WIR KÖNNTEN GENAUSO GUT TOT SEIN eröffnet die Berlinale-Sektion Perspektive Deutsches Kino
Im Zentrum stehen die Sicherheitsbeauftragte Anna und ihre 16-jährige Tochter Iris, die in einem mit allen Bequemlichkeiten ausgestatteten Hochhaus am Waldrand leben – sicher und umgeben von einer sorgfältig ausgewählten Hausgemeinschaft. Doch als der Hund des Hausmeisters verschwindet, kriecht die Angst unter der Türschwelle ins Haus und die Utopie mit Waldblick gerät schleichend aus den Fugen. Iris ist überzeugt, dass ihr böser Blick für das Verschwinden des Hundes verantwortlich ist und schließt sich im Badezimmer ein. Die Nachbarn finden Annas Verhalten verdächtig: Sie sind überzeugt, dass der Hund eines gewaltsamen Todes gestorben ist und die Angst vor dem unbekannten Mörder breitet sich unter den Bewohner*innen aus. Eine freiwillige Bürgerwehr gründet sich. Als Anna versucht, die Nachbarn zur Vernunft zu bringen, werden Ermittlungen gegen sie aufgenommen. Der Druck steigt und Annas Lage wird immer aussichtsloser. Wie weit ist sie bereit zu gehen, um sicherzustellen, dass sie und ihre Tochter in dem Haus bleiben können?
„In einer verschobenen Realität ergründet der Film die Frage, welche Ventile sich Angst in einer Gemeinschaft sucht, welche Grenzen dabei überschritten werden und wie sie die ganze Gemeinschaft verändern kann“, so Regisseurin und Drehbuchautorin Natalia Sinelnikova über ihren ersten Langspielfilm, der am 11. Februar bei der Berlinale Weltpremiere feiert. Für die 1989 in St. Petersburg geborene Regie-Studentin ist das Hochhaus eine sehr vertraute Welt, die sie schon immer fasziniert hat. Genauso vertraut wie das Gefühl der Angst. Als russisch-jüdischer Kontingentflüchtling ist sie mit ihren Eltern 1996 nach Deutschland immigriert, um vor Korruption, mafiösen Strukturen und Antisemitismus zu fliehen. Doch in der vermeintlich sicheren Welt angekommen, wird sie nicht nur mit der gleichen Angst konfrontiert, „nicht dazuzugehören, ausgeschlossen und bedroht zu sein“, sondern auch mit der Angst der anderen, "die sich, wie sich herausstellte, unheimlich vor uns, den Immigranten, fürchteten. In den gemütlichen bürgerlichen Heimen grassierte die kreative Sorge, dass Menschen, die gerade erst ins Land gekommen und ohne Einfluss waren, die warmen Wohlstandsnester in Gefahr bringen könnten. Mit Absurdität, trockenem Humor und abgrundtiefer Tragik will ich mit WIR KÖNNTEN GENAUSO GUT TOT SEIN eine Geschichte über die Macht der Angst als sich selbst reproduzierendes System erzählen, das wie kein anderes Gefühl den aktuellen gesellschaftlichen und politischen Diskurs diktiert und den Zusammenhalt der Gesellschaft zerrüttet.“
Der 90-Minüter (P: HEARTWAKE films in Koproduktion mit der Filmuniversität und dem rbb Rundfunk Berlin-Brandenburg sowie Kojoten Filmproduktion) steht mit den anderen Perspektive-Filmen im Wettbewerb um den Kompass-Perspektive-Preis und den Heiner-Carow-Preis der DEFA-Stiftung, die jeweils mit 5.000 Euro dotiert sind. Wir drücken dem Team, darunter auch Lina Mareike Zopfs und Charlene C. Guerntke (Producer), Jan Philip Ernsting (Kamera) und Mischtonmeister Colin Shaw die Daumen!
Ab diesem Jahr will die Sektion die Aufmerksamkeit auch auf weitere Fertigkeiten lenken, die den kreativen Prozess des Filmemachens prägen. Neben der traditionellen Würdigung von Regie und Produktion werden besondere Talente aus anderen Gewerken präsentiert. Zu den sechs Perspektive-Talenten 2022 gehört Elisabeth Kozerski, die an der Filmuni Szenografie im Master studiert und das Szenenbild für WIR KÖNNTEN GENAUSO GUT TOT SEIN kreierte, sowie die Filmuni-Absolventin Sabine Panossian für ihre Kameraarbeit zum Perspektive-Film ECHO. „Es ist mir wichtig, dass wir Film als Gesamtkunstwerk sehen und den einzelnen Gewerken in dieser Kollektivarbeit mehr Aufmerksamkeit schenken. Dieses Anliegen begleitet meine letzte Edition, bevor neue Aufgaben als wissenschaftliche Referentin bei der DEFA-Stiftung auf mich warten“, sagt Sektionsleiterin Linda Söffker.
Als Gast der Perspektive Deutsches Kino und Preisstifterin hat die DEFA-Stiftung einen weiteren Film mit Filmuni-Bezug ins Programm eingebracht: Fallada – letztes Kapitel (DDR 1988) von Roland Gräf – er absolvierte 1959 an der heutigen Filmuni im Studiengang Kamera – mit Jörg Gudzuhn, Jutta Wachowiak (Schauspiel 1963), Katrin Sass, Corinna Harfouch, Ulrike Krumbiegel und Marga Legal.
Wir wünschen allen Beteiligten eine wunderbare Berlinale und freuen uns auf ein tolles Programm, das ab 1. Februar HIER veröffentlicht wird.
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