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Amt bummelt: Halter muss Verfahrenskosten nicht tragen
Bei einem Halt- oder Parkverstoß können die Kosten des Verfahrens dem Halter des Fahrzeugs auferlegt werden. Voraussetzung ist, dass die Behörde alle angemessenen Maßnahmen zur Ermittlung des Fahrers getroffen hat. Dazu gehört auch, dass die Verwaltungsbehörde innerhalb einer Frist tätig wird, innerhalb derer der Halter sich noch an den Fahrer am Tattag erinnern kann. Schreibt die Behörde den Halter erst fünf Wochen nach der Tat an, ist dies zu spät. Ein entsprechender Kostenbescheid ist dann aufzuheben. Dies folgt einer Entscheidung des Amtsgerichts Herne vom 15. August 2022 (AZ: 22 OWi 140/22), wie die Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht des Deutschen Anwaltverein (DAV) informiert. Das Fahrzeug des Halters parkte an einem 25. Januar auf…
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Unfall eines Straßenbauarbeiters bei Fahrbahnmarkierung
Markiert ein Straßenbauarbeiter die Fahrbahn während der Rotphasen einer Ampel, muss auch er auf den Verkehr achten. Kommt es bei den Arbeiten zu einem Unfall, haftet er ansonsten zu einem Viertel mit. Dies folgt eine Entscheidung des Oberlandesgericht Celle vom 16. November 2022 (AZ: 14 U 87/22), wie die Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht des Deutschen Anwaltverein (DAV) informiert. Der Kläger war an einer Straßenbaustelle mit Fahrbahnmarkierungen beschäftigt. Dafür betrat er während der Rotphasen für die Pkw die Fahrbahn und setzte die Markierungen. Vor der Kollision mit dem Auto des Beklagten befand er sich ein Stück neben den Baken auf dem Fahrbahnbereich. Die gegnerische Versicherung war bereit, den Schaden zu 75 % zu…
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Kollision mit Blumenkübel in einer Spielstraße
In einer Spielstraße muss man langsam fahren und achtsam sein. Beachtet dies ein Autofahrer nicht, kann er bei einem Unfall mit einem dunklen, nicht gekennzeichneten Blumenkübel keinen Schadensersatz von der Stadt verlangen. Die Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) informiert über eine Entscheidung des Landgerichts Koblenz vom 05. August 2022 (AZ: 5 O 187/21). Die Tochter des Klägers wohnt in einer Spielstraße. Dort sind zur Verkehrsberuhigung zwei anthrazitfarbene Blumenkübel aufgestellt. Sie sind aber weder besonders markiert oder gekennzeichnet. Als der Mann im November um 18:00 Uhr seine Tochter besuchte, übersah er den rechts aufgestellten Blumenkübel und stieß gegen ihn. An seinem Auto entstand ein Schaden in Höhe von 1.339,63 €.…
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Auch Heimbewohner können Anspruch auf Corona-Einmalzahlung haben
Wegen der Mehraufwendungen im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie konnten Sozialleistungsempfänger eine Pauschale von 150 € beanspruchen. Dies gilt auch für in stationären Heimen lebende Leistungsberechtigte, wenn sie einen Barbetrag und eine Bekleidungspauschale bezogen haben. Über diesen Anspruch informiert die Arbeitsgemeinschaft Sozialrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV). Sie verweist auf eine Entscheidung des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 07. November 2022 (AZ: L 2 SO 1183/22). Heimbewohner sollten also prüfen, ob sie die Zahlung verlangen können, so die DAV-Sozialrechtsanwält:innen. Der 83jährige Kläger lebt vollstationär im Pflegeheim. Die Kosten für das Pflegeheim werden oberhalb einer Eigenleistung von rund 850 € monatlich übernommen. Darüber hinaus erhält er einen Barbetrag von rund 120 € sowie eine Bekleidungspauschale…
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Künstlersozialabgabe – Die unbekannte Größe für viele Betriebe
Wer selbstständige Künstler, Webdesigner und Publizisten beauftragt, muss für deren Leistungen Künstlersozialabgaben entrichten. Zumindest, wenn man als sogenannter „Eigenwerber“ diese Aufträge nicht nur gelegentlich erteilt. Allerdings darf die Rentenversicherung nicht einfach tabellarische Umsätze schätzen, wenn ein kleiner Betrieb viel geringere Umsätze angibt. Dies entschied das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen am 22. Dezember 2022 (AZ: L 2 BA 49/22 B ER), wie die Arbeitsgemeinschaft Sozialrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) mitteilt. Eine kleine Schokoladenmanufaktur musste sich einer Betriebsprüfung der Deutschen Rentenversicherung (DRV) unterziehen. Die DRV deklarierte das Unternehmen als sogenannten Eigenwerber, es sollte rund 4.200 € Künstlersozialabgaben nachzahlen. Grundlage der Berechnung war eine pauschale Schätzung der Werbeumsätze. Dem hielten die Schokoladen-Fabrikanten entgegen, die Schätzung…
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Iranische Khol-Scheidung in Deutschland anerkannt
Die iranische Khol-Scheidung kann in Deutschland anerkannt werden. Das entschied das Oberlandesgericht Braunschweig am 10. Oktober 2022 (AZ: 5 VA 1/22), wie die Arbeitsgemeinschaft Familienrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) berichtet. Bei dieser Form der Scheidung stellt das Gericht zunächst das endgültige Scheitern der Ehe fest. Anschließend beurkundet ein Notar die Scheidung. Das iranische Ehepaar hatte in Teheran geheiratet und dort auch die Scheidung eingereicht. Der Mann, der inzwischen auch die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt, wollte die Anerkennung der Scheidung in Deutschland erreichen. Sein Antrag auf Anerkennung war zunächst mit der Begründung abgelehnt worden, es handele sich um keine gerichtliche Scheidung, sondern eine sogenannte Privatscheidung mit Behördenbeteiligung. Das gebe es im deutschen…
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Auskunfts- und Wertermittlungsanspruch des Pflichtteilsberechtigten nach Annahme eines ihm zugedachten Vermächtnisses?
Setzen sich Ehepartner durch einen Erbvertrag gegenseitig als ihre Alleinerben ein, so steht ihren Kindern grundsätzlich ein Pflichtteil zu. Regeln die Ehepartner aber im Rahmen des Erbvertrages, dass die Kinder beim Tod des erstversterbenden Ehepartners ein Vermächtnis erhalten sollen, so haben die Kinder die Wahl, sich für das Vermächtnis oder für den Pflichtteil zu entscheiden. Nehmen sie das Vermächtnis an, so stehen ihnen die Auskunfts- und Wertermittlungsansprüche wie sie sich aus einem Pflichtteilsanspruch ergeben, nicht mehr zu, die sich aus einem Pflichtteilsanspruch ergeben. Darüber entscheidet das Oberlandesgericht (OLG) München in seinem Beschluss vom 22.11.2022 (33 U 2216/22). Die Arbeitsgemeinschaft Erbrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) berichtet. Eine Frau verstirbt. Auf Grundlage…
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Alter Nagel im Pferdehuf – Schadensersatz vom Hufschmied?
Ein Hufschmied haftet nicht automatisch, wenn am Tag nach dem Beschlagen ein Pferd mit Stocklahmheit im Stall aufgefunden wird. Auch nicht, wenn ein alter Nagel aus dem Hufstrahl entfernt werden muss. Für die Haftung auf Schadensersatz muss ihm eine Pflichtverletzung nachgewiesen werden. Das Rechtsportal „anwaltauskunft.de“ informiert über eine Entscheidung des Landgerichts Koblenz vom 28. Dezember 2022 (AZ: 3 O 80/21). Die Klägerin betreibt ein Gestüt und hält mehrere Pferde für den nationalen und internationalen Vielseitigkeitssport. Der Beklagte ist Hufschmied und beschlug an einem Tag im Oktober 2019 auf dem Gestüt der Klägerin insgesamt vier Pferde neu bzw. frisch, darunter auch das Dressurpferd des Falles. Direkt nach dem Beschlagen führte eine…
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Betriebsratskostenzahlung nicht mit Lohn aufrechnen
Zahlt ein Arbeitgeber Kosten für ein Betriebsratsmitglied, obwohl darauf kein Anspruch bestand, darf er diesen Betrag nicht vom Nettolohn des Betriebsratsmitglieds abziehen. Diese Bereiche sind strikt zu trennen. Dies entschied das Landesarbeitsgericht Niedersachsen am 30. August 2022 (AZ: 9 Sa 945/21), wie die Arbeitsgemeinschaft Arbeitsrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) mitteilt. Der Kläger ist seit September 1993 bei der Arbeitgeberin als Busfahrer beschäftigt und Mitglied des dortigen Betriebsrats. Ende Oktober 2019 beschloss der Betriebsrat die Entsendung des Klägers zu drei Betriebsratsschulungen, an denen er im Jahr 2020 teilnehmen sollte. An der ersten Schulung „Arbeitsrecht Teil 2“ nahm der Kläger teil. Wegen der Corona-Lage wurde ihm der Besuch der beiden weiteren Seminare…
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„Küchentage“ als irreführende Werbung
Weist ein Unternehmen – hier ein Möbelhaus – auf „Aktionstage“ hin, dürfen die Verbraucher:innen nicht in die Irre geführt werden. Aus den Werbeaussagen müssen die Rabatte und der Zeitraum der Aktion eindeutig hervorgehen. Gerade „Blickfang-Anzeigen“ müssen leicht verständlich sein. Dies entschied das Landgerichts München I am 12. Januar 2023 (AZ: 17 HKO 17393/21), wie das Rechtsportal „anwaltauskunft.de“ mitteilt. Gegen eine Werbeanzeige eines Möbelhauses klagte ein eingetragener Verein mit dem Zweck der Durchsetzung des Rechts gegen den unlauteren Wettbewerb. Das Möbelhaus schaltete am 19. August 2021 zu den sogenannten „Küchentagen“ des Möbelhauses eine Werbeanzeige in einer Tageszeitung. Der Verein hielt die Anzeige für irrenführende Werbung. Er verlangte im Hinblick auf diese…