-
BIP-Kommentar: Energiekrise nimmt deutscher Wirtschaft den Aufholschwung
Prof. Dr. Stefan Kooths, Konjunkturchef und Vizepräsident des IfW Kiel, kommentiert die aktuellen Zahlen zum Bruttoinlandsprodukt (BIP) im Jahr 2022 des Statistischen Bundesamtes, wonach dieses um 1,9 Prozent gestiegen ist: „Die deutliche Zunahme des BIP im abgelaufenen Jahr darf über die krisenbedingten Einbußen nicht hinwegtäuschen. Ohne Energiepreisschock und hartnäckige Lieferengpässe wäre ein doppelt so kräftiger Anstieg der Wirtschaftsleistung möglich gewesen. Der Spielraum für den weiteren Aufholprozess im vergangenen Jahr lag bei rund 4 Prozent. Dieser wurde bei weitem nicht erreicht. Getragen wurde die Aufwärtsbewegung insbesondere davon, dass sich die kontaktintensiven Dienstleistungsbereiche weiter vom Corona-Einbruch erholen konnten. Dies hat vor allem auch einen deutlichen Anstieg des privaten Konsums ermöglicht. Insgesamt war die…
-
Braunkohle aus Lützerath: Keine direkten Folgen für Erreichen der Klimaziele
Prof. Dr. Wilfried Rickels, Direktor Global Commons und Klimapolitik am IfW Kiel, kommentiert den Konflikt um das Dorf Lützerath am Braunkohletagebau Garzweiler: „Die direkten CO2-Emissionen der Kohle, die in Lützerath abgebaut werden soll, haben keine Auswirkungen darauf, ob das 1,5-Grad-Ziel erreicht wird oder nicht. Denn die CO2-Emissionen im Energiesektor der EU sind durch den europäischen Emissionshandel gedeckelt. Vereinfacht gesagt: Bei Verstromung der Braunkohle aus Lützerath, muss anderswo innerhalb der EU auf die entsprechenden CO2-Emissionen verzichtet werden. Ebenso gilt, dass durch einen Weiterbetrieb der Atomkraftwerke keine CO2-Emissionen eingespart würden. Zudem schreibt das Pariser Klimaabkommen keine nationalen CO2-Emissionsbudgets vor. Denkbar wäre ein indirekter Effekt über den CO2-Emissionspreis: Während der Weiterbetrieb von Atomkraftwerken…
-
Kiel Trade Indicator 12/22: Handel stabilisiert sich zum Jahresende, aber immer weniger Container auf Meeren unterwegs
Der globale Handel stabilisiert sich zum Jahresausklang. Das jüngste Datenupdate des Kiel Trade Indicator für den Monat Dezember zeigt insbesondere für die EU und für Deutschland nach eher schwachen Monaten wieder ein positiveres Bild (Monat-zu-Monat, preis-/saisonbereinigt). Die Menge verschiffter Container ist infolge einer schwachen Weltkonjunktur aber deutlich rückläufig, das IfW Kiel präsentiert dazu erstmals Zahlen auf Monatsbasis. In Russland legen wieder mehr internationale Containerschiffe an. Das jüngste Datenupdate des Kiel Trade Indicator signalisiert für den Welthandel im Dezember mit plus 0,9 Prozent etwas mehr Aktivität als im Vormonat (preis- und saisonbereinigt). Deutschlands Außenhandel führt im Dezember die Seitwärtsbewegung der vergangenen Monate fort. Der Wert für die Exporte zeigt ein Plus (+2,3 Prozent), für…
-
„Das Lieferkettengesetz wird zum Bürokratiemonster“
Prof. Holger Görg, Ph.D., Präsident des Kiel Instituts für Weltwirtschaft (IfW Kiel), kommentiert das am 1. Januar 2023 in Kraft tretende Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz: „Das Gesetz ist zu einem Bürokraktiemonster geworden, das weder seine Akzeptanz bei den betroffenen Unternehmen fördert, noch viel mit der Grundidee des Gesetzes zu tun hat. Unternehmen mit mehr als 3.000 Beschäftigten müssen sich zurzeit durch einen 400 Fragen umfassenden Katalog des Bundesamts für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle durchquälen und sie beantworten. Dabei ist die Grundidee einfach: Aus wirtschaftsethischer Sicht tragen Unternehmen hierzulande in einem gewissen Maß Verantwortung für Arbeits-, Sozial- und Umweltstandards in Zulieferunternehmen. Die im eigenen Unternehmen geltende Sorgfaltspflicht überträgt sich bei Auslagerung der Produktion auf das…
-
Emissionshandel: EU gelingt großer Wurf für effiziente Klimapolitik
Dr. Wilfried Rickels, Direktor Global Commons und Klimapolitik am IfW Kiel, kommentiertdie Einigung der Europäischen Union (EU) auf eine Reform des Emissionshandelssystems: „Der EU gelingt ein großer Wurf für effiziente Klimapolitik. Anders als ihr amerikanischen Partner setzt die EU auf eine marktbasierte Lösung durch Emissionshandel, der dafür steht, dort die Emissionen zu vermeiden, wo es am günstigsten ist. Das bestehende europäische Emissionshandelssystem wird ausgeweitet und deutlich ambitionierter. Gleichzeitig erhält es mit dem CO2-Grenzausgleich künftig Mechanismen, die auf das weltweit unterschiedliche Tempo der Klimapolitik reagieren. Diese Mechanismen nicht nur auf Importe, sondern auch Exporte anzuwenden, ist einer der nächsten wichtigen Schritte, um das Verlagern von Emissionen zu begrenzen. Auch die Einführung eines…
-
Winterprognose IfW Kiel: Wirtschaft im nächsten Jahr mit kleinem Plus und großen Risiken
Die Aussichten für die deutsche Konjunktur haben sich infolge gesunkener Energiepreise etwas aufgehellt. Gleichwohl belastet die Energiekrise die Wirtschaftskraft stark. Das Bruttoinlandsprodukt dürfte laut Winterprognose des IfW Kiel in diesem Jahr um 1,9 Prozent zulegen, 0,5 Prozent mehr als in der Herbstprognose erwartet. 2023 kann die Wirtschaft mit einem leichten Plus von 0,3 Prozent rechnen, statt einem Minus von 0,7 Prozent. Die Inflation dürfte 2023 bei 5,4 Prozent liegen (bislang: 8,7 Prozent). „Die deutsche Wirtschaft kann zwar etwas aufatmen, allerdings sollte sich angesichts massiver Risiken niemand zurücklehnen, am allerwenigsten die Wirtschaftspolitik“, kommentiert der Vizepräsident und Konjunkturchef des IfW Kiel, Stefan Kooths, die aktuelle Prognose für Deutschland (Deutsche Wirtschaft…
-
Ukraine Support Tracker: Europa überholt die USA bei den Hilfszusagen
Nach dem Beschluss weiterer Finanzhilfen der EU hat Europa inzwischen erstmals die USA bei der Gesamtsumme der zugesagten Hilfe an die Ukraine überholt. Deutschland hat sich zum größten Geberland in Europa entwickelt, wie die Auswertungen für das jüngste Update des Ukraine Support Trackers ergeben. Angesichts der Angriffe Russlands auf zivile Infrastruktur und des Winters geraten vor allem Luftabwehrsystem bzw. Kälteausrüstung in den Blickpunkt. Im nun zusätzlich für den Ukraine Support Tracker erfassten Zeitraum (4. Oktober bis 20. November) hat die EU ihre Unterstützungszusagen deutlich ausgeweitet. Die EU-Länder kommen zusammen mit den EU-Institutionen jetzt auf knapp 52 Mrd. Euro an militärischer, finanzieller und humanitärer Hilfe. Die von den USA gemachten Unterstützungszusagen…
-
Kiel Trade Indicator 11/22: Staus in Containerschifffahrt sinken deutlich, düstere Aussichten für Deutschlands Außenhandel
Die Staus in der Containerschifffahrt bilden sich deutlich zurück. Dies zeigt das jüngste Datenupdate des Kiel Trade Indicator für den Monat November. Ursächlich dafür dürfte auch der nachlassende Welthandel sein, der im Vergleich zum Vormonat einen deutlichen Rückgang (preis- und saisonbereinigt) zeigt. Russische Häfen verzeichnen aufgrund chinesischer und türkischer Lieferungen wieder mehr ankommende Ladung. Der Algorithmus des Kiel Trade Indicator bekommt in diesem Monat ein Update, das höhere Prognosequalität verspricht. Das jüngste Datenupdate des Kiel Trade Indicator für den Monat November weist für den Welthandel im Vergleich zum Vormonat ein deutliches Minus von 2,4 Prozent aus (preis- und saisonbereinigt). Deutschlands Außenhandel verfestigt den negativen Trend der letzten Monate, vor allem aufgrund eines Rückgangs…
-
Subventionspaket IRA der USA: Furcht vor Abwanderung von Firmen aus EU übertrieben
Prof. Holger Görg, Ph.D., Präsident des Kiel Instituts für Weltwirtschaft (IfW Kiel), rät der EU im Umgang mit dem Inflation Reduction Act (IRA) der USA zu mehr Gelassenheit. Selbst Subventionen massiv auszubauen, wie am Wochenende von Kommissionspräsidentin von der Leyen vorgeschlagen, sei aus wirtschaftlicher Sicht nicht sinnvoll. Heute wird über den IRA im US-EU Trade and Technology Council in Washington diskutiert. „Der US Inflation Reduction Act (IRA) schlägt hohe Wellen, zumindest in der EU. Doch die Furcht, dass Unternehmen jetzt reihenweise aus Europa in die USA abwandern, ist übertrieben. Daher sollten die Europäer jetzt einen kühlen Kopf bewahren. Eigene Subventionen, wie am Wochenende von Kommissionpräsidentin Ursula von der Leyen vorgeschlagen,…
-
Freihandelsabkommen CETA: „Verabschiedung überfällig“
Prof. Holger Görg, Ph.D., Präsident des Kiel Instituts für Weltwirtschaft (IfW Kiel), kommentiert das Ja des deutschen Bundestages zum Freihandelsabkommen der EU mit Kanada: „Die Verabschiedung des EU-Handelsabkommens zwischen der EU und Kanada war überfällig. Dass es so lange gedauert hat, obwohl Kanada ein zivilisiertes und hochentwickeltes Land mit hohen Arbeitsmarkt- und Sozialstandards ist, zeigt ein tiefes Misstrauen der vergangenen und aktuellen Regierungsparteien gegenüber dem Freihandel. Dabei hängt Deutschlands Wohlstand entscheidend vom freien Warenaustausch ab. Lieferengpässe im Zuge der Corona-Krise sowie die Energiekrise aufgrund des russischen Angriffskrieges haben das Bewusstsein der deutschen Politik dafür nun offenbar geschärft. Zur Wahrung seines Lebensstandards und auch zur Erreichung seiner Klimaziele muss sich Deutschland sowohl…