Dem Optimismus folgt neue Verunsicherung
Die erheblichen Belastungen, denen das Handwerk im Kammerbezirk Mannheim ausgesetzt war, bekommen mit dem Ukraine-Krieg eine neue Dimension. Schon jetzt sind starke Preissprünge bei Energie und Rohstoffen ein untrügliches Zeichen. Sie erreichen Rekordwerte und belasten Wirtschaft wie Verbraucher mit hohen Kosten. Dazu kommt noch die Sorge vor einer ungebrochenen Inflationstendenz, die Verbraucher bei Investitionen zurückhält und Handwerksbetrieben die Angebotskalkulation erschwert. Auch Störungen der Lieferketten und ein durch hohe Omikron-Infektionszahlen verschlimmerter Personalmangel bremsen das Handwerk schon seit Wochen aus.
Die aktuelle Geschäftslage
Und dennoch: Das erste Quartal 2022 nahm den Schwung zum Jahresauftakt und die weiterhin stabile Nachfrage nach Bauleistungen mit, um zunächst noch optimistisch nach vorn zu blicken. Knapp die Hälfte der befragten Handwerksunternehmen im Kammergebiet bewertete die aktuelle Geschäftslage mit „gut“. Das sind deutlich mehr als noch vor einem Jahr, als sich lediglich 39,6 Prozent betont zufrieden zeigten. Folgerichtig verbesserte sich der Geschäftslageindex aus positiven und negativen Bewertungen innerhalb eines Jahres von gerade einmal plus vier auf nunmehr plus 20,6 Punkte.
Auffällig ist jedoch die sehr unterschiedliche Stimmungslage bei verschiedenen Gewerken. Hier zeichnet sich ein Mix aus deutlich positiven und recht negativen Wahrnehmungen in der Region Mannheim Rhein-Neckar-Odenwald ab. Während das Ausbauhandwerk und das Bauhauptgewerbe eine sehr gute Geschäftslage verzeichneten, waren die Lageeinschätzungen im Kfz-Gewerbe und im Dienstleistungsgewerbe – wie schon im Vorjahr – mehrheitlich negativ.
Die Auftragssituation
Passend zur zweigeteilten Stimmung ist die Auftragslage im regionalen Handwerk, die sich insgesamt betrachtet jedoch besser als noch vor Jahresfrist darstellt. Knapp ein Drittel sprach von einem Anstieg an Aufträgen, ein Drittel aber auch von Auftragsrückgängen. Vor einem Jahr hatten allerdings noch 41,7 Prozent der Befragten über ein Auftragsminus geklagt. Die leichte Aufwärtstendenz zeichnet sich auch in der Betriebsauslastung ab. 34,7 Prozent der Betriebe berichten von einer Betriebsauslastung zwischen 80 und 100 Prozent. 17,1 Prozent arbeitete sogar über die Kapazitätsgrenzen hinaus – deutlich mehr als im Vorjahresquartal mit 5,4 Prozent. Steigende Umsätze verzeichneten im ersten Quartal 2022 dennoch nur lediglich 17 Prozent. Dafür berichteten mit 41 Prozent deutlich weniger Betriebe von einem Umsatzeinbruch gegenüber den 55,8 Prozent im Vergleichsquartal des Vorjahres.
Die optimistische Haltung der regionalen Betriebe schlägt sich zudem in der Investitionstätigkeit nieder. Sie zeigt sich in den ersten drei Monaten 2022 leicht belebt: Jeder Vierte nahm mehr Geld in die Hand und stockte seine Investitionssumme auf. Die große Mehrheit, nämlich rund 60 Prozent, bleibt beim gewohnten Volumen. Gesunken ist das Investitionsbudget bei jedem siebten Betrieb, nämlich 14,7 Prozent der Befragten gegenüber 29,2 Prozent im Vergleichszeitraum 2021.
Die Zukunftsprognosen
Und die Zukunft? Sie ist in der Handwerksregion im ersten Quartal 2022 noch getragen von einem Optimismus, den die Einflüsse mit Kriegsbeginn Ende Februar in der Ukraine voraussichtlich wohl verdunkeln werden. Noch aber führte die Befragung innerhalb des ersten Quartals mehrheitlich zu zuversichtlichen Prognosen. So erwartet gut die Hälfte der Betriebe eine Verbesserung der Geschäftslage – im ersten Quartal 2021 taten dies nur 35,9 Prozent. Der Konjunkturindikator für den Handwerkskammerbezirk, der aus dem Geschäftslage- und Erwartungsindex ermittelt wird, konnte binnen eines Jahres um 16,5 Zähler zulegen und erreichte plus 32 Punkte.
Jeder zweite Befragte rechnet zudem mit Auftragszuwächsen – deutlich mehr als im Vorjahresquartal (43,7 Prozent). Lediglich 8 Prozent befürchten Auftragseinbußen. Daraus leitet sich auch der Optimismus der regionalen Handwerksbetriebe in Bezug auf die weitere Umsatzentwicklung im Jahresverlauf 2022 ab. Eine große Mehrheit, nämlich 67 Prozent, ist zuversichtlich, dass die Umsatzkurve zukünftig nach oben zeigt. Vor Jahresfrist lag diese Zahl bei 54,3 Prozent und damit merklich verhaltener. Und doch stellen die große Unsicherheit durch den Krieg in der Ukraine, Auswirkungen durch Sanktionen gegen Russland, gestörte Lieferketten und Inflation eine sich abzeichnende Erholung und die damit verbundene Zuversicht wieder in Frage – ganz zu schweigen von den menschlichen Tragödien, die alle wirtschaftlichen Interessen überschatten.
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