Von der Duldung zum dauerhaften Aufenthalt: Es bleiben viele Fragen offen
„Das jahrelange Verharren in der Unsicherheit einer Duldung, die jederzeit in einer Abschiebung enden kann, ist für viele Geflüchtete, und vor allem für unsere Patient:innen und Klient:innen, eine große psychische Belastung. Zusätzlich zu dem ohnehin großen Bedarf an therapeutischen, medizinischen und sozialarbeiterischen Maßnahmen führen die andauernde Perspektivlosigkeit und das Fehlen stabiler Lebensverhältnisse häufig zu besonders chronifizierten und langwierigen Krankheitsverläufen. Insofern begrüßen wir grundsätzlich die nun gestartete Initiative des Bundesinnenministeriums und das Vorhaben, Menschen aus der andauernden Duldung heraus in einen dauerhaften Aufenthalt zu führen“, sagt Prof. Dr. Karin Weiss, Geschäftsführerin im Zentrum ÜBERLEBEN.
Ein großes Problem sind jedoch die Bedingungen, die in dem Gesetzesvorhaben genannt werden. Insbesondere die finanzielle Unabhängigkeit ist für die meisten geduldeten Menschen, und vor allem für unserer Patient:innen und Klient:innen, innerhalb eines Jahres kaum erbringbar, da sie mit dem Duldungsstatus häufig weder einen Sprachkurs noch eine Qualifizierungsmaßnahme besuchen können. Die Realität sieht vielmehr so aus, dass viele Menschen monate- und jahrelang in Gemeinschaftsunterkünften leben, in denen sie aus vielerlei Gründen von diesen Maßnahmen abgeschnitten sind. Das alles in einem Jahr aufzuholen und damit die Voraussetzungen für eine dauerhafte Aufenthaltserlaubnis zu erfüllen, ist kaum machbar. Dabei spielen psychosoziale Belastungen der Geflüchteten genauso eine Rolle wie die knappen Kapazitäten an Kursen für Menschen mit Duldung. „Wir befürchten, dass am Ende nur sehr wenige Menschen von dieser Gesetzesänderung direkt profitieren würden. Für eine effektivere und wirkungsvollere Ausgestaltung des Chancen-Aufenthaltsrechts, z.B. durch zusätzliche Unterstützung während der einjährigen Frist, bleiben leider noch viele Frage offen“, sagt Prof. Dr. Weiss.
Das Zentrum ÜBERLEBEN setzt sich national und international für Überlebende von Folter und Kriegsgewalt ein. Bei uns suchen Männer, Frauen und Kinder aus rund 50 Ländern Hilfe. Die Hilfesuchenden erhalten medizinische, psychotherapeutische, sozialarbeiterische und integrative Unterstützung. Um Sprachbarrieren im interkulturellen Beratungs- und Behandlungssetting zu überwinden, arbeiten wir mit speziell geschulten Sprach- und Kulturmittler*innen zusammen. Neben der Rehabilitation von traumatisierten Geflüchteten steht auch die Integration und berufliche Qualifizierung bis hin zur gesellschaftlichen Teilhabe von Menschen mit unterschiedlichen Flucht- und Migrationserfahrungen im Mittelpunkt unserer Arbeit.
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