Weniger bezahlbarer Wohnraum, weniger Nachhaltigkeit am Bau: BFW Berlin/Brandenburg e. V. kritisiert plötzlichen Förderstopp
„Wir haben im Wohnungsneubau keine Zeit zu verlieren und können uns keine langen Stopps für Projekte leisten. Unsere Unternehmen wollen und werden nachhaltig bauen. Um es auf einer wirtschaftlich tragfähigen Grundlage tun zu können, müssen sehr schnell passende Lösungen auf den Tisch“, fordert Susanne Klabe, die Geschäftsführerin des BFW Landesverbandes Berlin/Brandenburg. „Im hohen EH-40-Standard wird ohne Förderung kein preisgedämpfter Wohnraum finanzierbar sein. Das Kind ist bereits im Brunnen, jetzt müssen wir gemeinsam mit der Politik dafür sorgen, dass es nicht ertrinkt!“
Die Ankündigung aus Robert Habecks Wirtschaftsministerium vom Montag dieser Woche, die Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG) mit sofortiger Wirkung zu stoppen, was auch für bereits eingereichte, aber noch nicht beschiedene Anträge gilt, schlug sofort Wellen und bewirkt schon jetzt monatelange Bauverzögerungen. Grund hierfür sind unter anderem die minutiös ausgearbeiteten Finanzierungspläne für neue Bauvorhaben, in denen die staatliche Förderung eingeplant ist und die als Grundlage für Bankenkredite dienen. Schon Stunden nach der Verlautbarung aus dem BMWi kündigten die ersten Banken die Kreditverträge mit Immobilienentwicklern.
„Wir konnten uns mit unserer Bank darauf einigen, dass wir einen vierwöchigen Aufschub bekommen, aber nur unter der Bedingung, dass mit sofortiger Wirkung keine weiteren Kosten generiert werden“, erklärt Reinhard Schulz, Projektentwickler bei der KVL Projektentwicklung Plus GmbH und Mitglied im BFW Berlin/Brandenburg: „Wir werden jetzt alle Projektbeteiligten abziehen und zusehen, dass wir sie in anderen Projekten unterbringen. Der Baubeginn für die 30 barrierefreien Mietwohnungen im taxonomiekonformen EH-40-Standard im Mai ist definitiv nicht zu halten. Wir gehen von einer Verzögerung von 6 bis 9 Monaten aus, wenn die Bundesregierung hier einlenkt und wieder Sicherheit bei der Finanzierbarkeit herrscht. Falls nicht, ist auch unser Anspruch, wirklich nachhaltig zu bauen und die KFW-40-Richtlinien sogar noch zu übertreffen, ohne Förderung unbezahlbar, vor allem für die zukünftigen Mieterinnen und Mieter. Wir müssten, um die dann höheren Baukosten auffangen zu können, von gerade noch ortsverträglichen 11,00 Euro Monatsmiete pro Quadratmeter auf über 14,00 Euro erhöhen, das ist absurd!“
Auch wenn über Sinn und Unsinn der EH-55-Förderung für mehr Nachhaltigkeit gestritten werden kann, das plötzliche Aus und die ebenfalls beendete und deutlich nachhaltigere EH-40-Förderung könnten kurzfristig zu deutlich umweltschädlicheren Bauwerken führen. Zwischen der Idee, bezahlbaren Wohnraum zu schaffen und dabei wirtschaftlich zu agieren, um beispielsweise Baukredite nicht zu verlieren, bleibt wenig Spielraum für Nachhaltigkeit und Klimaschutz.
„Dass die Mehrkosten für KfW-55, wie in der Verlautbarung behauptet, marginal seien, stimmt nicht und auch der Schritt von KfW-55 auf EH-40 kostet rund 250 Euro mehr pro Quadratmeter durch mehr Dämmung und weniger Mietfläche. Das bringt viele Projektentwickler und Bauunternehmen in echte Schwierigkeiten“, sagt Rainer Bahr, Geschäftsführer der econcept Immobilien und Projektentwicklung KG: „Wir selbst haben in Buch zwei größere Projekte mit insgesamt rund 250 Wohnungen. Konzipiert war ‚KfW 55 EE‘, jetzt müssen wir neu denken. Das geplante Blockheizkraftwerk, das ausschließlich mit Biogas betrieben werden sollte, können wir uns zum Beispiel nicht mehr leisten!“
Der BFW Berlin/Brandenburg führt aktuell eine Blitzumfrage unter den Mitgliedsunternehmen durch, inwieweit sie vom Förderstopp betroffen sind und was das für aktuelle Bauprojekte bedeutet. Schon nach wenigen Stunden und nur wenigen Antworten (rund 5 % aller Mitgliedsunternehmen) zeigte sich das Ausmaß für den Neubau von Wohnraum (368 Wohneinheiten sind hier betroffen).
Der BFW Landesverband Berlin/Brandenburg e. V. ist seit 70 Jahren der regionale Interessenverband der privaten und mittelständischen Immobilienwirtschaft. Die ca. 250 Mitgliedsunternehmen zeichnen für rund die Hälfte aller Wohnungsneubauprojekte in Berlin verantwortlich und sind damit Hauptantriebskraft für eine moderne Stadtentwicklung. Der Verband tritt als gemeinsame Stimme gegenüber Politik und Gesellschaft auf, ist der Beratungs- und Expertenpool für Verbandsmitglieder und Treiber von Innovations- und Zukunftsthemen.
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