Vielversprechende Perspektiven für junge Mädchen in MINT-Berufen
Doch der Reihe nach: Schon eine ganze Weile bietet das „Rheinland-Pfälzische Kompetenzzentrum für Frauen in MINT“ an der Universität Koblenz-Landau Berufsorientierung in diesem Bereich an. Allerdings handelte es sich dabei bislang überwiegend um Abiturientinnen. „Sehr schade“, fand Ruth Sandforth, die jetzt das Projekt für die sogenannten Berufsreifeschülerinnen betreut. Die Gründe für Berührungsängste sind vielfältig. Die Mädchen fürchten, überfordert zu sein, Eltern oder ältere Geschwister raten ihnen von den vermeintlich „unweiblichen“ Berufen ab und eine Projektteilnahme wirkt „uncool“, weil MINT Jungs vorbehalten scheint. Die Auswirkungen der Corona-Pandemie haben die Situation noch einmal zugespitzt: keine Praktika, keine Berufsmessen und wenig Unterricht in Präsenz.
Mit diesem Wissen gingen Sandforth und ihr Team an die Clemens-Brentano-/Overbergschule in Koblenz, um MINT-Berufe praktisch erfahrbar zu machen. Durch Ausprobieren, selbst Hand anlegen und Werken sollen die Teilnehmerinnen an zehn Terminen zu eigenem Tun angeregt werden und dabei Selbstvertrauen aufbauen.
Der Plan geht auf. Ob Arbeiten mit Holz und Metall, Elektronik, Chemie oder mit dem Programmieren, die Mädchen sind mit Feuereifer dabei und über die letzten Monate schon deutlich selbstbewusster geworden. In der Praxis haben sie Werkzeuge kennengelernt, Material berechnet, für Sicherheit am Arbeitsplatz gesorgt und Fehlerquellen ausgeschlossen.
Dabei sind praktische Dinge entstanden. Neben Weihnachtsdekoration und Seife wurde auch ein elektronischer Käfer gefertigt, der sich selbstständig von Hindernissen abkehrt. Die Betreuerinnen der Universität, selbst Lehramtsstudierende der MINT-Fächer oder von Deutsch als Zweitsprache, verstehen sich vor allem als Mentorinnen und Rollenvorbilder. „Stärken und fördern“ lautet das Motto der Arbeitsgemeinschaft. Am Ende steht ein Profilbogen für jede Schülerin, der ihre Fähigkeiten und ihr Können erfasst. Daraus werden dann gemeinsam realisierbare Bildungswege entwickelt.
Gut finden die teilnehmenden Mädchen vor allem, dass ihre Ideen auf Resonanz stoßen und dass sie sich schon jetzt viel mehr zutrauen als am Anfang. Die 15-jährige Makfire kann sich nun für den Beruf einer Automechatronikerin begeistern; die gleichaltrige Linda hat die Fortschritte der Gruppe auf Video festgehalten und könnte sich nun sogar vorstellen, eines Tages selbst ein Studium anzufangen. Sarah (ebenfalls 15 Jahre alt) hat gelernt Geduld zu haben und würde später gerne mit Holz arbeiten und Linda sowie Joy bedienen zwischenzeitlich meisterhaft die Heißklebepistole.
Größte Hoffnung des Teams ist es, dass die Arbeitsgemeinschaft für Berufsreifeschülerinnen dauerhaft in das Angebot von „In MINT schnuppern“ aufgenommen und auf eine breite Basis gestellt wird. Denn, so Ruth Sandforth, „die Perspektivlosigkeit junger Frauen, die mit einem niedrigen Schulabschluss eine Berufsausbildung starten und sich keinen MINT-Beruf zutrauen, wird auch in den kommenden Jahren nicht abnehmen“.
Die Klaus Tschira Stiftung (KTS) fördert Naturwissenschaften, Mathematik und Informatik und möchte zur Wertschätzung dieser Fächer beitragen. Sie wurde 1995 von dem Physiker und SAP-Mitgründer Klaus Tschira (1940-2015) mit privaten Mitteln ins Leben gerufen. Ihre drei Förderschwerpunkte sind: Bildung, Forschung und Wissenschaftskommunikation. Das bundesweite Engagement beginnt im Kindergarten und setzt sich in Schulen, Hochschulen und Forschungseinrichtungen fort. Die Stiftung setzt sich für den Dialog zwischen Wissenschaft und Gesellschaft ein. Weitere Informationen unter: www.klaus-tschira-stiftung.de
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