Neue BEW-Wärmenetzförderung bremst kommunale und gewerbliche Quartiersprojekte
Rund 1 Jahr nach dem ersten Entwurf soll am 15. September 2022 die neue Bundesförderung Effiziente Wärmenetze (BEW) in Kraft treten. Die BEW tritt damit die Nachfolge des bisherigen BAFA-Förderprogramms Wärmenetzsysteme 4.0 an – mit vielen wesentliche Neuerungen.
Demnach werden grundsätzlich nur noch Wärmenetze gefördert, die eine Treibhausgasneutralität (THG-Neutralität) bis 2045 erreichen können. War bisher für eine Förderung 50 % Anteil erneuerbare Wärme, Abwärme oder Biomasse (kurz: EAB) ausreichend, so müssen künftig neue Wärmenetze einen Anteil von mindestens 75 % EAB aufweisen. Dazu muss ein Transformationsplan erstellt werden, der aufzeigt, wie bis 2045 die THG-Neutralität erreicht wird – einschließlich Zwischenzielen für die Wegmarken 2030, 2035 und 2040.
Im Gegenzug können nun erstmalig auch Anträge für Bestandsnetze gestellt werden, die nur schrittweise transformiert werden können. Der erste Schritt muss dabei nicht mehr – wie bisher – bereits einen 50 %-EAB-Anteil erreichen, wenn der Transformationsplan die THG-Neutralität bis 2045 aufzeigt.
Weiterhin wurde der Anwenderkreis deutlich erweitert. Wurden bisher nur Projekte ab 100 Gebäude bzw. 3.000 MWh/a Wärmebedarf gefördert – bei besonders innovativen Konzepten auch ab 20 Gebäuden bzw. 1.000 MWh/a – so sind künftig grundsätzlich Projekte ab 17 Gebäude bzw. 100 Wohneinheiten (WE) förderfähig. Hierdurch kommen (endlich) auch verdichtete Wohnbauquartiere, z.B. auf Konversionsflächen in Innenstädten, in den Genuss der Förderung.
Kommunale und gewerbliche Quartiere werden ausgebremst
Gleichzeitig wurde jedoch auch der Mindest-Wärmebedarf gestrichen – ohne eine entsprechende Flächenregelung für Nichtwohngebäude analog zu der WE-Regelung für die Wohnungswirtschaft. So fallen künftig viele kommunale und gewerbliche Areale durch das Förderraster. Diese haben zwar häufig einen sehr hohen Wärmebedarf, aber nur wenige Gebäude.
Diese Projekte sollen künftig nur noch die Bundesförderung Effiziente Gebäude (BEG) in Anspruch nehmen können. Dort beträgt aber die Investitionsförderung – nach den drastischen Kürzungen im Juli 2022 – nur noch 25 % und damit rund 40 % weniger als bei der BEW. Auch werden keine Machbarkeitsstudien wie bei der BEW gefördert.
Warum Kommunen und Gewerbeunternehmen derart ausgebremst werden, ist nicht nachvollziehbar. Denn auch diese Akteure leiden unter den extrem gestiegenen Erdgaspreisen. Und Maßnahmen in diesen Bereichen würden im Sinne der Förderrichtlinie sehr schnell sehr große Mengen an CO2 einsparen. Eine Frage also, die das BMWK beantworten muss.
Nur noch Förderung der „Wirtschaftlichkeitslücke“
Ein weiteres Hemmnis sind die neuen Anforderungen an die Wirtschaftlichkeit. Reichte bisher ein klimafreundliches Versorgungskonzept, eine nachvollziehbare Investitionskostenrechnung sowie eine Cashflow-Berechnung für 20 Jahre, um einen positiven Investitionsförderbescheid zu erhalten, so muss heute im Detail eine Wirtschaftlichkeitslücke nachgewiesen werden.
Hierfür muss man aufzeigen, dass „die beantragte Förderung unter Berücksichtigung sämtlicher Kosten-, Erlös- und Förderkomponenten über die Lebenszeit des zu fördernden Projekts sowie eines plausiblen kontrafaktischen Falls für die Wirtschaftlichkeit des Vorhabens erforderlich ist“ (BMWK, BEW-Richtlinie, §7.1.2). Die Gesamtförderung wird demnach auf diese Wirtschaftlichkeitslücke begrenzt.
Wie man Kosten und Erlöse für die nächsten 40 Jahre, der Mindestlebenszeit von Wärmenetzen, also bis zum Jahr 2062, unter den aktuellen Rahmenbedingungen einer Klima- und Gaskriese mit exorbitant gestiegenen und stark fluktuierenden Börsenpreisen plausibel kalkulieren soll, ist aktuell noch ein Geheimnis des BMWK. Man kann nur hoffen, dass die BAFA in einem künftigen Merkblatt einen praxistauglichen Weg hierfür aufzeigt.
Fazit
Die Ausweitung des Förderprogramms auf Bestandsnetze ist klar positiv zu bewerten, ebenso die Ausrichtung auf die THG-Neutralität bis 2045. Die Mindestanforderungen sollten hingegen so angepasst werden, dass Projekte von Kommunen und Gewerbeunternehmen weiterhin förderberechtigt sind, denn hier lassen sich – im Sinne der Förderrichtlinie – sehr schnell sehr große Mengen an CO2 einsparen. Und für die Berechnung der Wirtschaftlichkeitslücke braucht es praxistaugliche Vorlagen der BAFA, mit denen die Fördermittel belastbar vorkalkuliert werden können, denn sonst verliert das Förderprogramm deutlich an Attraktivität.
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zu Dr. Harald Schäffler
Dr. Harald Schäffler ist Geschäftsführer des Ingenieurbüros schäffler sinnogy. BAFA- bzw. dena-zertifizierter Energieeffizienzexperte für Wohngebäude, Nichtwohngebäude sowie für Energieaudits. Er hat bereits über 50 BAFA-geförderte Energiekonzepte für Nichtwohngebäude durchgeführt sowie über 25 BAFA-geförderte Machbarkeitsstudien für Wärmenetzsysteme 4.0. Damit zählt er heute zu einem der führenden Experten im Bereich klimaneutrale Quartiersversorgung.
schäffler sinnogy ist ein Ingenieurbüro und Innovationsunternehmen im Energiebereich. Wir unterstützen Kommunen, Organisationen und Unternehmen dabei, eine kosteneffiziente und nachhaltige Energieversorgung umzusetzen.
Dazu erstellen wir ein spartenübergreifendes und technologieoffenes Energiekonzept, das die individuellen Kundenbedürfnisse und Rahmenbedingungen abbildet. Je nach Bedarf entwickeln wir Maßnahmen, die durch den Einsatz ressourcenschonender und innovativer Versorgungstechnologien (z. B. BHKW, Photovoltaik oder Speichertechnologien) die Energieeffizienz verbessern.
Diese umfassende technologische, ökologische und ökonomische Betrachtung gibt unseren Kunden eine fundierte Entscheidungsgrundlage für die Umsetzung ihres Projekts. Entsprechende Maßnahmen werden aktuell durch attraktive öffentliche Zuschüsse von bis zu 80 % des Beratungshonorars gefördert.
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