Talsperren und Staubereiche als Senke für Mikroplastik identifiziert
Das Forschungsteam des Verbundprojekts MikroPlaTaS (Mikroplastik in Talsperren und Staubereichen) hat während der Projektlaufzeit drei Brauchwasser-Talsperren in Sachsen (Bautzen, Quitzdorf und Malter) und drei gestaute Flussbereiche in Nordrhein-Westfalen (Abschnitte der Ems, der Lippe sowie die ehemaligen Rieselfelder der Stadt Münster) untersucht, um das dortige Vorkommen und Verhalten von Mikroplastik näher zu bestimmen. Dabei zeigte sich, dass strömungsberuhigte Gewässersysteme wie Talsperren und Stauhaltungen als Senken für Mikroplastik fungieren. Das heißt: Die meisten eingetragenen Plastikpartikel verbinden sich im Laufe der Zeit mit natürlichen Stoffen, sinken zu Boden und werden durch verschiedene biogeochemische Prozesse dauerhaft in den Sedimenten gebunden. Dass die gefundenen Plastikpartikel vorrangig aus Polyethylen (PE) und Polypropylen (PP) bestehen, war für die Wissenschaftler:innen angesichts der massenhaften Verwendung dieser beiden Substanzen, etwa für die Herstellung von Einweg- und Verpackungsmaterial, wenig überraschend.
Wie sich dies langfristig auf die Ökosysteme auswirkt, ist jedoch noch offen. "Auf Basis unserer Erkenntnisse diskutieren wir gemeinsam mit unseren Praxispartnern, was der Mikroplastikeintrag für Talsperren bedeutet und welche Vorkehrungen künftig getroffen werden sollten, um eine Remobilisierung und damit auch einen Eintrag in andere Gewässer und letztlich ins Meer zu begrenzen. Daraufhin möchten wir Handlungsempfehlungen erarbeiten und diese der Politik sowie weiteren Akteuren zur Verfügung stellen", erläutert UFZ-Biologin Dr. Katrin Wendt-Potthoff, Leiterin des Projekts.
Die Forscher:innen untersuchten auch das Entstehen und die Rolle von Mikroorganismen-Gemeinschaften (sogenannten Biofilmen), die sich auf den Plastikpartikeln bilden können. So hängt ihre Qualität als Nahrungsgrundlage für Wasserlebewesen wie Schnecken vom Plastiktyp ab, auf dem sie wachsen. Bei Laborversuchen mit Fadenwürmern und Rädertierchen zeigte sich, dass die Gesamtfläche der schwebenden Plastikpartikel bestimmt, ob sie toxisch auf die exponierten Organismen wirken – unabhängig davon, ob die Partikel von den Organismen aufgenommen wurden. Denn vor allem sinkt die Verfügbarkeit der Nahrung, wenn sich in der direkten Umgebung Mikroplastikpartikel befinden. "Werden mit der Nahrung solche Teilchen gefressen oder muss die Nahrung zwischen den unverdaulichen Partikeln gesucht werden, können die Tiere weniger Nahrung aufnehmen. Zudem hat die gestörte Nahrungsaufnahme auch Auswirkungen auf die Reproduktionsleistung der Organismen, da sie sich weniger gut vermehren können", erklärt Wendt-Potthoff weiter.
Wie stark derartige Effekte von Mikroplastik in der freien Natur auftreten, ist noch unbekannt. Man weiß bisher zu wenig über die genaue Verteilung von kleinem Mikroplastik und seine Verbindung mit natürlichen Stoffen in den Ökosystemen. Das liegt nicht zuletzt daran, dass die verfügbaren Nachweismethoden zu komplex und aufwendig sind.
Der Forschungsschwerpunkt "Plastik in der Umwelt – Quellen, Senken, Lösungsansätze" ist Teil der Leitinitiative Green Economy des BMBF-Rahmenprogramms "Forschung für nachhaltige Entwicklung" (FONA3). MikroPlaTaS ist eines von 20 Verbundprojekten des Förderschwerpunktes "Plastik in der Umwelt", in dem sich acht Projekte unter dem Themenbereich "Eintragspfade, Transport, Zersetzung und Verbleib in limnischen Systemen" mit Binnengewässern beschäftigen. Das Vorhaben lief vom 01.01.2018 bis 30.09.2021 und wurde vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) mit rund 1,5 Millionen Euro gefördert. Zu den wissenschaftlichen Partnern gehören neben der Universität Münster die Universitäten Potsdam und Bielefeld sowie die Firmen Ecossa und das Institut für Gewässerschutz Mesocosm GmbH.
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