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Eine Dekade unter al-Sisi: Die schlimmsten Jahre
Vor genau zehn Jahren übernahm Abdel Fattah al-Sisi in Ägypten die Macht. Heute hält der diktatorisch regierende Präsident die Medien eisern im Griff. Unter seiner Führung ist die Repression gegenüber Medienschaffenden allgegenwärtig. Mindestens 20 von ihnen sitzen unter oft unmenschlichen Bedingungen in Haft. „Präsident Abdel Fattah al-Sisi lässt sich heute feiern, aber er ist ein Diktator, der die Medien brutal unterdrückt“, sagte RSF-Geschäftsführer Christian Mihr. „Nach zehn Jahren an der Macht haben seine Behörden und die Geheimdienste den unabhängigen Journalismus fast vollständig ausgelöscht. Wir kämpfen darum, dass die letzten noch verbliebenen medialen Inseln überleben.“ 3. Juli 2013, 21 Uhr: Feldmarschall Abdel Fattah al-Sisi tritt vor die Fernsehkameras, ein militärisches Barett…
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Neue RSF-Karte zeigt Fluchtbewegungen und Aufnahmeländer
Weltweit sind Journalistinnen und Journalisten wegen ihrer Arbeit bedroht oder gefährdet und müssen ins Ausland fliehen. Reporter ohne Grenzen (RSF) hat erstmals Migrationsbewegungen von Medienschaffenden visualisiert, die aus Sicherheitsgründen aus ihren Heimatländern fliehen mussten, inklusive der Aufnahmestaaten – zumeist in Europa und Nordamerika – und derjenigen Länder, in denen Exilmedien ihre Arbeit aufgenommen haben. Die Karte basiert auf Daten der RSF-Nothilfe-Teams und der RSF-Regionalbüros aus den vergangenen fünf Jahren. Auf der Karte sind Gebiete markiert, in denen es bewaffnete Konflikte gibt, wie in der Ukraine, im Sudan oder in Syrien. Sie zeigt außerdem, wo es zuletzt zu Spannungen und politischen Unruhen gekommen ist, welche die Verfolgung kritischer, unabhängiger Medienschaffender begünstigt haben. „Unser…
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Abhören von Letzte-Generation-Telefon: Kein Gedanke an die Pressefreiheit
Die Generalstaatsanwaltschaft München hat laut einem Bericht der Süddeutschen Zeitung monatelang Gespräche von Mitgliedern der Klimaprotestgruppe „Letzte Generation“ mit Medienschaffenden abhören lassen. Die Behörden gehen dem Verdacht der Bildung einer „kriminellen Vereinigung“ nach und haben in Zusammenhang mit ihren laufenden Ermittlungen einen Berliner Festnetzanschluss überwacht, den die Gruppe als Pressetelefon nutzt. Auf diese Weise hörten die Ermittelnden laut Süddeutscher Zeitung zahlreiche Gespräche von Journalistinnen und Journalisten mit der „Letzten Generation“ mit. Bei Abhörmaßnahmen, die auch Medienschaffende betreffen, muss grundsätzlich eine Abwägung stattfinden, ob das Strafverfolgungsinteresse schwerer wiegt als das Grundrecht auf Pressefreiheit. Diese Abwägung wurde allem Anschein nach gar nicht vorgenommen. „Dass die Ermittelnden keinen Gedanken an die Pressefreiheit verschwendet haben, ist skandalös“, sagte…
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EU-Parlament muss EMFA-Text verbessern
Der Rat der Europäischen Union hat am Montag, 20. Juni, sein Mandat für die Verhandlungen über den Europäischen Rechtsakt zur Medienfreiheit (European Media Freedom Act, EMFA) angenommen. Das ist ein wichtiger Schritt auf dem Weg zur Absicherung von Medienfreiheit und redaktioneller Unabhängigkeit in der EU. Jetzt ist das EU-Parlament am Zug, um Verbesserungen an dem Text zu erreichen. Denn die Version des Rats bleibt in vielen Punkten hinter dem zurück, was nötig ist, um Journalistinnen und Journalisten sowie Medien wirksam zu schützen und die Integrität des europäischen Informationsraums sicherzustellen. „Die Mechanismen, die vorgesehen sind, um Medieninhalte online vor missbräuchlicher Moderation durch Plattformen zu schützen, lassen den Plattformen zu viel Macht.…
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Auslieferung von Assange rückt gefährlich nahe
Reporter ohne Grenzen (RSF) ist zutiefst besorgt über die Entscheidung des Obersten Gerichtshofs des Vereinigten Königreichs, die Berufung von WikiLeaks-Gründer Julian Assange gegen seine Auslieferung an die USA abzulehnen. Die Gefahr, dass er tatsächlich ausgeliefert wird, ist nun so real wie nie zuvor. In den USA droht er wegen der Veröffentlichung geheimer Informationen über Kriegsverbrechen und Menschenrechtsverletzungen des US-Militärs im Jahr 2010 den Rest seines Lebens im Gefängnis verbringen zu müssen. Konkret drohen ihm bis zu 175 Jahre Haft. In einer dreiseitigen schriftlichen Entscheidung vom 6. Juni 2023 wies ein Richter Assanges Berufung gegen den von der damaligen britischen Innenministerin Priti Patel im Juni 2022 unterzeichneten Auslieferungsbefehl in allen acht Punkten zurück. Damit bleibt Assange nur…
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Schutzgarantien für Medienschaffende sind nötig
Betroffene von Hass und Hetze im Internet sollen sich zukünftig besser juristisch wehren können. Dafür will die Ampel-Koalition ein Gesetz gegen digitale Gewalt auf den Weg bringen. Reporter ohne Grenzen (RSF) und die Neuen deutschen Medienmacher*innen (NdM) begrüßen in einer gemeinsamen Stellungnahme den Vorschlag des Bundesministeriums der Justiz zu einem solchen Gesetz, empfehlen jedoch Nachbesserungen. Angesichts der zunehmenden Gewalt gegen Medienschaffende sollte das Gesetz diese explizit als zu schützende Berufsgruppe nennen. „Als Journalist oder Journalistin zu arbeiten, kann heute brandgefährlich sein, auch in Deutschland“, sagte RSF-Geschäftsführer Christian Mihr. „Die Zahl der physischen Angriffe steigt, und im digitalen Raum dreht sich die Gewaltspirale häufig noch weiter. Ein Gesetz gegen digitale Gewalt ist deshalb dringend nötig,…
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Staatsanwaltschaft klagt FinFisher-Verantwortliche an
Wie die Staatsanwaltschaft München I heute mitgeteilt hat, hat sie am 3. Mai gegen vier Verantwortliche der FinFisher-Unternehmensgruppe Anklage erhoben. Sie wirft ihnen vor, als damalige Geschäftsführer von GmbHs der FinFisher-Gruppe durch den Verkauf von Überwachungssoftware an Nicht-EU-Länder vorsätzlich gegen Genehmigungspflichten für Dual-Use-Güter verstoßen und sich damit strafbar gemacht zu haben. Am 5. Juli 2019 hatten die Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF), Reporter ohne Grenzen (RSF), das European Center for Constitutional and Human Rights (ECCHR) und netzpolitik.org Strafanzeige gegen mehrere Geschäftsführer der Unternehmen FinFisher GmbH, Finfisher Labs GmbH und Elaman GmbH erstattet. Grund dafür war, dass das Münchner Firmenkonglomerat die Spionagesoftware FinSpy ohne Genehmigung der Bundesregierung an die Türkei verkauft haben soll. Die vier…
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Das Regime erzeugt ein Klima der Angst
Nach einer kurzen Atempause lässt die iranische Regierung wieder verstärkt Medienschaffende verhaften. Reporter ohne Grenzen (RSF) ist beunruhigt über diese Entwicklung. Sie zeigt, dass die Behörden nicht nur die Berichterstattung über die Straßenproteste nach dem Tod von Jina Mahsa Amini, sondern auch jegliche Debatte über mögliche Reformen unterdrücken wollen. „Teheran will, dass unabhängige Medienschaffende in einem Klima der Angst leben“, sagte RSF-Geschäftsführer Christian Mihr. „Das Regime setzt auf Razzien, körperliche Gewalt und Isolationshaft. Das ist nicht hinnehmbar. Die Herrscher müssen endlich verstehen, dass sich abweichende, unabhängige Stimmen nicht für immer unterdrücken lassen.“Mehrmalige Haftstrafen, medizinische Vernachlässigung, Todesdrohungen Zuletzt traf es die freiberufliche Fotojournalistin und Frauenrechtsaktivistin Alieh Motalebzadeh. Am 10. Mai stürmten sieben…
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EU-Rechtsakt zur Medienfreiheit stärker unterstützen
Reporter ohne Grenzen (RSF) fordert die Mitgliedstaaten der EU und die Mitglieder des Europäischen Parlaments zu einer stärkeren Unterstützung des Europäischen Rechtsakt zur Medienfreiheit (European Media Freedom Act, EMFA) auf. Der EMFA hat großes Potenzial, europäische Standards für Pressefreiheit und redaktionelle Unabhängigkeit zu schaffen. Es gibt aber auch noch Luft nach oben. Der vorliegende Text sollte in Teilen verbessert werden, um das Recht auf verlässliche Nachrichten und Informationen wirksam zu schützen und einen nachhaltigen Journalismus zu fördern. „Der EMFA muss kommen – Deutschland darf bei diesem wichtigen Vorhaben auf keinen Fall an der Seite von Ungarn und Polen stehen, die am Schutz der Medienfreiheit wenig Interesse haben“, sagte RSF-Geschäftsführer Christian…
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Fotos für die Pressefreiheit 2023
Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine, die brutale Niederschlagung friedlicher Demonstrationen im Iran, wütende Massenproteste in Sri Lanka, zunehmende Gewalt von Drogenkartellen in Mexiko oder Terrormilizen in Nigeria und Mali: 2022 war kein gutes Jahr die für die Pressefreiheit. Doch „Wegsehen ist Verrat am Journalismus“, schreibt Niddal Salah-Eldin, Kuratoriumsmitglied von Reporter ohne Grenzen. Die Fotografen und Autorinnen des neuen Bandes „Fotos für die Pressefreiheit 2023“ von Reporter ohne Grenzen, der am 3. Mai erscheint, haben ganz genau hingesehen. In bewegenden Bildern und tiefgreifenden Fotoreportagen erzählen sie, wie Menschen mit Krisen leben oder Ausnahmesituationen meistern müssen, aber dennoch nicht die Hoffnung verlieren. Der einleitende Faktenteil des Buches beschreibt die Situation in Ländern,…