Kunst & Kultur

Karimah Ashadu erhält den Kunstpreis der Böttcherstraße in Bremen 2022

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– Preisverleihung: Dienstag, 18. Oktober 2022, 19 Uhr in der Kunsthalle Bremen
– Ausstellungslaufzeit: Bis 30. Oktober 2022

Die Jury des diesjährigen Kunstpreises der Böttcherstraße in Bremen spricht der Künstlerin Karimah Ashadu (vorgeschlagen von Bettina Steinbrügge, Mudam Luxembourg) den mit 30.000 Euro dotierten Preis zu. Die Werke der Preisträgerin sowie der weiteren acht nominierten Künstler*innen sind noch bis zum 30. Oktober 2022 in der Kunsthalle zu sehen.

Die Künstlerin Karimah Ashadu (geboren 1985 in London, lebt in Hamburg, Lagos und UK) präsentiert in der Kunsthalle Bremen die Videoarbeit „Cowboy“ (2022).

In der Raumkomposition wird der Blick zwischen zwei Projektionen geführt. Mal bleibt der eine Kanal dunkel, während der andere die Aufmerksamkeit der Zuschauer*innen bannt, bis der erste Kanal mit seinem Spiel aus Licht und Schatten wieder die Blicke auf sich zieht. Auf diese Weise bindet uns das Diptychon in seinen Dialog ein.

Auf der linken Seite sind kontemplative Bilder von sich im Wind wiegenden Palmen und rauschenden Meereswellen zu sehen. Auf der rechten Seite lernen wir einen Mann namens „Cowboy“ kennen, der sich mit Leib und Seele der Pflege von Pferden verschrieben hat. Wir sehen, wie er sein Pferd mit Futter versorgt, abreibt oder auf ihm reitet. Derweil erzählt er über sein Leben, seine Herkunft und das überwältigende Gefühl, das ihn durchströmt, sobald er auf einem Pferd sitzt. In Verbindung mit der Weite des Meeres, das sich in Bild und Ton durch die gesamte Arbeit zieht, wird dieses Gefühl für uns greifbar: Freiheit und Unabhängigkeit. Vielleicht ist es auch das Empfinden von Macht? In einer Szene sitzt „Cowboy“ erhöht auf seinem Pferd und sieht direkt in die Kamera. Der Blickwinkel der Kamera fordert ein, dass wir zu ihm hinaufschauen. Diese Hierarchie des Blicks ist besonders fesselnd, wenn er uns reitend umkreist. Der andere Bildschirm bleibt in diesem Moment dunkel, was den Moment intensiviert. Während er uns sonst den Rücken zuwendet, nimmt uns jetzt sein Blick gefangen.

Auch wenn die wogende Weite des Meeres ein Gefühl von Freiheit vermittelt, ist es ebenso Zeuge der Gräueltaten des transatlantischen Sklavenhandels und heutiger Migrationsbewegungen. „Cowboy“ reitet der aufgewühlten grauen See zwar entgegen, bleibt jedoch am Ufer stehen. Er wagt sich nicht hinein. In der letzten Szene fokussiert die Kamera das gemächliche Auslaufen der Wellen auf dem Sandstrand.

Unwillkürlich denken wir wieder an die positiven Assoziationen des Meeres. Im Zusammenspiel mit den Palmen, durch deren Blätter das Sonnenlicht bricht, überwiegt das Gefühl von Freiheit. Schließlich ist der Palmwedel seit der Antike ein Symbol für Sieg, Frieden und Unabhängigkeit.

Die Begründung der Jury:

„In ihrer zugleich einfachen wie dichten Filminstallation „Cowboy“ gelingt es Karimah Ashadu poetisch und sinnlich die persönliche Geschichte des Protagonisten in Beziehung zu kolonialen Strukturen zu setzen. Die Intimität zwischen Pferd und Reiter, die Grundlage des Films, zusammen mit der Szenerie von Strand und Meer, suggeriert ein Gefühl der Freiheit und verweist gleichzeitig auf Aspekte der Schwarzen Geschichte. Die Erzählstimme des ‚Cowboys‘, die den Film begleitet, bestätigt die tiefe innere
Verbundenheit zwischen Mensch und Tier, während seine eigene multikulturelle Biografie das Thema der Migration aufgreift.
Die Kameraführung ist ebenso überraschend wie gekonnt, die Zuschauer*innen sind gebannt.“

Die Mitglieder der Jury 2022 sind:

• Dr. Yilmaz Dziewior, Museum Ludwig, Köln
• Johann Holten, Kunsthalle Mannheim
• Prof. Susanne Pfeffer, Museum für Moderne Kunst, Frankfurt am Main
• Prof. Christoph Ruckhäberle, Hochschule für Grafik und Buchkunst, Leipzig
• Dr. Andrea Schlieker, Tate Britain, London

Die öffentliche Preisverleihung mit Karimah Ashadu ist am Dienstag, 18. Oktober 2022 um 19 Uhr
in der Kunsthalle Bremen.

Für den Kunstpreis der Böttcherstraße 2022 nominiert und in der Ausstellung vertreten sind:

Karimah Ashadu (geb. 1985 in London, lebt in Hamburg, Lagos und UK)
vorgeschlagen von Bettina Steinbrügge, Mudam Luxembourg, zuvor Kunstverein in Hamburg

Nadja Buttendorf (geb. 1984 in Dresden, lebt in Berlin)
vorgeschlagen von Hilke Wagner, Albertinum, Dresden

Pınar Ögrenci (geb. 1973 in Van (Türkei), lebt in Berlin)
vorgeschlagen von Natasha Ginwala, Gropius Bau, Berlin

Leunora Salihu (geb. 1977 in Prishtina (Kosovo), lebt in Düsseldorf)
vorgeschlagen von Roland Mönig, Von der Heydt-Museum, Wuppertal

Oskar Schmidt (geb. 1977 in Erlabrunn (DDR), lebt in Berlin)
vorgeschlagen von Prof. Dr. Christoph Grunenberg, Kunsthalle Bremen

Marianna Simnett (geb. 1986 in London, lebt in Berlin und London)
vorgeschlagen von Thomas D. Trummer, Kunsthaus Bregenz

Wanda Stolle (geb. 1985 in Berlin, wohnt in Berlin)
vorgeschlagen vom Stifterkreis des Kunstpreises der Böttcherstraße

Noemi Weber (geb. 1989 in Moskau, lebt in Düsseldorf)
vorgeschlagen von Dr. Yvette Mutumba, Contemporary And (C&), Berlin und Universität der Künste, Berlin

Anna Witt (geb. 1981 in Wasserburg am Inn, lebt in Wien)
vorgeschlagen von Severin Dünser, Belvedere 21, Wien

Der Kunstpreis der Böttcherstraße in Bremen

Seit über sechzig Jahren wird der Kunstpreis der Böttcherstraße in Bremen verliehen. Er zählt zu den anerkanntesten und mit 30.000 Euro Preisgeld am höchsten dotierten Auszeichnungen, die im Bereich der zeitgenössischen Kunst in Deutschland vergeben werden. Im Zweijahresrhythmus schlagen angesehene Kurator*innen unabhängig voneinander je eine*n Künstler*in vor, die*der aus dem deutschsprachigen Raum stammt oder in ihm lebt. Eine unabhängige Jury bestimmt dann die*den Gewinner*in der Wettbewerbsausstellung. 2022 wird die Auszeichnung zum 48. Mal vergeben. Getragen wird der Kunstpreis seit 1985 von einem Stifterkreis, der sich aus engagierten Mitgliedern des Kunstvereins in Bremen zusammensetzt. Der Stifterkreis ermöglicht zudem den Ankauf eines Werks des* der jeweiligen prämierten Künstler*in. Der Kunstpreis der Böttcherstraße in Bremen hat sich im Lauf seiner Geschichte zum aussagekräftigen Stimmungsbarometer der internationalen Kunstszene entwickelt. In der Vergangenheit waren unter den vorgeschlagenen und ausgezeichneten Künstler*innen zahlreiche Namen, die in den folgenden Jahren in der internationalen Kunstszene große Aufmerksamkeit erhielten: etwa Wolfgang Tillmans und Tomma Abts, die später mit dem Turner Prize ausgezeichnet wurden, oder Dirk Skreber, der den Preis der Nationalgalerie für junge Kunst erhielt.

Vorherige Preisträger des Kunstpreises der Böttcherstraße in Bremen

2020: Ulrike Müller
2018: Arne Schmitt
2016: Emeka Ogboh
2014: Nina Beier
2012: Daniel Knorr
2009: Thea Djordjadze
2007: Ulla von Brandenburg
2005: Clemens von Wedemeyer
2003: Tino Sehgal
2001: Heike Aumüller
1999: Olaf Nicolai
1997: Ólafur Elíasson
1995: Wolfgang Tillmans
1993: Martin Honert
1991: Thomas Lehnerer
1989: Stephan Balkenhol
1987: Eberhard Bosslet
1985: Martin Disler

Katalog
Im Laufe der Ausstellung erscheint ein Katalog (ISBN 978-3-935127-51-6).

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