Finanzen / Bilanzen

Neue Werte

Die Wahrscheinlichkeit, dass die deutsche Wirtschaft in den kommenden drei Monaten in eine Rezession gerät, ist zuletzt weiter gestiegen. Das signalisiert der Konjunkturindikator des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) der Hans-Böckler-Stiftung. Für den Zeitraum von September bis Ende November weist der Indikator ein Rezessionsrisiko von 64,1 Prozent aus. Anfang August betrug die Rezessionswahrscheinlichkeit für die folgenden drei Monate noch 57,8 Prozent. Die statistische Streuung, ein Maß für die Unsicherheit von Wirtschaftsakteuren, liegt aktuell bei 15,4 Prozent. Das nach dem Ampelsystem arbeitende Frühwarninstrument steht wie in den Vormonaten auf "rot".

Der Anstieg bei der Rezessionswahrscheinlichkeit hängt stark mit realwirtschaftlichen Daten zusammen, die in den Indikator einfließen: Die hohen Energie- und Nahrungsmittelpreise belasten den privaten Verbrauch infolge des drastischen Kaufkraftverlusts der Haushalte. Zudem dämpfen insbesondere die hohen Gaspreise die wirtschaftliche Aktivität. Der Industrieproduktion fehlt es an Schwung. Waren es in den Vormonaten vor allem Lieferengpässe, die ein stärkeres Produktionswachstum verhinderten, drohen inzwischen auch nachfrageseitige Rückgänge, analysiert das IMK. Die Auftragseingänge aus dem Inland, insbesondere jene für chemische und pharmazeutische Erzeugnisse und für den Maschinenbau, waren im Juli stark abwärtsgerichtet. Auf der Exportseite macht sich das schwächere weltwirtschaftliche Wachstum infolge der US-Zinserhöhungen und der weniger expansiven konjunkturellen Stützungsmaßnahmen in China bemerkbar.

Weitere Impulse für die Eintrübung im Konjunkturindikator kommen von den Finanzmärkten. So sanken die Aktienkurse im August um fünf Prozent. Der Finanzmarktstressindex des IMK, der einen breiten Kranz von Finanzmarktindikatoren zusammenfasst, bewegt sich auf weiterhin hohem Niveau seitwärts. Dagegen konnte ein leichter Rückgang der Kreditrisikoprämien, die eine Verbesserung der Finanzierungsbedingungen für Unternehmen anzeigt, einen noch stärkeren Anstieg der Rezessionswahrscheinlichkeit verhindern.

"In den kommenden Monaten belasten absehbar die hohen Energie- und Nahrungsmittelpreise den Konsum, weil die Menschen an anderer Stelle sparen müssen. Um die Konjunktur zu stabilisieren, ist es deshalb wichtig, dass die Kaufkraft der Bevölkerung gestützt wird", beschreibt Prof. Dr. Sebastian Dullien, der wissenschaftliche Direktor des IMK, das aktuelle Konjunkturbild. "Dazu sind jetzt angemessene Lohnerhöhungen und staatliche Entlastungsmaßnahmen wie eine schnelle Umsetzung der Strompreisbremse und eines Gaspreisdeckels für den Grundverbrauch notwendig."

"Das dritte Entlastungspaket der Bundesregierung wird die Rezession über den Winter höchstwahrscheinlich zwar nicht verhindern; es kann aber bei entschlossener Umsetzung die Tiefe und Dauer reduzieren", sagt Dr. Thomas Theobald, Referatsleiter für Finanzmärkte und Konjunktur beim IMK. "Man muss in den nächsten Monaten immer wieder fragen, ob das reicht und bereit sein, weiter nachzulegen." Notfalls kurzfristige Flexibilität sei auch bei der Geldpolitik gefragt, betont der Wissenschaftler "Die EZB hat mit ihren deutlichen Zinserhöhungen vom Juli und September das Signal gesetzt, die Inflation einzudämmen. Ein zu steiler Zinspfad birgt aber in der jetzigen Situation die Gefahr, dass die realwirtschaftlichen Kosten den Nutzen überschreiten und die Konjunktur zu stark gebremst wird."

In den IMK-Konjunkturindikator fließen zahlreiche Daten aus der Real- und der Finanzwirtschaft ein. Darüber hinaus berücksichtigt das Instrument Stimmungsindikatoren. Das IMK nutzt die Industrieproduktion als Referenzwert für eine Rezession, weil diese rascher auf einen Nachfrageeinbruch reagiert als das Bruttoinlandsprodukt. Der Konjunkturindikator wird monatlich aktualisiert.

Zum IMK-Konjunkturindikator: https://www.imk-boeckler.de/de/imk-konjunkturampel-15362.htm 

Firmenkontakt und Herausgeber der Meldung:

Hans-Böckler-Stiftung
Hans-Böckler-Straße 39
40476 Düsseldorf
Telefon: +49 (211) 7778-0
Telefax: +49 (211) 7778-120
http://www.boeckler.de

Ansprechpartner:
Dr. Thomas Theobald
IMK-Konjunkturexperte
Telefon: +49 (211) 7778-215
E-Mail: Thomas-Theobald@boeckler.de
Rainer Jung
Leiter Pressestelle
Telefon: +49 (211) 7778-150
E-Mail: Rainer-Jung@boeckler.de
Für die oben stehende Pressemitteilung ist allein der jeweils angegebene Herausgeber (siehe Firmenkontakt oben) verantwortlich. Dieser ist in der Regel auch Urheber des Pressetextes, sowie der angehängten Bild-, Ton-, Video-, Medien- und Informationsmaterialien. Die United News Network GmbH übernimmt keine Haftung für die Korrektheit oder Vollständigkeit der dargestellten Meldung. Auch bei Übertragungsfehlern oder anderen Störungen haftet sie nur im Fall von Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit. Die Nutzung von hier archivierten Informationen zur Eigeninformation und redaktionellen Weiterverarbeitung ist in der Regel kostenfrei. Bitte klären Sie vor einer Weiterverwendung urheberrechtliche Fragen mit dem angegebenen Herausgeber. Eine systematische Speicherung dieser Daten sowie die Verwendung auch von Teilen dieses Datenbankwerks sind nur mit schriftlicher Genehmigung durch die United News Network GmbH gestattet.

counterpixel