-
Kann man jemanden durch einen Überlassungsvertrag enterben?
Überträgt jemand ein Grundstück ohne ausdrückliche Bezeichnung, dass es sich auch um eine Verfügung von Todes wegen handeln soll, aber mit der Bestimmung, dass sich der Erwerber die Zuwendung auf seinen Pflichtteil anrechnen lassen soll, so kann in der Übertragung zugleich eine Enterbung liegen. Darüber entscheidet das Oberlandesgericht (OLG) Brandenburg in seinem Beschluss vom 31.8.2023 (3 W 55/22). Die Arbeitsgemeinschaft Erbrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) berichtet. Eine Frau ist verwitwet und hat aus der Ehe mit ihrem verstorbenen Mann vier gemeinsame Kinder. Mit notariellem Überlassungsvertrag überträgt sie ein in ihrem Eigentum stehendes Grundstück auf einen ihrer Söhne und zwar „im Wege der vorweggenommenen Erbfolge unter Anrechnung auf den Pflichtteil des…
-
Gegenleistungen für Kundenbewertungen und deren irreführender Einsatz als Werbemittel
Die Werbung mit Kundenbewertungen, die mit Vergütungen belohnt werden, ist irreführend und verstößt damit gegen das UWG. Das Rechtsportal „anwaltauskunft.de“ informiert über ein des Landgerichts Hannover vom 22. Dezember 2022 (AZ: 21 O 20/21). Ein Wettbewerbsverband klagte gegen einen Online-Shop, der Kunden für ihre Bewertungen Vergütungen in Form eines Punktesystems anbot. Diese Punkte konnten für weitere Einkäufe genutzt werden. Die Klägerin verlangte die Unterlassung der Nutzung dieser Bewertungen für Werbezwecke. Das Landgericht gab der Klage statt. die Werbung mit solchen Kundenbewertungen sei irreführend. Der durchschnittliche Verbraucher erwarte grundsätzlich, dass keine Gegenleistung für eine Bewertung gewährt werde. Das Gericht hielt fest, dass die Bewertungen, die durch das Punktesystem belohnt wurden, nicht…
-
Betriebliches Eingliederungsmanagement nur mit Transparenz und Datenschutz
Eine personenbedingte Kündigung ist unwirksam, wenn das betriebliche Eingliederungsmanagement (BEM) nicht transparent und datenschutzkonform durchgeführt wurde. Auf die Entscheidung des Arbeitsgerichts Braunschweig vom 29. November 2022 (AZ: 2 Ca 173/22) weist die Arbeitsgemeinschaft Arbeitsrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) hin. Ein langjähriger Mitarbeiter wurde aufgrund häufiger Kurzzeit-Erkrankungen personenbedingt gekündigt. Das Unternehmen argumentierte, dass diese häufigen Ausfälle die Arbeitsprozesse störten und daher eine Kündigung rechtfertigen würde. Der Mann wies jedoch darauf hin, dass kein ausreichender Referenzzeitraum für eine negative Gesundheitsprognose vorhanden war. Darüber kritisierte er, dass das Unternehmen kein betriebliches Eingliederungsmanagement durchgeführt hatte, um seine Arbeitsfähigkeit zu verbessern oder Alternativen zu finden. Das Gericht gab dem klagenden Mitarbeiter recht. Die Kündigung sei…
-
Reisekosten bei Aufsuchen einer Bildungseinrichtung „außerhalb eines Dienstverhältnisses“
Mit Urteil vom 20. September 2023 hat der 4. Senat des Niedersächsischen Finanzgerichts (AZ: 4 K 20/23) entschieden, dass ein Meistervorbereitungskurs „außerhalb eines Dienstverhältnisses“ besucht wurde. Die Kosten konnten nicht als Werbungskosten abgesetzt werden. Das Urteil hat weitreichende Auswirkungen auf den Werbungskostenabzug von Arbeitnehmern, erläutert das Rechtsportal „anwaltauskunft.de“. Der Kläger nahm an einem Meistervorbereitungskurs teil, für den er überwiegend selbst die Kosten trug. Die Teilnahme war durch Urlaub, Überstundenabbau und andere Maßnahmen möglich. Der Arbeitgeber hatte keine klare Anweisung zur Teilnahme gegeben oder sich finanziell in größerem Umfang beteiligt. Das Gericht stellte fest, dass der Kurs „außerhalb des Dienstverhältnisses“ besucht wurde. Maßgeblich war, dass der Arbeitgeber keinen direkten Einfluss auf…
-
Recht auf Zweit-Therapiestuhl für behindertes Kind im Schulalltag
Ein schwer behindertes Kind hat für den Schulbesuch einen Anspruch auf einen Zweit-Therapiestuhl. Dies entschied das Landessozialgerichts Chemnitz am 25. Januar 2023 (AZ: L 1 KR 366/20), wie das Rechtsportal des Deutschen Anwaltvereins „anwaltauskunft.de“ mitteilt. Die 2010 geborene Klägerin leidet unter einer schweren globalen Entwicklungsstörung. Sie hatte bereits einen Therapiestuhl für den häuslichen Gebrauch. Für die Schule beantragte sie einen weiteren, an ihre Körpergröße angepassten Therapiestuhl. Sie beantragte die Kostenübernahme für diesen weiteren Therapiestuhl. Die zuständige Krankenkasse lehnte den Antrag ab, woraufhin die Klägerin klagte. Das Landessozialgericht gab der Klägerin recht. Das Gericht erklärte, dass der Therapiestuhl ein unverzichtbares Hilfsmittel für die gleichberechtigte Teilnahme der Klägerin am Schulunterricht sei. Die…
-
Leben mit Handicap: Persönliches Budget und Budgetassistenz
Es gibt keine rechtliche Grundlage für die Befristung eines Persönlichen Budgets. Auch muss das Persönliche Budget die Kosten einer Budgetassistenz decken. Die Arbeitsgemeinschaft Sozialrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) informiert über eine Entscheidung des Sozialgerichts Marburg vom 08. September 2023 (AZ: S 9 SO 27/23 ER). Der Fall drehte sich um eine körperlich stark beeinträchtigte Antragstellerin, die Eingliederungshilfe (EGH) in Form eines Persönlichen Budgets beantragte. Dabei wollte sie von einem Arbeitgebermodell Gebrauch machen, indem sie die Assistenzleistungen selbst organisiert. Strittig waren sowohl die Höhe als auch die Befristung des Budgets und die Berücksichtigung von Kosten für eine Budgetassistenz. Das Gericht stellte klar, dass eine Befristung eines Persönlichen Budgets nach den Regelungen…
-
Ehewohnung: keine Nutzungsentschädigung nach Trennung
Bleibt ein Ehepartner nach der Trennung in der Ehewohnung, muss er in der Regel eine Nutzungsentschädigung an den anderen Partner zahlen. Es kommt aber auf die Umstände des Einzelfalls an, so die Arbeitsgemeinschaft Familienrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV). Entsprechend hat jetzt das Oberlandesgericht Stuttgart entschieden, dass die Frau, die weiterhin mit den Kindern im gemeinsamen Haus wohnt, nichts zahlen muss (Entscheidung vom 13. Juli 2023, AZ: 18 UF 97/22). Nach der Trennung des Ehepaares im März 2020 blieb die Frau mit den drei Kindern im zuvor gemeinsam bewohnten Haus. Knapp zwei Jahre später forderte der Mann von seiner Ex-Partnerin eine monatliche Nutzungsentschädigung in Höhe von 1.950 Euro. Die Höhe der…
-
Museumsmitarbeiter wegen illegalen Verkaufs von Kulturgut verurteilt
Ein Museumsmitarbeiter wurde zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 1 Jahr und 9 Monaten auf Bewährung verurteilt. Er hatte sich im Lager des Museums bedient und Gemälde verkauft. Zudem wurde die Einziehung von Wertersatz in Höhe von 60.617,90 EUR angeordnet. Dies entschied das Amtsgericht München am 11. September 2023 (AZ: 1119 Ds 13 Js 112633/22), wie das Rechtsportal „anwaltauskunft.de“ mitteilt. Ein 30-jähriger Mann arbeitete zwischen Mai 2016 und April 2018 als technischer Mitarbeiter in der Sammlungsverwaltung eines Münchner Museums. Er hatte Zugang zum Lager des Museums und nutzte diese Gelegenheit, um mehrere Gemälde zu entwenden. Anschließend verkaufte er diese illegal, teilweise durch Versteigerungen in Auktionshäusern. Der Angeklagte tauschte unter anderem das Gemälde…
-
Haftung bei Schneeballsystem
Im Rahmen eines Schneeballsystems sind Geschädigte bei der Geltendmachung eines Rückzahlungsanspruchs nicht verpflichtet, das Ausmaß der Schädigungsabsicht detailliert darzulegen. Der Vertrag bei einem Schneeballsystem verstößt generell gegen die guten Sitten. Dies entschied das Landgericht Hamburg am 23. September 2022 (AZ: 313 O 193/22), wie das Rechtsportal anwaltauskunft.de mitteilt. Das Schneeballsystem, auch bekannt als "Ponzi Scheme", lockt Kunden mit vermeintlich hohen Gewinnen von früheren Anlegern, deren Gelder für Zinsen oder Renditen verwendet werden. In dem vorliegenden Fall ging es um die Rückforderung von verlorenen Geldern von Anlegern im Bereich des Kapitalanlagemarktes. Das Gericht urteilte in Abwesenheit der Beklagten. Der Kläger hatte einen Vertrag über einen Miteigentumsanteil an einer noch zu errichtenden…
-
Keine Kindergeld-Auszahlung an volljähriges Kind in Ausbildung
Ein volljähriges Kind, das seinen Unterhaltsbedarf bereits vollständig durch sein eigenes Einkommen deckt, hat keinen Anspruch auf Auszahlung des Kindergelds. Über eine entsprechende Entscheidung des Oberlandesgerichts Braunschweig vom 25. April 2023 (AZ: 1 UF 13/23) informiert die Arbeitsgemeinschaft Familienrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV). Der junge Mann, Jahrgang 2003, absolvierte seit September 2019 eine Ausbildung. Aufgrund der Höhe seiner Ausbildungsvergütung war seine Mutter ihm gegenüber nicht mehr unterhaltsverpflichtet. Nach seinem Auszug erhielt die Mutter weiterhin das staatliche Kindergeld in Höhe von 219 Euro monatlich. Seit August 2021 leitete sie hiervon einen Anteil von 119 Euro an ihren Sohn weiter. Im September 2022 beantragte der Sohn bei der Familienkasse eine Abzweigung des…