Abokonzert 12 »Torso« Gürzenich-Orchester Köln
Mit Beginn seiner Kölner Tätigkeit als Generalmusikdirektor und Gürzenich-Kapellmeister begann François-Xavier Roth einen Zyklus sämtlicher Bruckner-Sinfonien, die nicht nur im Konzert erklingen, sondern auch als CD-Edition herausgebracht werden. Dabei unterstreicht Roth unter dem Motto »Bruckner, der Moderne« sowohl Bruckners eigene Fortschrittlichkeit und visionäre Kraft als auch seine Bedeutsamkeit für die Musik unserer Tage, wie hier im Kontrapunkt mit Musik von György Ligeti. »Bruckner und Ligeti loten in ihrer Musik die Extreme aus, zwischen dem Nichts und der totalen Fülle«, so François-Xavier Roth. Im Falle der Neunten führt Roth die Sinfonie in ihrer fragmentarischen Gestalt auf: Eine weitere »vollendet-unvollendete« Sinfonie wie die h-Moll Sinfonie von Franz Schubert. Eine CD mit der 7. Sinfonie ist bereits erhältlich, eine mit der 4. Sinfonie in der Urfassung erscheint in Kürze.
Umarbeitungen prägen indirekt auch Anton Bruckners 9. Sinfonie. Allerdings die anderer eigener Werke wie der Ersten, Dritten, Vierten und Achten, vorgenommen als Folge von Unverständnis und Ablehnung durch Publikum und Kritik. Erst 1891, fünf Jahre vor seinem Tod, wagte sich der Komponist wieder an eine Sinfonie: Die Neunte Sinfonie verneigt sich vor Beethoven, nimmt Bezug auf Wagner und bereitet Mahler die Bahn. Bruckner öffnet Abgründe der Seele und feiert gleichzeitig – im Bewusstsein des bald bevorstehenden eigenen Todes – das Leben. Dass dieser Monolith nur als Torso überliefert ist, liegt möglicherweise auch daran, dass unmittelbar nach Bruckners Tod diverse Partiturbögen verschwanden. Darunter auch größere Teile des Finales der Neunten. Der 4. Satz lag allerdings sehr wahrscheinlich zumindest in einem ersten, keineswegs endgültigen Stadium schon vollständig vor, bis 2012 konnten von 653 Takten immerhin 557 wieder zusammentragen werden.
Mit Bruckners 9. Sinfonie kombiniert François-Xavier Roth eine andere Ikone des sinfonischen Repertoires. Auch Franz Schuberts 7. Sinfonie, die »Unvollendete«, ist ein Torso. Warum Schubert die Arbeit an seiner Siebten abbrach, gibt bis heute Rätsel auf. Erst 37 Jahre nach dem Tod des Komponisten wurden die beiden vollendeten Sätze uraufgeführt, die der Dirigent Giuseppe Sinopoli eine »kultische Feier des verlorenen Heils« nannte. Damit spielt er auf möglicherweise im Werk verschlossene tragische Seelenbekenntnisse Schuberts an – und unterstützt den Mythos um einen jung verstorbenen Frühvollendeten.
Kein Konzert, das einen Solisten glanzvoll in Szene setzt, ist das 1966 geschriebene Violoncellokonzert von György Ligeti. Hier geht es nicht um bravouröses Auftrumpfen, sondern um eine mikroskopisch präzise Sektion von Strukturen zwischen Linie und Mikropolyphonie, um die Erkundung von Stille und kaum Hörbarem, um die Verschmelzung von Klang und Geräusch. JeanGuihen Queyras ist der Solist in diesem »Anti-Konzert« von geradezu hypnotischer Wirkung und verabschiedet sich hiermit als Artist in Residence 2021/22 des Gürzenich-Orchesters.
Jean-Guihen Queyras als Artist in Residence des Gürzenich-Orchesters
In seiner Rolle als Gastgeber für den Residenzkünstler Jean-Guihen Queyras reiht sich das Gürzenich-Orchester Köln in eine prominente Riege von Konzerthäusern, Festivals und Orchestern ein, mit denen der Cellist bereits als Artist in Residence zusammengearbeitet hat. In den vergangenen Saisons waren das die Londoner Wigmore Hall und Radio France, zuvor u. a. das Festival d’Aix-en-Provence und das Concertgebouw Amsterdam. Seine Residenz in Köln eröffnete Queyras im Januar mit der Uraufführung der revidierten Fassung des für ihn geschriebenen Cellokonzertes von Vito Žuraj und Richard Strauss’ »Don Quixote«. Nun stellt er sich den enormen Anforderungen des Cellokonzerts von György Ligeti.
Als Solist ist Jean-Guihen Queyras regelmäßig zu Gast bei renommierten internationalen Orchestern wie dem Philadelphia Orchestra, dem Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks, dem London Symphony Orchestra sowie dem Gewandhausorchester Leipzig oder dem Tonhalle-Orchester Zürich. Dabei arbeitet er mit Dirigenten wie Iván Fischer, Philippe Herreweghe, Yannick Nézet-Séguin und Sir John Eliot Gardiner zusammen. Zudem ist Jean-Guihen Queyras Professor an der Musikhochschule Freiburg.
Beeindruckend und hochgelobt ist die Diskografie von Jean-Guihen Queyras: Auch da präsentiert er sich als experimentierfreudiger Grenzgänger zwischen den Meilensteinen des Cello-Repertoires und ungewöhnlichen Projekten.
TORSO
ABOKONZERT 12
So 19.06.22 11 Uhr
Mo 20.06.22 20 Uhr
Di 21.06.22 20 Uhr
Kölner Philharmonie
Am 21.06. auch im Livestream GO+
Franz Schubert
Sinfonie Nr. 7 h-Moll D 759
»Unvollendete«
1822
György Ligeti
Violoncellokonzert
1966
Anton Bruckner
Sinfonie Nr. 9 d-Moll WAB 109
1887–96
Jean-Guihen Queyras Violoncello
Gürzenich-Orchester Köln
François-Xavier Roth Dirigent
€ 43 / 34 / 27 / 18 / 14 / 9
Karten für das Konzert sind hier erhältlich:
https://www.guerzenich-orchester.de/…
Gürzenich-Orchester Köln
Bischofsgartenstr. 1
50667 Köln
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