Bundesarbeitsgericht: Wer Geld für Überstunden will, muss diese nachweisen
Wann lassen sich Überstunden auszahlen?
In dem vom Bundesarbeitsgericht gerade entschiedenen Fall klagte ein Arbeitnehmer. Er forderte die Vergütung von etwa 350 Überstunden. „Wenn Arbeitsverhältnisse enden, verlangen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer immer wieder Geld für unzählige Überstunden“, weiß der Fachanwalt für Arbeitsrecht Gunnar Roloff. Sein Tipp: Damit Arbeitnehmer Überstunden nicht über einen längeren Zeitraum geltend machen können, sollten Arbeitsverträge die aktuellen Anforderungen der Rechtsprechung enthalten. „Im Idealfall spart das Arbeitgebern den extrem lästigen Zeitaufwand für die Prüfung vermeintlicher Überstunden.“ (Urteil vom 04.05.2022 5 AZR 359/21)
Fordern Arbeitnehmer Geld für geleistete Überstunden und klagen diese ein, dann müssen sie folgendes nachweisen:
- Sie haben die Arbeit in einem der normalen Arbeitszeit übersteigenden Umfang geleistet oder sich auf Weisung des Arbeitgebers hierzu bereitgehalten und
- der Arbeitgeber hat die geleisteten Überstunden angeordnet, geduldet oder nachträglich gebilligt.
Die Entscheidung des BAG ist aus Roloffs Sicht bemerkenswert, weil das Bundesarbeitsgericht jetzt klargestellt hat, dass sich diese Nachweispflichten auch nicht durch die vom Europäischen Gerichtshof (EuGH) begründete Pflicht zur Einführung eines Arbeitszeiterfassungs-Systems geändert haben. Das Arbeitsgericht Emden war noch der Ansicht, durch das Urteil des EuGH vom 14.05.2019 ändere sich die Nachweispflicht im Überstundenvergütungsprozess – C-55/18 – [CCOO]. „Das Urteil des EuGH sollte Arbeitgeber dazu verpflichten, dass sie ein objektives, verlässliches und zugängliches Arbeitszeiterfassungssystem einführen müssen“, so Roloff.
Reicht eine Arbeitszeiterfassung zum Nachweis von Überstunden aus?
Das Bundesarbeitsgericht hat nun klargestellt, dass die Nachweispflichten für Überstunden auch vor dem Hintergrund der EuGH-Entscheidung von 2019 gelten. Begründet hat das BAG seine Entscheidung, dass das Urteil des EuGHs die Auslegung und Anwendung der Arbeitszeitrichtlinie regelte. Diese Bestimmungen zielen auf den Schutz, die Sicherheit und die Gesundheit von Arbeitnehmern ab, erläutert Arbeitsrechtler Roloff. „Sie haben nichts mit der Vergütung von Arbeitnehmern zu tun“, stellt er klar.
Mit dem BAG-Urteil sind Unternehmen in einem Vergütungsrechtsstreit nach wie vor in einer ziemlich komfortablen Situation. „Arbeitnehmer können nur im Einzelfall nachweisen, wann genau welche Überstunden und warum angefallen sein sollen“, berichtet Roloff aus seiner langjährigen Prozesserfahrung.
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