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Nicht nur das Verfassungsgericht, ,die Unabhängigkeit der Justiz insgesamt muss besser geschützt werden
Johannes Fechner und Stephan Thomae haben Recht, wenn Sie die Verfassungsgerichtsbarkeit „resilienter gegen Feinde der Demokratie machen“ wollen. Die Vorgänge in Polen und Ungarn zeigen, wie leicht es rechtsradikalen Mehrheiten gelingen kann, nicht nur die Politik, sondern gleich die gesamte Demokratie aus den Angeln zu heben. Einer unabhängigen Gerichtsbarkeit kommt in solchen Zeiten eine zentrale Schutzfunktion zu, um Grundrechte, Grundfreiheiten und die zentralen Elemente der Demokratie zu bewahren. Auch ein Bundesverfassungsgericht kann diese Schutzfunktion aber nur wahrnehmen, wenn es nicht selbst zerstört werden kann. Die NRV begrüßt deswegen die Vorschläge, die Kernelemente der Organisation des BVerfG ins Grundgesetz zu übernehmen. Aber nicht nur das Bundesverfassungsgericht, die Justiz insgesamt muss deutlich…
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Juristische Organisationen verurteilen rechtsextremistischen „Masterplan“ aufs Schärfste
Was im November im kleinen Kreis nahe Potsdam entworfen wurde, ist mehr als nur eine schauerliche Vision. Es ist ein Angriff auf die Verfassung und den liberalen Rechtsstaat. Die massenhafte Deportation von Menschen aus Deutschland darf nie wieder Realität werden. Die gesetzliche Legitimation solcher Phantasien muss mit allen juristischen und politischen Mitteln verhindert werden. Dieses Treffen darf sich in der Rückschau nicht als „zweite Wannseekonferenz“ entpuppen. Die unterzeichnenden juristischen Organisationen stellen sich entschlossen gegen das skizzierte Konzept und das dahinterstehende Menschen- und Weltbild, das nicht nur unzähligen in Deutschland tätigen Juristinnen und Juristen, sondern uns allen nicht wieder gutzumachenden und dauerhaften Schaden zufügen würde. Die unterzeichnenden Organisationen Bundesrechtsanwaltskammer Deutscher Anwaltverein…
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Die Justiz und vor allem die Staatsanwaltschaft gehören dringend grundlegend reformiert
Die Justizministerkonferenz befasst sich auf ihrer heutigen Tagung mit der Frage, wie die freiheitliche demokratische Grundordnung und ihre Institutionen gegen Verfassungsfeinde verteidigt werden kann. Dazu erklärt Mari Weiß, Sprecherin des Bundesvorstands der Neuen Richtervereinigung (NRV): „Der derzeitige Zustand der deutschen Justiz entspricht nicht mehr der europäischen Institutions- und Fortentwicklungsgarantie für die Rechtsstaatlichkeit. Das sehen übrigens auch 2/3 aller Justizangehörigen so.“ Simon Pschorr, Sprecher der Fachgruppe Strafrecht der NRV: „Abhilfe schafft nur eine stärkere Binnendemokratisierung der Justiz bei Auswahl und Aufstieg sowie eine Parlamentarisierung der Justiz und eine Abschaffung der Dritten Gewalt als „nachgeordnete Behörde" der Exekutive. Dies muss nach dem europäischen Vorbild der Gewaltenteilung auch die Staatsanwaltschaft einschließen." Insbesondere die…
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NRV verurteilt antisemitische Straftaten – in Deutschland wie in Israel
Das „Nie wieder!“ – das unverbrüchliche Bekenntnis zur Aufrechterhaltung der Menschenrechte und damit der Bekämpfung jedweden faschistischen, antisemitischen und freiheitsfeindlichen Gedankenguts – gehört zur DNA jeder Richterin und jedes Richters, der einen Eid auf die Einhaltung der freiheitlich-demokratischen Grundordnung geleistet hat. Die Angriffe der Hamas auf überwiegend Zivilisten in Israel Anfang Oktober verurteilt die NRV auf das Schärfste. Sie sind durch keine moralischen, ethischen, politischen oder juristischen Beweggründe zu rechtfertigen oder zu entschuldigen. Die heimtückischen Tötungen und Geiselnahmen zahlreicher Menschen, darunter Frauen und Kinder, ohne jedwede Rücksichtnahme und motiviert von antisemitischer Verblendung dienen dem illegitimen Ziel der Destabilisierung der einzigen Demokratie im Nahen Osten und des weltweit einzigen Schutzraums für…
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Die Digitalisierung der Justiz braucht nicht nur Geld, sie braucht Struktur!
Die Digitalisierung der Justiz ist jetzt wieder in aller Munde: Die Erweiterung der Videoverhandlungsmöglichkeiten in § 128a ZPO, die digitale Aufzeichnung der Hauptverhandlung in Strafsachen und jetzt der „Digitalpakt“, den der Haushaltsausschuss des Bundestags am Mittwoch mit 93 Millionen Euro ausgestattet hat. Richtigerweise soll nun das seit Jahren laufende Projekt der Entwicklung eines gemeinsamen Fachverfahrens für die Justiz (GeFa) vorangetrieben werden. Es wird allerhöchste Zeit, hier endlich zu Ergebnissen zu kommen. Aber das Grundproblem der Digitalisierung in der Justiz in Deutschland wird nicht angegangen: Die völlige Zersplitterung der Justiz-IT-Landschaft in Deutschland! Jedes Bundesland arbeitet selbständig an seiner Struktur und seinen Verfahren, hier und da gibt es Länderverbünde. Die einzelnen Verbünde…
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Gesetzliche Richter (gerade) auch in vermeintlichen Ausnahmezeiten
Die Politisierung von Strafverfahren muss vermieden werden. Jeder Anschein einer unzulässigen Einflussnahme der Exekutive auf gerichtliche Verfahren zerrüttet das Vertrauen in den Rechtsstaat. Die Garantie einer unbeeinflussten, unabhängigen Justiz erlangt besonderes Gewicht, wenn im politischen Meinungskampf möglicherweise strafrechtlich relevantes Verhalten zu überprüfen ist. Der Wert des Rechtsstaats zeigt sich besonders dann, wenn von Teilen der Gesellschaft und Politik möglichst harte, aber auch möglichst schnelle Bestrafungen gefordert werden – so zuletzt wiederholt anlässlich von Demonstrationen und Blockadeaktionen der „Letzten Generation“ und „Extinction Rebellion“. Besonders das beschleunigte Verfahren gem. § 417 StPO ist in diesen Konstellationen bedenklich – schränkt es doch Verfahrensgarantien für den Beschuldigten in erheblichem Maße ein. Zugunsten einer schnellen…
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Disziplinarrechtliches Vorgehen der Justizverwaltung in Brandenburg gegen Richter und NRV-Landesprecher gefährdet Vertrauen in demokratische Gewaltenteilung
Am 16. April 2020 gab die Justizministerin einen „Nichtanwendungserlass“ für die im Richtergesetz des Landes vorgesehene umfassende Mitbestimmung der Richtergremien aus. Im Dezember 2020 erklärte das Bundesverwaltungsgericht das Richterbeurteilungswesen in Brandenburg für verfassungswidrig. Im September 2022 versetzte die Ministerin sodann unter Missachtung des Votums des Richterwahlausschusses Kollegen der Arbeitsgerichtsbarkeit in andere Arbeitsgerichte. Dieses Vorgehen wurde durch die Dienstgerichte des Landes als Verfassungsverstoß sanktioniert und ausdrücklich auf den Zweck der Mitentscheidung des Richterwahlausschusses als Mittel zur Stärkung der Akzeptanz von Personalentscheidungen sowie der richterlichen Unabhängigkeit hingewiesen. Als Reaktion auf dieses wiederholt verfassungswidrige Handeln der Justizverwaltung und in einer dadurch „aufgeheizten Stimmung“ hat ein Landessprecher der NRV Berlin-Brandenburg, Peter Pfennig, nach einer…
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Die Unschuldsvermutung gilt auch in Bayern
Am 24. Mai 2023 ließ die Generalstaatsanwaltschaft München die Homepage der „Letzten Generation“ sperren. Ein unter dem Wappen der Generalstaatsanwaltschaft dort veröffentlichter Hinweis stufte – mit Ausrufezeichen versehen – die „Letzte Generation“ als „kriminelle Vereinigung“ ein und warnte, dass Spenden an die „Letzte Generation“ ein strafbares Unterstützen dieser „kriminellen Vereinigung“ darstelle. Diese Maßnahme stellt einen eklatanten Verstoß gegen die Unschuldsvermutung dar und schadet dem Ansehen der Generalstaatsanwaltschaft München als rechtsstaatlich handelnder Institution. Die Unschuldsvermutung gehört zu den selbstverständlichen und unumstrittenen Grundsätzen des Strafrechts. Jeder hat hiernach bis zum Nachweis der Schuld als unschuldig zu gelten. Hieraus folgt für die Öffentlichkeitsarbeit staatlicher Behörden, dass niemand einer Straftat als schuldig behandelt werden…
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Kaum im Amt schon in Aktion: Der neu gewählte Bundesvorstand der Neuen Richtervereinigung
Auf der diesjährigen Bundesmitgliederversammlung vom 03. März 2023 bis 05. März 2023 hat sich die Neue Richtervereinigung einen neuen Bundesvorstand gewählt. Dieser ist bis zur Bundesmitgliederversammlung im Frühjahr 2025 im Amt. Die Neue Richtervereinigung vertritt bundesweit Richter*innen und Staatsanwält*innen. Sie begleitet als gesellschaftskritischer Berufsverband aktuelle justizpolitische Entwicklungen und steht für eine progressive, auf modernem Grundrechtsverständnis agierende Justiz. Bereits im ersten Monat der Tätigkeit konnte der Bundesvorstand, der zusammen mit den Landesverbänden und den Fachgruppen die Neue Richtervereinigung nach außen vertritt, einige Erfolge verzeichnen: So wurde zusammen mit anderen Jurist*innenvereinigungen die Parität am Bundesverfassungsgericht erfolgreich verteidigt. Wichtige Impulse wurden bei der Legalisierung des Cannabiskonsums gesetzt, die sich zum Beispiel in einer…
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Aufnahmeverfahren gestoppt: Regierungsversagen trifft erneut Schutzsuchende
In der vergangenen Woche hat die Bundesregierung das Aufnahmeverfahren für Afghanistan vorübergehend ausgesetzt, um eine erweiterte Sicherheitsprüfung einzuführen. Grundlage dafür waren Hinweise auf mögliche missbräuchliche Nutzung des Verfahrens. Wir begrüßen grundsätzlich eine solche Überprüfung, sofern das neue Verfahren gemäß internationalen Standards unter Wahrung der Rechte der Schutzsuchenden durchgeführt wird. Dass das neue Verfahren jedoch erst in bisher unbestimmter Zukunft eingeführt werden soll, kritisieren die Nichtregierungsorganisationen Kabul Luftbrücke und die Neue Richtervereinigung stark. Da die Visavergabe für Schutzsuchende bis dahin ausgesetzt ist, wird in Folge die Mehrzahl der Schutzsuchenden weiteren Gefahren aussetzt. “Die Bundesregierung hatte über ein Jahr lang Zeit, ein angemessenes Prüfungsverfahren in Ihren Botschaften aufzusetzen. Auch wir fordern dies…