Allianz und Klimaschutz: Europas größter Versicherungskonzern verpasst den fossilen Ausstieg
- Töchter Pimco und Allianz Global Investors schwach im Klimaschutz
- Gasausbau in den Philippinen unter Beteiligung der Allianz gefährdet den „Amazonas der Ozeane“ und Lebensgrundlage der Lokalbevölkerung
Anlässlich der heutigen Hauptversammlung der Allianz weist urgewald gemeinsam mit dem Dachverband der kritischen Aktionärinnen und Aktionäre sowie den Umweltorganisationen Reclaim Finance aus Frankreich und CEED aus den Philippinen auf die offenen Probleme im Klimaschutz des Konzerns hin.
Erst vergangenen Freitag hat die Allianz eine neue Richtlinie zu Öl und Gas veröffentlicht. urgewald und weitere Umweltorganisationen loben insbesondere den Ausschluss der Versicherung neuer Öl- und Gasfelder. Die neue Richtlinie adressiert jedoch nicht alle Probleme. Unter anderem gilt sie im Anlagenbereich nur für die Eigenanlage und nicht für die Gelder, die die Allianztöchter Pimco und Allianz Global Investors (AGI) für Dritte verwalten. Ähnlich verhält es sich bei der eigentlich guten Allianz-Richtlinie für Kohle. Die Konsequenz dessen verdeutlicht eine im Februar veröffentlichte Kohle-Finanzrecherche von urgewald. Darin belegt die Allianz-Gruppe Platz 20 im weltweiten Ranking von über 4.900 untersuchten Investoren. So hielt sie im November 2021 Aktien und Anleihen der globalen Kohleindustrie im Wert von 9,4 Milliarden US-Dollar, davon 6,4 Milliarden US-Dollar durch Pimco. Im Gegenantrag (1) fordern der Dachverband der kritischen Aktionärinnen und Aktionäre sowie urgewald deshalb, dass sich sowohl Pimco als auch AGI an der Kohlerichtlinie der Allianz ausrichten müssen. Andernfalls beschädigen sie weiterhin das Nachhaltigkeitsimage der Allianz.
„Das Problem, dass die guten Allianz-Richtlinien nur für die Eigenanlage und nicht selbstverständlich auch für die Verwaltung von Anlagen für Dritte gelten, wiederholt sich nun im Öl- und Gasbereich. So werden aber drei Viertel der gesamten Anlagen der Allianz-Gruppe außen vor gelassen. In dem Bereich Öl und Gas sind genauso Nachbesserungen auf Gesamtkonzernebene nötig wie bei der Kohle, damit wirklich alle Anlagen umfasst werden,“ so Regine Richter, Versicherungs-Kampaignerin bei urgewald.
Gasausbau auf den Philippinen unter Beteiligung der Allianz gefährdet „Amazonas der Ozeane"
Die Allianz ist zwar mit der neuen Öl- und Gasrichtlinie einen deutlichen Schritt gegangen in Richtung 1,5 Grad-Kompatibilität des eigenen Versicherungsgeschäftes. Aber im Bereich Erdgas bleiben zu viele Geschäfte weiterhin möglich. Dies bemängelt auch Gerry Arances, Geschäftsführer der philippinischen Umweltorganisation CEED. CEED wehrt sich gegen die massiven Ausbaupläne für Gaskraftwerke und Flüssiggasterminals auf den Philippinen, besonders in der Verde Island Passage (VIP). (2) „Die Verde Island Passage ist der ‚Amazonas der Ozeane‘, ein Hotspot mariner Biodiversität, absolut einzigartig auf der Welt. Aber acht neue Gasanlagen und sieben neue LNG-Terminals sind dort geplant. Sie gefährden den Artenreichtum der Region und damit auch die Lebensgrundlage der lokalen Bevölkerung. Die Allianz darf sich hier nicht weiter mitschuldig machen und muss die Vorhaben der Gasindustrie in der Verde Island Passage von einer Versicherung oder Investition ausschließen. Erdgas ist keine Lösung – es verhindert den konsequenten Wandel hin zu Erneuerbare Energien auf den Philippinen und auch weltweit“, sagt Gerry Arances. Laut Recherchen von CEED hält die Allianz Anleihen der philippinische San Miguel Corporation (SMC), welche im letzten Herbst ausgegeben wurden, hauptsächlich um Investitionen in das 1.313 MW Gaskraftwerk Batangas und zugehörige Einrichtungen (z.B. Flüssiggasterminals) zu finanzieren. (3)
Reclaim Finance wird heute noch mit Unterstützung von urgewald eine detaillierte Analyse der neuen Öl- und Gasrichtlinie der Allianz veröffentlichen. Die französische Klimaschutzorganisation wird die Richtlinie hierfür mit entsprechenden Richtlinien von Wettbewerbern vergleichen, wegweisende Elemente loben und gleichzeitig auf die Schwächen und Probleme hinweisen. In Kürze ist die Analyse hier (in Englisch) zu finden: https://reclaimfinance.org/site/en/category/blog_en/
Anmerkungen
(1) https://www.kritischeaktionaere.de/allianz/doppelter-standard-beim-klimaschutz-unsere-gegenantraege/
(2) https://powerphilippines.com/smc-global-power-raises-150m-for-batangas-lng-plant-project/
(3) Weitere Informationen zum Gasausbau in der Verde Island Passage (VIP)
Die Philippinen gehören zu den asiatischen Ländern, die ihre Gasexpansion massiv vorantreiben. Nachdem beim Ausbau philippinischer Kohlekraftwerke ein Ende abzusehen ist, beginnt das Land sich nun von Erdgas abhängig zu machen. Die Gaskapazität des Landes soll von derzeit 3,42 GW auf 29,64 GW anwachsen. Da das wichtigste einheimische Gasfeld der Philippinen, Malampaya, zur Neige geht, öffnet das Land mit neun geplanten LNG-Terminals auch seine Schleusen für Gasimporte – zu Lasten des Ausbaus Erneuerbarer Energien.
Das Epizentrum der massiven Expansionspläne für fossiles Gas ist ein Hotspot der marinen Biodiversität, bekannt als Verde Island Passage (VIP). Im Herzen des Korallendreiecks im südlichen Teil von Luzon gelegen, beherbergt VIP etwa 60% der weltweit bekannten Küstenfischarten, mehr als 300 Korallenarten und Tausende andere Tierarten – und ist damit der artenreichste Meereslebensraum der Welt, vergleichbar mit dem Amazonas. Diese wertvolle Küstenregion ist jedoch gefährdet. In der Region Batangas, in der die VIP liegt, sollen 8 von 27 geplanten neuen Anlagen (d. h. 11,8 GW von insgesamt 29,6 GW) und 7 von 9 geplanten Terminals gebaut werden. Örtliche Interessengruppen aus Tourismus und Fischerei sowie ihre Unterstützer fürchten, dass der Gas-Boom die VIP zerstören wird. So können stark zunehmender, lärmender Schiffsverkehr und Temperaturänderungen durch das Ab- und Zuleiten von Meerwasser dem Meereskorridor schaden und hierdurch dem lokalen Artenreichtum.
Mehr auf https://www.protectvip.org/
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