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USA und Australien müssen Fall Assange diplomatisch beenden
Vor dem Hintergrund verstärkter diplomatischer Verhandlungen zwischen den USA und Australien über das Schicksal des Wikileaks-Gründers und australischen Staatsbürgers Julian Assange drängt Reporter ohne Grenzen (RSF) die beiden Staaten, eine rasche diplomatische Lösung zu erreichen. Die Auslieferung Assanges von Großbritannien an die USA muss dringend verhindert werden; er muss umgehend und ohne Auflagen freigelassen werden. Würde er in den USA angeklagt, wäre dies ein fataler Präzedenzfall für Journalismus und Pressefreiheit weltweit. „Noch nie ging es um so viel wie jetzt, denn Julian Assange könnte schon in wenigen Wochen ausgeliefert werden“, mahnte RSF-Geschäftsführer Christian Mihr. „Wenn die Regierungen der USA und Australiens ihre Zusicherungen zur Wahrung der Pressefreiheit ernst meinen, dürfen sie das…
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Bessere Breitenwirkung, vereinfachter Zugang
Das Bundesministerium der Justiz (BMJ) möchte das Völkerstrafrecht weiterentwickeln und hat dazu am 17. Juli 2023 einen Referentenentwurf veröffentlicht. Das BMJ will Strafbarkeitslücken schließen, Opferrechte stärken und Rezeption und Reichweite von in Deutschland geführten Verfahren nach dem Völkerstrafrecht verbessern. Reporter ohne Grenzen (RSF) begrüßt die vorgesehenen Änderungen weitestgehend, macht jedoch einige darüber hinausgehende Vorschläge. “Deutschland ist eines der wenigen Länder weltweit, die das Weltrechtsprinzip auf Grundlage der eigenen nationalen Gesetzgebung tatsächlich anwenden. Wir setzen uns seit langem für die Fortentwicklung des Völkerstrafrechts ein und begrüßen es deshalb sehr, dass das Bundesministerium der Justiz weiter daran arbeitet”, sagte RSF-Geschäftsführer Christian Mihr. “Das Völkerstrafrecht kann rechtsstaatliche Strukturen und die Pressefreiheit stärken, nicht nur in Deutschland,…
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Belarus: Selbst Propagandisten sind nicht vor Verfolgung sicher
Strenge Zensur, blockierte Internetseiten, willkürliche Festnahmen: Drei Jahre nach dem Beginn der Massenproteste gegen die gefälschte Präsidentenwahl im August 2020 ist kritischer Journalismus in Belarus kaum noch möglich. Hunderte unabhängige Medienschaffende sind ins Exil geflüchtet. Selbst Mitarbeitende belarussischer Propagandamedien leben gefährlich. Immer wieder entlässt das Regime von Diktator Alexander Lukaschenko Angestellte staatlicher Sender und steckt selbst ehemalige Mitarbeitende in Haft. „Das Regime führt in den Staatsmedien eine Säuberungsaktion durch. Wer im geringsten Verdacht auf Illoyalität steht, muss gehen“, sagt Christian Mihr, Geschäftsführer von Reporter ohne Grenzen (RSF). „Mitarbeitende, die sich vom Regime lossagen, müssen mit der Rache des Systems rechnen. Diktator Alexander Lukaschenko misstraut seinem eigenen Propagandaapparat.“ Bei der Rundfunkanstalt Gomel im…
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Auch die dritte Reform ist eine verpasste Chance
Das Bundeskanzleramt arbeitet wieder an einer Reform des BND-Gesetzes (BNDG), das die Grundlage für die Arbeit des deutschen Bundesnachrichtendienstes (BND) darstellt. Seit den ersten Snowden-Enthüllungen vor zehn Jahren ist das nun die dritte Änderung eines verfassungswidrigen Regelwerks. Bereits eine erste Prüfung der geplanten Änderungen fördert Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der neuen Regelungen. Der Gesetzgeber verpasst erneut die Chance auf eine längst überfällige und ganzheitliche Reform des BNDG, das auf den festen Boden der Verfassung gehört. RSF veröffentlicht den Referentenentwurf vom 21.08.2023 und übt in einer gemeinsamen Stellungnahme mit der Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF) massive Kritik am Vorgehen der zuständigen Behörden bei der nicht ernstzunehmenden Verbändebeteiligung und mangelnden Einbindung der Öffentlichkeit. …
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Gift gegen Exil-Journalistinnen
Als Jelena Kostjutschenko am Berliner Bahnhof Südkreuz aus dem Zug steigt, fühlt sie sich völlig orientierungslos. Den Weg zur nächsten U-Bahnstation hat die russische Exiljournalistin vergessen. Passanten und Passantinnen müssen helfen. Am Bahnsteig angekommen, kann sich die Reporterin nicht mehr erinnern, in welche Richtung sie fahren muss und bricht in Tränen aus. Nach dem Aussteigen gerät der sonst nur fünfminütige Heimweg zur Strapaze. Immer wieder muss sie ihre Tasche abstellen, die ihr unfassbar schwer erscheint. Im Treppenhaus bekommt sie Atemnot. Die rätselhaften Beschwerden verschwinden auch nach Tagen und Wochen nicht. Ähnlich geht es zur gleichen Zeit der russischen Exiljournalistin Irina Bablojan in Georgien. Ursache der ominösen Leiden sind Giftanschläge des Kremls. Dies geht aus…
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Taliban nehmen neun Journalisten fest
Die zwei Jahre währende Taliban-Herrschaft in Afghanistan verschlimmert die Situation für Medienschaffende zusehends. In den vergangenen elf Tagen ließen die Taliban landesweit insgesamt neun Journalisten verhaften. Faqir Mohammad Faqirzai, Jan Agha Saleh, Haseeb Hassas, Habib Sarab, Sayed Wahdatullah Abdali, Shamsullah Omari, Wahidrahman Afghanmal, Ataullah Omar und Parwiz Sargand wurden bei Razzien in fünf afghanischen Provinzen ohne Angabe von Gründen verhaftet. Mit einer Ausnahme sind alle noch in Haft. Wo sie festgehalten werden, ist nicht bekannt. Reporter ohne Grenzen (RSF) fordert die bedingungslose Freilassung aller inhaftierter Journalistinnen und Reporter. „Unter den afghanischen Medienschaffenden herrschen Angst und Unsicherheit. Die Taliban haben einmal mehr bewiesen, dass ihre anfänglichen Versicherungen, sie würden die Pressefreiheit respektieren, nichts als Lügen…
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Neuer Online-Dienst soll Journalisten in Propaganda des Regimes „schulen“
Reporter ohne Grenzen (RSF) kritisiert den jüngsten Versuch des chinesischen Regimes, Journalistinnen und Journalisten ideologisch zu kontrollieren. Ein Ende Juni gestarteter Online-Dienst soll chinesische Medienschaffende in der Propaganda des Regimes „schulen“ und ihnen dabei „helfen“, einen Loyalitätstest gegenüber Staats- und Parteichef Xi Jinping zu bestehen. Ein erfolgreicher Test ist seit 2019 verpflichtend, um Presseausweise zu erhalten und zu erneuern. „Seit zehn Jahren führt das chinesische Regime einen regelrechten Feldzug gegen die Presse- und Informationsfreiheit. Das neue Online-Programm soll Journalistinnen und Journalisten indoktrinieren und dazu zwingen, die staatlichen Narrative zu übernehmen“, sagte RSF-Geschäftsführer Christian Mihr. „Die internationale Gemeinschaft muss den Druck auf das Regime erhöhen, um Peking von seiner repressiven Politik abzubringen und…
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Wirksamere Maßnahmen gegen SLAPPs nötig
In Brüssel haben am 12. Juli die Verhandlungen über die EU-Richtlinie zur Bekämpfung von SLAPPs (Strategic Lawsuits Against Public Participation) zwischen Parlament, Rat und Kommission begonnen. Reporter ohne Grenzen (RSF) fordert den Rat der Europäischen Union (EU) auf, sich in diesen Verhandlungen stärker dafür einzusetzen, Medienschaffende vor missbräuchlichen Klagen zu schützen, die sie einschüchtern und zum Schweigen bringen sollen. „Wenn die EU-Mitgliedstaaten nicht nachziehen, wird diese Richtlinie Medienschaffenden keinen wirklichen Schutz vor SLAPPs bieten“, sagte RSF-Geschäftsführer Christian Mihr. „In dieser Form ist die Richtlinie reine Zeitverschwendung. Der EU-Rat hat wichtige Bestimmungen gestrichen, die aber notwendig sind, um Journalistinnen und Journalisten vor diesen missbräuchlichen Knebelklagen zu schützen.“ RSF beobachtet, dass fast…
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RSF geht mit betroffenen Journalisten gegen Überwachung von Pressetelefon vor
Reporter ohne Grenzen (RSF) und die Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF) wenden sich gegen die Überwachung von Medienschaffenden über das Pressetelefon der Letzten Generation. Koordiniert von RSF und der GFF haben drei betroffene Journalisten am heutigen Freitag (7. Juli) beim Amtsgericht München einen Antrag auf Überprüfung eingereicht, ob es verhältnismäßig und damit rechtmäßig war, ihre Gespräche mit Vertreterinnen und Vertretern der Klimaschutzgruppe über diesen Anschluss abzuhören. Wie die Süddeutsche Zeitung am 24. Juni berichtete, hat die Generalstaatsanwaltschaft München im Rahmen ihrer Ermittlungen wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung zwischen dem 13. Oktober 2022 und dem 26. April 2023 einen Berliner Festnetzanschluss abgehört, der von der Letzten Generation als „Pressetelefon“ beworben und entsprechend für Medienanfragen…
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Es braucht eine Plattformaufsicht, keine Poststelle
Deutschland droht die Chance zu verspielen, Internetplattformen – wie soziale Netzwerke oder Online-Marktplätze – unter eine effektive, unabhängige Aufsicht zu stellen. Der Digital Services Act (DSA) soll Nutzerinnen- und Nutzerrechte online schützen und legt Sorgfaltspflichten für Plattformen wie TikTok, Facebook und Twitter fest. Um diese Ziele wirkungsvoll zu erreichen, bedarf es einer zentralen und gut organisierten Plattformaufsicht in den EU-Mitgliedstaaten, die Beschwerden von Betroffenen zügig und kompetent bearbeitet und ihre Rechte durchsetzt. Mit dieser Aufgabe sind die sogenannten Koordinatoren für Digitale Dienste (Digital Service Coordinators, DSCs) in Zusammenarbeit mit der EU-Kommission betraut. Jedoch streiten sich die deutschen Behörden seit Monaten um Zuständigkeiten und verzögern damit die dringend notwendigen Vorbereitungen für…