Die schönsten Restaurants & Bars 2022
Auf bemerkenswerte Weise spiegeln die eingereichten Projekte diese Einschätzung wider: Knapp zwei Drittel der gastronomischen Betriebe, aus denen wir Jurymitglieder unsere Top 50 auswählen durften, sind Neueröffnungen aus den Jahren 2020 und 2021. Mit dabei einige bekannte Adressen in neuem Gewand wie „The Grill“, dessen Betreiber die Zeit des Lockdowns im Frühjahr für ein Makeover mit Farben und Materialien genutzt hatten. Ebenso die „Bullerei“: War der eigentliche Auslöser für ihre Sanierung zwar ein Wasserschaden, so hätte der Zeitpunkt aber wahrlich unpassender sein können.
Schwieriger gestaltet sich die Situation nach wie vor für Bars und Clubs. Aber auch hier lassen sich die Betreiber nicht entmutigen. Wie in Bad Kötzting, wo sich der Hof im Außenbereich eines Clubs mit viel Engagement und Eigenleistung des Teams kurzerhand in die „Strandbar FRIDA“ verwandelte: Eine Freiluft-Location, die unter Hygiene- und Abstandsbedingungen geöffnet bleiben durfte. Das „Mochi“ wurde nach rund zehn Jahren Betrieb während der Lockdown-Monate einem Re-Design unterzogen. Als Weiterentwicklung, als Anpassung an aktuelle Bedürfnisse – und vor allem als Zeichen des Anspruchs an zeitgemäße, nachhaltige Materialien und eine Produktion aus der Region: Die neue Theke aus Stampflehm stammt aus Vorarlberg.
Nachhaltigkeit bestimmt aber nicht nur die Materialwahl für das Interior. Wie Seismographen lassen die gastronomischen Betriebe die unterschiedlichsten Bedürfnisse, Themen und Fragen unserer Zeit sichtbar werden – und das nicht nur auf der Seite der Planenden. Kaum eine Bar, ein Restaurant, Bistro oder Café unter den eingereichten Projekten, das nicht mit regionalen und saisonalen Produkten arbeitet oder dessen Konzepte gänzlich darauf basieren. Im „Goldy“ wird dazu alles selbst gemacht – vom Burger Bun über das Patty bis zur Mayonnaise. Im „baers-place“ wachsen die Kräuter im speziellen Kräuterkühlschrank vor den Augen der Gäste, in der Hotelbar „Freiraum“ werden die „Alps inspired Drinks“ mit Kräutern aus dem eigenen Garten hergestellt und verfeinert. Das „Strandhotel Berg“ verwendet so viel wie möglich von der Pflanze und dem Tier, im Idealfall alles. Das Prinzip „from nose to tail“ gilt ebenso im „Farmer’s Club“ auf „Gut Sonnenhausen“, wo trotz Feuerküche auch andere Garmethoden Verwendung finden. Gemüse, Salate und Kräuter haben hier sowieso den kürzesten Weg: von den eigenen Feldern direkt in die Küche.
Auch im sozialen Kontext zeigt sich die Nachhaltigkeit: Eine neue Form der Wertschätzung, ablesbar an Betriebskantinen, von denen gleich vier in den Top 50 vertreten sind. Allein das Wort erinnert noch an die einst dunklen Räume im Untergeschoss: Ganztägig geöffnet ist das „Vi“ ein lichtdurchfluteter Ort des Austauschs geworden, seine unterschiedlichen Bereiche richten sich nach den individuellen Bedürfnissen der Mitarbeiter.
Transparenz spielt hier ebenso eine Rolle wie im „Ristorante La Visione“: Offene Küche und Theke ermöglichen nicht nur den Blick über die Schulter, sondern verbinden auch die Mitarbeiter von Büro und Gastronomie miteinander. Das „SRF Live Restaurant & Bar“ erlaubt darüber hinaus sogar den Blick in die Fernsehstudios, auch externen Gästen. Ein Bauunternehmen bei Cham übernahm dabei nicht nur Verantwortung für seine Mitarbeiter: Das historische Klostergebäude auf dem Gelände des Neubaus sollte in die Planung miteinbezogen werden. Kernsaniert begrüßt es nun als „’s Kloster“ die Belegschaft und ihre Gäste.
Welche Qualitäten das Bauen im Bestand hat – und wie es dabei noch das Konzept der Gastronomen und Gestalter prägen kann –, davon erzählen das „Hiltl Sihlpost“ in einer Ikone des neuen Bauens oder die „Pudelbar“, die mit ihrem Betrieb das zweitälteste Gebäude Kassels wieder ins Bewusstsein der Bevölkerung rückt. Während die „Blaue Brigitte“ über den Dächern Innsbrucks zur Zeitreise durch den geschichtsträchtigen Ort einlädt, hat man sich bei der „Weinbar Meier“ den Herausforderungen eines barocken Gewölbekellers gestellt. Dass mit der Revitalisierung alter Bauten auch die der Umgebung einhergehen kann, ist die Idee hinter dem „Le Quai Steffen“ im Luxemburger Hauptbahnhof. Und mit dem „Tabakschuppen“ ist für die Nachbarschaft Rheinstettens ein neuer Treffpunkt entstanden.
In Darmstadt zieht das „Shokudo“ dagegen die Einwohner nach den Geschäftszeiten in die Neubauten der Bürostadt und belebt damit das Quartier. Gelingen kann dies auch in touristischen Gegenden: Mit dem Hotelneubau des Restaurants „Bibers“ im alpinen Warth verschwanden die Parkplätze aus der Ortsmitte, die Gasträume dürfen sich auf einen neuen Dorfplatz hin orientieren.
Dass der Anspruch, relevante Fragestellungen aufzugreifen, selbst mit kleinem Budget vereinbar ist, beweisen das „Guts&Glory“ in einer einst unscheinbaren Verbindungsstraße in Karlsruhe ebenso wie das „Rossbarth“ zweier junger Haubenköche in Linz hinter denkmalgeschützten Mauern.
Beeindruckt vom Einfallsreichtum der Gestalter und Betreiber, wie sie die Anliegen unserer Gesellschaft in erlebbare Räume umsetzen, würdigen wir mit dem Award und der Publikation Die schönsten Restaurants & Bars 2022 die gesamte Branche und ihren Einsatz für uns Gäste, gerade wieder im vergangenen Pandemiejahr. Den Lesern wünschen wir viel Vergnügen bei einer inspirierenden Entdeckungsreise durch die unterschiedlichsten Häuser – von Luxemburg, über Deutschland nach Österreich und in die Schweiz.
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