Gift-Einleitung in den Rhein nach Currenta-Explosion: BUND stellt Strafanzeige gegen Currenta und Aufsichtsbehörde
Hinweise des BUND lösten Recherchen des WDR Magazins Westpol aus, die ergaben, dass Chempark-Betreiber Currenta, die Aufsichtsbehörde und die nordrhein-westfälische Umweltministerin dies gegenüber der Öffentlichkeit verschwiegen. So wurden fast 10 Millionen Liter mit giftigen Chemikalien belastetes Wasser, unter anderem mehr als 60 Kilogramm des besonders schädlichen Insektengiftes Clothianidin, in den Rhein gepumpt. „Doch Umweltministerin Ursula Heinen-Esser behauptete noch Anfang August offenbar wider besseren Wissens in einem Bericht an den Landtag, es sei zu keiner Einleitung in den Rhein gekommen“, sagte der BUND-Landesvorsitzende Holger Sticht. „Es stellt sich die Frage, ob nicht die Öffentlichkeit über das wahre Ausmaß der Explosions-Katastrophe getäuscht wurde.“
Currenta, die Kölner Bezirksregierung und das Umweltministerium verwickelten sich nach den Recherchen in zahlreiche Widersprüche und Ungereimtheiten. Nach jeder Anfrage des WDR wurden die eingeleiteten Mengen höher, letztlich wurden aus 5,25 Millionen Litern kontaminiertem Löschwassers durch Vermischung mit Abwasser aus dem Chempark etwa 30 Millionen Liter mit giftigen Chemikalien belastetes Wasser, wovon ein Drittel ohne Genehmigung eingeleitet wurde. Umweltstrafrechtler bewerten dies als Verstoß gegen Wasser- und Abfallrecht. „Die Kölner Bezirksregierung hätte demnach eingreifen und die Einleitung der Giftstoffe in den Rhein verhindern müssen“, so Sticht.
Die im Wasser enthaltenen giftigen Chemieabfälle sind nicht in einer dafür zugelassenen und vorgesehenen Anlage entsorgt worden. Damit stellt sich die Frage nach einer Strafbarkeit nach Paragraph 326 – illegale Abfallentsorgung – des Strafgesetzbuches. „Insbesondere ist die Behauptung, man hätte in einer akuten Notlage so handeln müssen, aufgrund des Ereignis-Ablaufes nicht länger haltbar“, konstatiert der BUND-Gewässerschutzexperte Paul Kröfges. „Offenbar gab es erhebliche Fehler im Störfall-Management, die einer juristischen und politischen Aufarbeitung bedürfen.“
Wie die Rekonstruktion des Störfalls belegt, begann die Einleitung des kontaminierten Wassers erst etwa 34 Stunden, nachdem das Feuer gelöscht war. Ab dem 28. Juli 2021 abends fand über dreieinhalb Tage hinweg in vier Etappen die Einleitung des Gemischs aus Chemiegiften, Löschwasser und Abwasser statt. Daher gibt es erhebliche Zweifel, ob Currenta sich bei dieser tagelang andauernden Aktion rechtlich auf eine Notlage berufen kann.
Nicht nachvollziehbar ist weiter die Aussage, die Kapazitäten zum Auffangen von Löschwasser seien zur Neige gegangen. Laut Currenta wurden ursprünglich nur 5,25 Millionen Liter Löschwasser eingesetzt, die problemlos in die Tanks gepasst hätten, die zur Aufnahme bereitstanden. Hier war nach Angaben der Bezirksregierung Platz für mehr als 34 Millionen Liter. Zusätzlich hätten ein Kanalrohr und eine besonders abgedichtete Fläche an der Sonderabfallverbrennungsanlage zum Auffangen zur Verfügung gestanden. Allerdings wurden aus den 5,25 Millionen Litern durch Vermischen mit Abwasser 30 Millionen Liter, aber selbst für diese Menge hätte die Speicherkapazität der Tanks mit insgesamt mehr als 34 Millionen Liter ausgereicht.
„Jetzt muss die Staatsanwaltschaft ran und strafrechtlich abklären, warum Currenta so gehandelt hat, warum die Speicherkapazität nicht ausgereicht haben soll und warum mit Billigung der Bezirksregierung giftige Stoffe in den Rhein geleitet wurden“, so BUND-Experte Kröfges. „Zudem stellt sich die Frage, ob nicht der Straftatbestand der Strafvereitelung im Amt vorliegt. Und auch die politische Verantwortung für dieses Täuschungs- und Vertuschungsmanöver muss geklärt werden.“
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