlichen Erholung in den für die Saarwirtschaft so wichtigen Zielmärkten der Eurozone wie Frankreich (+22,2 Prozent), Italien (+34,4 Prozent) oder die Niederlande (+12,4 Prozent). Demgegenüber verringerte sich das Exportvolumen nach Großbritannien abermals (-1,2 Prozent). Auch die Ausfuhren nach China waren angesichts der in diesem Jahr relativ schwachen konjunkturellen Entwicklung in Asien erneut rückläufig (-1,6 Prozent). Alles in allem beliefen sich die kumulierten Exporte seit Januar dieses Jahres auf gut 12,5 Milliarden Euro. Angesichts des Importüberschusses von 500 Millionen Euro dürfte damit aber auch 2021 kein signifikanter Impuls vom Außenhandel zu erwarten sein.

Blick in die Branchen: Entwicklung in der Fahrzeugindustrie bereitet Sorgen

Zwei der drei Kernbranchen der Saarindustrie – Stahl und Maschinenbau – konnten 2021 deutliche Umsatzsteigerungen verzeichnen. Im Vergleich zum Vorjahr verbesserte insbesondere die Stahlindustrie in Folge eines weltweiten Nachfragebooms nach Qualitätsstählen ihre Erlöse. Die Branche verzeichnete ein Plus von 40,5 Prozent.
Ebenfalls von einer gestiegenen Nachfrage profitieren konnten der Maschinen- und Anlagenbau (+24,2 Prozent), die Hersteller von Metallerzeugnissen (+18,9 Prozent), die Gießereiindustrie (16,5 Prozent) und die Keramikindustrie (+14,6 Prozent). In der Fahrzeugindustrie – der dritten Kernbranche der Saarindustrie – gingen die Umsätze dagegen von einem ohnehin schon schwachen Niveau nochmals um 3,3 Prozent zurück. Zwar zog die Nachfrage im Zuge der wiedererstarkten Weltkonjunktur im Verlauf des Jahres gegenüber dem Vorjahresvolumen deutlich an, jedoch konnte die Produktion angesichts erheblicher Lieferengpässe bei elektronischen Bauteilen nicht Schritt halten und musste vielerorts sogar gekürzt werden. Nach einer Prognose des Verbands der Deutschen Automobilindustrie (VDA) werden deutschlandweit 2021 nur 2,9 Millionen Fahrzeuge produziert – und damit nur so viele wie zuletzt 1975; vor fünf Jahren waren es noch 5,7 Millionen Einheiten. Dieser Rückgang wird nicht ohne Folgen für die Zulieferindustrie im Saarland bleiben, die ohnehin schon unter einem enormen Anpassungsdruck steht.

Aufholchancen im neuen Jahr

Die Erholung der Weltwirtschaft wird sich auch 2022 fortsetzen. Allerdings wird sich nach Prognosen der OECD das Wachstum des globalen Sozialprodukts von 5,6 Prozent in diesem Jahr auf 4,5 Prozent im nächsten Jahr moderat abschwächen. Das weltweite Handelsvolumen folgt diesem Trend: Nach einem deutlichen Plus von 9,3 Prozent in diesem Jahr wird es 2022 um 4,9 Prozent wachsen. Rückenwind dürfte insbesondere aus den zwei größten Volkswirtschaften, USA und China, sowie aus der Euro-Zone zu erwarten sein, für die solide Wachstumsraten von 3,7 Prozent bzw. 5,1 Prozent und 4,3 Prozent vorhergesagt werden. „Angesichts der weltweit hohen Nachfrage nach Investitions- und langlebigen Konsumgütern rechnen wir mit einem Exportplus von über zehn Prozent. Der Export hat damit gute Chancen, wieder zum Wachstumstreiber der Saarwirtschaft zu werden“, so Thomé.

Positive Effekte auf das Saarwachstum versprechen darüber hinaus der von der neuen Bundesregierung angekündigte Anstieg der öffentlichen Investitionen sowie die in Aussicht gestellten verbesserten Anreize für private Investitionen. Gerade das Bekenntnis zu mehr Tempo bei der der Digitalisierung und zu vereinfachten Planungs- und Genehmigungsverfahren sind wichtige Impulse für mehr private Investitionen und damit für mehr Wachstum und Beschäftigung. Der in der Landespolitik vorherrschende Konsens zu einer öffentlichen Investitionsoffensive lässt ebenfalls Wachstumsbeiträge erwarten. „Entscheidend ist jedoch, dass die neue Landesregierung mit öffentlichen Leitinvestitionen in die Aufwertung des Standortes investiert. Denn nur ein attraktiver Standort wird private Investitionen auslösen – von bestehenden Unternehmen oder von neuen Investoren aus dem In- und Ausland“, so Dornseifer.

Vom privaten Konsum werden dagegen auch 2022 nur moderate Impulse ausgehen, da die Kontaktbeschränkungen zur Eindämmung der Corona-Pandemie aller Voraussicht nach andauern und damit den konsumnahen Branchen zumindest im ersten Halbjahr die Geschäfte erschweren. Hinzu kommen steigende Preise, die die Kaufkraft verringern. Darüber hinaus wirken die langfristigen Trends dämpfend: Der Bevölkerungsrückgang und die Veränderung der Altersstruktur ebenso wie der Trend zum Online-Einkauf, von dem überwiegend Händler außerhalb des Saarlandes profitieren.

Arbeitsmarkt 2022: Bis zu 2.000 Arbeitsplätze mehr möglich

Der saarländische Arbeitsmarkt hatte sich in den vergangenen zehn Jahren außerordentlich gut entwickelt. Die Beschäftigung ist im Trend kontinuierlich gestiegen und erreichte 2019 mit durchschnittlich rund 393.000 sozialversicherungspflichtig Beschäftigten ein Allzeithoch. Die Corona-Pandemie und strukturelle Probleme in den Kernbranchen der Saarindustrie setzten dieser Entwicklung 2020 mit einem Verlust von fast 4.000 Arbeitsplätzen im Jahresdurchschnitt ein vorläufiges Ende. Auch in diesem Jahr dominierten Corona und die Transformationsprozesse in der Saarwirtschaft die Entwicklung. Hinzu kamen die Probleme in den internationalen Lieferketten, die den Aufholprozess der Saarindustrie merklich abbremsten. Für 2021 ist daher kaum mit einem größeren Beschäftigungsaufwuchs zu rechnen, allenfalls 1.000 zusätzliche Arbeitsplätze dürften den Jahresschnitt wieder auf ein Niveau von 390.000 heben. Die wegen der Lockdowns spürbar gestiegene Arbeitslosigkeit ist im laufenden Jahr wieder gesunken. Die Quote sollte im Jahresschnitt 2021 deshalb wieder unter sieben Prozent liegen. Jedoch wird das Vor-Corona-Niveau von 2019 mit 6,2 Prozent bei weitem nicht erreicht.

Wohin sich der Saar-Arbeitsmarkt 2022 letztlich entwickelt, hängt ganz wesentlich davon ab, wie schnell die Saarindustrie als Motor für Wachstum und Beschäftigung wieder ihr Vorkrisenniveau erreicht und die strukturellen Anpassungen im Fahrzeugbau und in der Stahlindustrie gelingen. Wie schon im laufenden Jahr dürfte aber die hohe Nachfrage nach Arbeitskräften im Gesundheits- und Sozialwesen wie auch in der öffentlichen Verwaltung weiter für einen Beschäftigungsaufbau sorgen. Für das kommende Jahr ist deshalb über alle Branchen gerechnet im Mittel mit einem Aufwuchs in der Größenordnung von etwa 2.000 zusätzlichen Arbeitsplätzen zu rechnen. Die Arbeitslosenquote dürfte sich insofern weiter auf das Vor-Corona-Niveau zubewegen.

Erwartungen an die Landes- und Bundespolitik

Ohne eine überdurchschnittlich starke und dauerhafte Wachstumsphase droht das Saarland in der Einkommensentwicklung gegenüber dem Bund immer weiter zurückzufallen. Für einen nachhaltigen Aufholprozess ist daher vor allem eine erhebliche Ausweitung privatwirtschaftlicher Investitionen erforderlich. Um diese jedoch zu attrahieren, bedarf es einer Aufwertung des Standorts im nationalen wie auch im internationalen Vergleich. Für die Landes- und Bundespolitik folgt daraus:

Landespolitik:

Die Landesregierung muss zügig das lange angekündigte Standortsicherungskonzept vorlegen. Unverzichtbar ist ferner ein klarer Fahrplan für das von ihr proklamierte „Jahrzehnt der Investitionen“ mit belastbaren Aussagen dazu, welche Infrastrukturinvestitionen wann, wo und in welchem Umfang getätigt werden sollen. Zwar beabsichtigt sie, im Rahmen ihrer Investitionsoffensive in den nächsten Jahren eine Milliarde Euro zu investieren. Angesichts der aufgelaufenen Investitionslücke gegenüber dem Bund, die seit 2004 einwohnerbereinigt auf über 2,3 Milliarden Euro angewachsen ist, müssen die mittel- und langfristigen Investitionen des Landes und der Kommunen aber weiter deutlich gesteigert werden, um im Standortwettbewerb der Länder zu punkten.

Konkret spricht sich die IHK für folgende Maßnahmen aus:

§        Investitionsoffensive starten: In weiten Teilen der Infrastruktur hat sich ein erheblicher Sanierungsstau aufgebaut – etwa bei Hochschulen, Straßen, Brücken und Abwasserkanälen. Der Stand der Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung kann mit den Ansprüchen der Unternehmen sowie der Bürgerinnen und Bürger an eine moderne Verwaltung nicht Schritt halten. Zudem fehlt es an hinreichenden Mitteln für strukturprägende Zukunftsinvestitionen (forcierter Ausbau des 5G-Mobilfunkstandards, Städtebauförderung, Kongress- und Messewesen, touristische Leitinvestitionen). Die künftige Landesregierung muss daher eine Investitionsoffensive starten, die erstens die kommunalen Investitionsbudgets deutlich aufstockt und zweitens durch mehr Investitionen in die Infrastruktur die Investitionslücke zum Durchschnitt der Länder schließt. Grundlage sollte eine Investitionsplanung mit klaren Prioritäten sein. Nur unter diesen Voraussetzungen wird es zu echten Innovationsschüben durch private Investitionen und zu einer weiteren Neuansiedlung zukunftsträchtiger Unternehmen kommen.

§        Standortkosten senken: Allein bei der Gewerbesteuer müssen Unternehmen im Saarland eine jährliche Sonderlast in Höhe von gut 55 Millionen Euro bzw. 11,5
Prozent gegenüber ihren Wettbewerbern im Bund schultern. Die vergleichsweise hohen Gewerbesteuerhebesätze schaden dem Saarland gleich in mehrfacher Hinsicht: Sie verringern die Chancen auf Ansiedlungen neuer Betriebe, schwächen die Investitionskraft bestehender Unternehmen und belasten deren Wettbewerbsfähigkeit. Mit Blick auf die Standortattraktivität im Ganzen kommt erschwerend hinzu, dass das Saarland mit 6,5 Prozent auch noch die höchste Grunderwerbsteuer in Deutschland hat. Zudem liegen weitere Gebühren um ein Vielfaches höher als im Rest der Republik. Hierzu zählen etwa im Umweltbereich der Wassercent oder die pauschalen Kosten für wiederkehrende Umweltinspektionen. Andere Bundesländer verzichten teilweise ganz auf diese Gebühren.

§        Vorranggebiete für Industrie und Gewerbe reservieren: Industrie- und Gewerbeflächen werden im Saarland zunehmend knapp. Dieser Flächenmangel droht damit zu einer weiteren Wachstumsbremse für das Saarland zu werden. Die Saarwirtschaft braucht daher dringend Flächen für Ansiedlungen und Erweiterungen in ausreichender Qualität und Quantität, die zudem kurzfristig verfügbar und planungsrechtlich abgesichert sind. Mit der Entwicklung des Masterplans II Industrieflächen hat die Landesregierung die Notwendigkeit einer vorausschauenden Flächenpolitik erkannt. „Voraussetzung ist aber zugleich, dass im neuen Landesentwicklungsplan auch tatsächlich Vorranggebiete für Industrie und Gewerbe in mindestens dem gleichen Umfang wie im bestehenden Plan reserviert werden. Denn die frühzeitige und zukunftsgerichtete Flächenvorsorge ist gerade in Zeiten struktureller Umbrüche eine ganz entscheidende Grundlage dafür, dass die Saarindustrie ihrer Rolle als Motor für Innovation, Wachstum und Beschäftigung gerecht werden kann“, so Thomé.

§        Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung vorantreiben und Baukosten senken: Neben der zügigen, saarlandweiten Realisierung des Projekts „Digitaler Bauantrag“ sowie der dringend gebotenen Verschlankung der Landesbauordnung ist aus Sicht der IHK zur Reduzierung der Baukosten die Rückkehr zum 4-Augen-Prinzip beim Brandschutz ebenso geboten wie mehr Entscheidungsfreude der Verantwortlichen auf behördlicher Ebene im Sinne einer „ermöglichenden Verwaltung“. Bauherren und Investoren brauchen dringend mehr Planungssicherheit. Anspruch muss es sein, dass das Saarland eine Landesbauordnung erhält, die zum Bauen animiert und in Bezug auf Digitalisierung, Verschlankung der Bauprozesse und Kostensenkung im Baubereich bundesweit Best-Practice ist.

§        Die demographische Herausforderung meistern und die Fachkräftebasis sichern: Vor dem Hintergrund des weiter deutlich sinkenden Erwerbspersonenpotentials und der Fortsetzung des Bevölkerungsrückgangs ist seitens der Landesregierung ebenfalls entschlossenes Handeln gefragt. Denn das Schrumpfen der Einwohnerzahl bedeutet weniger Konsumenten sowie weniger Steuereinnahmen für Land und Kommunen. Zugleich verringert sich das Potential an Fachkräften. „Für das Industrieland Saarland bleibt dabei insbesondere die Verfügbarkeit von Ingenieuren, Technikern und IT-Spezialisten eine zentrale Herausforderung. Erforderlich ist daher weiterhin eine quantitativ ausreichende wie qualitativ hochwertige MINT-Ausbildung an den Saarhochschulen, die sich hinsichtlich der Gestaltung der Studiengänge am Puls der Zeit orientiert, etwa beim Aufbau von Wasserstoffkompetenzen“, so Dornseifer.

Außerdem gilt es, die Rahmenbedingen für eine höhere und produktivere Erwerbsbeteiligung voranzutreiben, d.h. insbesondere bessere Weiterbildungsmöglichkeiten und Betreuungsangebote zu schaffen – auch um die Erwerbsbeteiligung von Frauen weiter zu steigern. Da das endogene Arbeitskräftepotential aber selbst dann nicht reichen wird, ist die Landesregierung gefordert, rasch eine vorausschauende Fachkräfteanwerbestrategie mit dem Ziel zu entwickeln, im europäischen Ausland und in ausgewählten Drittstaaten junge qualifizierte Fachkräfte für den Saararbeitsmarkt zu gewinnen. Darüber hinaus sollte sie das Saarland-Marketing refokussiert werden. „Andernfalls droht die Gefahr, dass das Potentialwachstum des Saarlandes weiter sinken wird“, so Thomé.

Appelle an den Bund:

Wer „Mehr Fortschritt wagen“ will, darf im ökonomischen Bereich nicht auf Ausgabenprogramme und Zwang setzen. Vielmehr gilt es, die internationale Wettbewerbs- und Innovationsfähigkeit der Unternehmen zu verbessern und zudem den Freihandel weltweit zu stärken. Zu letzterem zählt die rasche Ratifizierung von Handelsabkommen, und hier insbesondere mit Kanada und den Mercosur-Staaten.

Positiv ist des bereits jetzt zu werten, dass ein Verzicht auf Steuererhöhungen angekündigt wurde. Allerdings ist bislang nicht vorgesehen, das deutsche Unternehmenssteuerniveau auf ein international wettbewerbsfähiges Niveau zu senken. Dies ist jedoch dringend notwendig, um die Investitionskraft und -bereitschaft der
Wirtschaft zu stärken.

Für die Energie- und Klimapolitik der Bundesregierung muss gelten, dass sie die ökonomische, ökologische und soziale Dimension der Dekarbonisierung als gleichrangig ansieht. In diesem Kontext erwartet die Saarwirtschaft deutliche Impulse beim Ausbau der Infrastruktur für Strom und Wasserstoff sowie beim weiteren Ausbau der erneuerbaren Energien. Wesentliche Voraussetzungen dafür sind bessere Rahmenbedingungen und mehr Flächenausweisungen für private Investoren sowie die Verbesserung der regulativen Bedingungen zum Bau der notwendigen Energienetze. Gleichzeitig dürfen die Kosten nicht aus dem Ruder laufen, die insbesondere die energieintensiven Unternehmen der Saarwirtschaft treffen. „Dass die Ampel-Koalition vereinbart hat, die EEG-Umlage ab 2023 vollständig über den Bundeshaushalt zu finanzieren, wird die internationale Wettbewerbsfähigkeit unserer Unternehmen ein Stück weit verbessern – aber auch nur dann, wenn die Politik nicht an anderen Stellen die Kosten hochtreibt“, so Thomé. Letztlich muss der Transformationsprozess zu einer klimaneutralen Wirtschaft ohne Wohlstandsverlust gelingen und mit einer hohen Akzeptanz der Bevölkerung begleitet werden. Dazu beitragen würde auch eine Absenkung der Stromsteuer auf das europäische Mindestniveau.

Bei der Beschleunigung von Genehmigungs- und Planungsverfahren hat die neue Regierung ambitionierte Ziele formuliert. Diese gilt es nun konsequent und zügig umzusetzen, damit die Transformation der Wirtschaft und die Energiewende gelingen.

Die Absicht, hochverschuldete, finanzschwache Kommunen zukünftig stärker als bisher gemeinsam mit den Ländern zu unterstützen, begrüßen wir ebenfalls sehr. Das kann Haushaltsspielräume für mehr kommunale Investitionen eröffnen und eine langfristige Investitionsplanung ermöglichen.

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