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Neue Studie des WSI
Beschäftigte, die nicht nach Tarif bezahlt werden, verdienen deutlich weniger als Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Unternehmen mit Tariflöhnen. Im bevölkerungsreichsten deutschen Bundesland Nordrhein-Westfalen (NRW) beträgt der Abstand beispielsweise knapp 8 Prozent in Betrieben, die bei anderen für die Bezahlung zentralen Merkmalen wie Branche, Größe oder Qualifikationsniveau der Belegschaft sehr ähnlich sind. Ohne die statistische Berücksichtigung solcher Faktoren liegt der Rückstand ohne Tarif sogar bei knapp 18 Prozent. Zudem ist mit Tarifvertrag die durchschnittliche Arbeitszeit spürbar kürzer: um eine Stunde in der Woche. In Nordrhein-Westfalen werden aktuell 57 Prozent der Beschäftigten nach Tarif bezahlt. Damit weist das industriell geprägte NRW zwar die höchste Quote unter allen Bundesländern auf, sie ist aber…
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12 Euro Mindestlohn – Wissenschaftlicher Rechercheservice der Hans-Böckler-Stiftung
Am Freitag wird im Deutschen Bundestag über die Mindestlohnerhöhung auf 12 Euro entschieden. Die Anhebung bringt Millionen Menschen, die aktuell finanziell besonders stark belastet sind, spürbare Einkommensverbesserungen. Aktuelle Studien gehen auch von positiven langfristigen gesamtwirtschaftlichen Wirkungen aus. Im europäischen Vergleich würde Deutschland bei der Mindestlohnhöhe vom Nachzügler zum Vorreiter (Kommentierte Links zu den Untersuchungen weiter unten). „Die Teuerung von Energie und Lebensmitteln betrifft vor allem jene Gruppen, die schon in der Corona-Pandemie von Einkommenseinbußen betroffen waren. Diese Gruppen haben sowohl finanziell als auch in psycho-sozialer Hinsicht keine Reserven mehr und verlieren allmählich das Vertrauen in die Funktionsfähigkeit des Staates“, sagt Prof. Dr. Bettina Kohlrausch, wissenschaftliche Direktorin des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen…
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Wirtschaftliche Belastungen und Sorgen durch Ukraine-Krieg und Inflation weiter verbreitet als auf Höhepunkt der Corona-Krise
Angesichts des Kriegs in der Ukraine und der stark gestiegenen Inflation machen sich mehr Erwerbspersonen in Deutschland große Sorgen um ihre eigene wirtschaftliche Situation als zu irgendeinem Zeitpunkt während der Corona-Krise. Aktuell empfindet rund ein Viertel aller Erwerbstätigen und Arbeitsuchenden die eigene finanzielle Lage als "äußerst stark" oder "stark" belastend (24 Prozent) und hat große Sorgen um die eigene wirtschaftliche Zukunft (26 Prozent). Das zeigen neue Ergebnisse aus der repräsentativen Erwerbspersonenbefragung der Hans-Böckler-Stiftung, für die regelmäßig ein Panel aus Erwerbstätigen und Arbeitsuchenden befragt wird (siehe auch die Abbildungen 1 und 2 in der pdf-Version dieser PM; Link unten).* Unter Erwerbspersonen mit niedrigem Haushaltseinkommen unter 1.300 Euro netto im Monat äußert…
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Rund zehn Prozent der Erwerbstätigen arbeiten „suchthaft“
Rund ein Zehntel der Erwerbstätigen in Deutschland arbeitet suchthaft, ergibt eine von der Hans-Böckler-Stiftung geförderte Studie auf Basis repräsentativer Daten von 8000 Erwerbstätigen.* Von suchthaftem Arbeiten Betroffene arbeiten nicht nur sehr lang, schnell und parallel an unterschiedlichen Aufgaben, sie können auch nur mit schlechtem Gewissen freinehmen und fühlen sich oft unfähig, am Feierabend abzuschalten und zu entspannen. Führungskräfte zeigen überdurchschnittlich oft Symptome suchthaften Arbeitens. In mitbestimmten Betrieben kommt suchthaftes Arbeiten seltener vor als in solchen ohne Mitbestimmung, so die Untersuchung von Forschenden des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB) und der Technischen Universität Braunschweig, die über gut zwei Jahre mit Unterstützung der Hans-Böckler-Stiftung dem Thema nachgegangen sind. Betriebsräte helfen, Grenzen zu ziehen…
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Rezessionsrisiko leicht gesunken – IMK-Konjunkturampel bleibt aber auf „rot“
Die wirtschaftlichen Auswirkungen des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine sowie fortdauernde Lieferkettenprobleme durch rigide Abschottungen in der Omikron-Welle in China führen dazu, dass die Rezessionswahrscheinlichkeit in Deutschland hoch bleibt. Das signalisiert der Konjunkturindikator des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) der Hans-Böckler-Stiftung. Das nach dem Ampelsystem arbeitende Frühwarninstrument steht für den Zeitraum von Anfang Mai bis Ende Juli auf „rot“ und signalisiert so weiterhin ein akutes Rezessionsrisiko. Die Wahrscheinlichkeit, dass die deutsche Wirtschaft in den kommenden drei Monaten in eine Rezession gerät, ist gleichwohl zuletzt leicht gesunken: von 65,4 Prozent Anfang April auf jetzt 52,6 Prozent. Auch die statistische Streuung, ein Maß für die Unsicherheit von Wirtschaftsakteuren, ist von 26,2…
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Geringverdienende leiden besonders unter steigenden Energiepreisen – Mindestlohnerhöhung bringt Entlastung
Die zuletzt stark gestiegenen Energiepreise bringen insbesondere Geringverdienende in Bedrängnis – rund zwei Drittel der Arbeitnehmer-innen und Arbeitnehmer mit einem Monatseinkommen unter 2.300 Euro brutto sehen sich davon betroffen. In dieser Gruppe berichtet etwa ein Fünftel über „große finanzielle Schwierigkeiten“ in Folge der höheren Kosten für Heizenergie, Motorkraftstoffe und Strom. Zusätzlich geben in Abhängigkeit vom Energieträger jeweils 42 bis 50 Prozent an, auf andere Dinge verzichten zu müssen, um ihre Energierechnungen zu bezahlen. Unter Beschäftigten mit einem höheren Monatsverdienst ab 4.000 Euro brutto berichtet hingegen rund die Hälfte, dass sie sich die steigenden Kosten für Energie aufgrund ihres Einkommens bislang „ganz gut leisten“ können (Abbildung 1 bis 3 in der…
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„Ich pflege wieder, wenn.“
Mindestens 300.000 Vollzeit-Pflegekräfte stünden in Deutschland durch Rückkehr in den Beruf oder Aufstockung der Arbeitszeit zusätzlich zur Verfügung – sofern sich die Arbeitsbedingungen in der Pflege deutlich verbessern. Das ergibt die neue Studie "Ich pflege wieder, wenn."*. Die Untersuchung macht auf Basis einer großen bundesweiten Befragung mehrere Modellrechnungen auf und rechnet das Potenzial für alle aufstockungswilligen Teilzeit-Pflegefachkräfte sowie erstmals auch für Beschäftigte in der Pflege hoch, die ihrem Beruf in den vergangenen Jahren den Rücken gekehrt haben und sich eine Rückkehr vorstellen können. So ergibt sich ein rechnerisches Potenzial von 300.000 Pflegekräften in Vollzeit bei sehr vorsichtiger Kalkulation, in einem optimistischen Szenario sogar von bis zu 660.000 Vollzeitkräften. Mehr als…
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WSI-Arbeitskampf-Bilanz 2021
Im Jahr 2021 wurden in Deutschland wieder deutlich mehr Arbeitskämpfe geführt. Mit insgesamt 221 Arbeitskämpfen hat sich die Anzahl der von Streiks begleiteten Tarifauseinandersetzungen gegenüber dem sehr stark von der Corona-Pandemie geprägten Vorjahr wieder deutlich erhöht, als lediglich 157 Arbeitskämpfe identifiziert wurden. Das zeigt die neue Studie zur Arbeitskampfbilanz 2021 des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung.* Auch die Anzahl der Streikenden und das in Ausfalltagen gemessene Arbeitskampfvolumen hat im zweiten Jahr der Corona-Pandemie wieder deutlich zugenommen. So haben sich 2021 insgesamt 917.000 Beschäftigte an Streiks beteiligt, es gab 590.000 arbeitskampfbedingte Ausfalltage. Im Jahr 2020 waren es hingegen lediglich 276.000 Streikbeteiligte und 342.000 Ausfalltage (siehe auch Abbildung 1 in…
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Familien mit niedrigem Einkommen leiden aktuell am stärksten unter Inflation
Familien mit niedrigem Einkommen tragen aktuell die höchste Inflationsbelastung, Singles mit hohem Einkommen die geringste – und die Differenz ist deutlich größer als in den Vormonaten: Gemessen an den für diese Haushaltstypen repräsentativen Warenkörben sind die Preise im März 2022 um 7,9 Prozent bzw. um 6,0 Prozent gestiegen, während der Wert über alle Haushalte hinweg bei 7,3 Prozent lag. Auch für Alleinlebende mit niedrigen, höheren und mittleren Einkommen lagen die Raten mit 6,7 bis 7,0 Prozent im März etwas unterhalb der allgemeinen Preissteigerung. Dagegen sind auch Familien und Alleinerziehende mit zwei Kindern und mittleren Einkommen etwas überdurchschnittlich von der Teuerung belastet: Für diese Haushalte beträgt die Inflationsrate je 7,4 Prozent.…
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Starker Anstieg des Rezessionsrisikos
Die wirtschaftlichen Auswirkungen des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine, aber auch die Omikron-Welle in China, lassen die Rezessionswahrscheinlichkeit in Deutschland sehr stark ansteigen. Das signalisiert der Konjunkturindikator des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) der Hans-Böckler-Stiftung. Das Risiko, dass die deutsche Wirtschaft in den kommenden drei Monaten eine Rezession durchläuft, hat sich in den vergangenen Wochen fast verdreifacht: Es ist von 23,9 Prozent Anfang März auf jetzt 65,4 Prozent gestiegen. Das ist der höchste Wert seit März 2020. Damals mussten in der ersten Corona-Welle viele Wirtschaftsaktivitäten heruntergefahren werden. Zudem weist das Frühwarnsystem, das die aktuell verfügbaren Wirtschaftsdaten bündelt, für das zweite Quartal von April bis Ende Juni auch eine höhere…