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Wegweisend und ästhetisch: Das neue inklusive Orientierungs- und Leitsystem in Kloster Irsee
Ihr Zimmer ist in der Küferei, 3. Stock, Nummer 305 – Sie gehen hier durch das Konventgebäude, aus dem Haus, durch den Weg am Prälatengarten ins Sommerhaus und von dort ins Treppenhaus der Küferei. Danke, alles klar – bis man um zwei Ecken gebogen ist. „Sich in einem komplexen Gebäude zurecht zu finden und vom einen zum anderen zu gelangen, sein Zimmer, die Tagungsräume und nicht zuletzt, den Aufzug oder das WC ohne Umwege zu erreichen, ist für jeden Gast mehr als angenehm. Es ist bereits ein wichtiger Aspekt von Professionalität und Gastfreundschaft“, betont Werkleiter Stefan Raueiser. „Dass Kloster Irsee ein barrierefreies Leitsystem umsetzt, passt zum Selbstverständnis und Anspruch unseres…
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Endstation Irsee: Bernhard Lehmann auf den Spuren seiner Urgroßmutter Elisabeth Kappestein
Einen weiten Weg hat er auf sich genommen: Bernhard Lehmann aus Ennigerloh (Kreis Warendorf im Münsterland) stieß während seiner Ahnenforschungen, die ihn bis ins 15. Jahrhundert führten, auch auf seine Urgroßmutter mütterlicherseits, Elisabeth Kappestein, die am 22. August 1872 in Stade (Kreis Olpe) geboren wurde. Aus bislang unklaren Gründen wurde sie 1941 zunächst in der Anstalt Eickelborn (heute: LWL-Zentrum für Forensische Psychiatrie Lippstadt) eingewiesen, am 3. September 1943 dann in die Heil- und Pflegeanstalt Kaufbeuren und im Januar 1944 schließlich in die Nebenstelle Irsee verlegt, wo sie am 19. März 1945 verstarb. Dabei hatte sich bereits sein Namenspatron und Großvater Bernhard Ende 1945 nach dem Schicksal seiner verwitweten Mutter Elisabeth…
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„Anstalt Irsee“ trifft Medizinhistorische Museen
Auf dem 32. Symposium der Medizinischen Museologie in Berlin präsentierten der Leiter des Schwäbischen Bildungszentrums Irsee, Dr. Stefan Raueiser, und die Historikerin Dr. Magdalene Heuvelmann (Tradition hat Zukunft, Warendorf) Inhalte und Gestaltung des neuen Ausstellungsraums zur Geschichte der Psychiatrie, der derzeit in Kloster Irsee vorbereitet wird. Insbesondere die dazugehörige App, die von der Landesstelle für die nichtstaatlichen Museen in Bayern gefördert wird und alle Elemente des Projekts „Anstalt Irsee – informieren, gedenken, bilden“ inhaltlich verbindet, stieß auf reges Interesse der versammelten Fachwelt. Prof. Dr. Monika Ankele, Leiterin des Berliner Medizinhistorischen Museums der Charité, betonte, wie wichtig es gerade im Rahmen der Museologie ist, moderne und ansprechende Formate für jüngere Menschen…
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175 Jahre Psychiatrie in Schwaben.
Um 1800 steckt die Psychiatrie als medizinisches Fach noch in den Kinderschuhen. Gerade erst waren Menschen mit Einschränkungen als krank definiert worden. Psychisch und geistig Erkrankte sollten nicht länger in reinen Bewahranstalten, zum Teil nackt auf Stroh in Ketten gelegt, ein weggesperrtes, elendes Dasein fristen. Vielerorts entstehen moderne Anstalten. Obwohl bereits 1810 eine bayerische Kommission zur „zweckmäßigen Einrichtung der Wohltätigkeits-Anstalten“ eingerichtet wird, hinkt das Königreich Bayern der allgemeinen Entwicklung hinterher. Dabei ist die Vorgeschichte der „Kreis-Irren-Anstalt“ in Irsee durchaus mit modernen Großbauvorhaben zu vergleichen: das Projekt umstritten, das Kloster baufällig, die Pläne kostenintensiv. Über Jahrzehnte rangeln die bayerische Regierung und der „Kreis Schwaben-Neuburg“ – in etwa identisch mit dem heutigen…
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Fachkraft im Pflege- und Erziehungsdienst der Kinder- und Jugendpsychiatrie.
Absolventinnen und Absolventen der Weiterbildung zur „Fachkraft im Pflege- und Erziehungsdienst der Kinder- und Jugendpsychiatrie“ feierten Mitte Juli ihren erfolgreichen Abschluss. Der Kurs, der vom Bildungswerk des Bayerischen Bezirketags in Kooperation mit der KJF Klinik Josefinum gGmbH in Augsburg angeboten wurde, fand von September 2023 bis Juli 2024 in Kloster Irsee statt. Zum Abschluss der Weiterbildung fertigten die Teilnehmenden eine Facharbeit zur einem spezifischen Thema der Kinder- und Jugendpsychiatrie oder der Jugendhilfe an, die sie in Form einer mündlichen Präsentation vorstellten. In feierlichem Rahmen übergaben Torsten Wagner (Pflegedirektor, KJF Klinik Josefinum, Augsburg), Tanja Bilanzija (Weiterbildungsleitung, KJF Klinik Josefinum) und Martin Girke (Bildungsreferent, Bildungswerk Irsee) die Zertifikate an die 14 Absolventinnen…
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Ernst Lossa: Gesicht und Stimme der NS-Patientenmorde
Am Abend des 8. August 1944 wird in der Heil- und Pflegeanstalt im bayerisch-schwäbischen Irsee die Ermordung des vierzehnjährigen Ernst Lossa beschlossen. Pfleger kommen an das Bett des Jungen und verabreichen ihm gewaltsam zwei Morphiumspritzen. An der Überdosis stirbt Ernst Lossa am Nachmittag des 9. August. In diesem Jahr gibt es gleich zwei Anlässe, an den Jungen zu erinnern. Sein Todestag jährt sich zum 80. Mal. Und am 1. November ist sein 95. Geburtstag. Deshalb wird am Allerheiligentag bei der Gedenkveranstaltung "Lichter gegen das Vergessen" im Schwäbischen Bildungszentrum Irsee besonders des Jungen gedacht. Ernst Lossa war einer von rund 5.000 Kindern, die den nationalsozialistischen "Euthanasie"-Verbrechen zum Opfer fielen. Insgesamt wurden…
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33 Jahre Schule der Phantasie in Irsee.
Mit einem großen Fest begann die Jubiläumsausstellung „33 Jahre Schule der Phantasie – zu Besuch in Kloster Irsee“ im Tagungs-, Bildungs- und Kulturzentrum des Bezirks Schwaben. Kleine und große Künstlerinnen und Künstler, die Organisatorin der Anfangszeit (Susanne Jehl, Kaufbeuren) und die von heute (Dr. Annette Waibel, Irsee), Bürgermeister Andreas Lieb sowie zahlreiche Gäste waren der Einladung des Schwäbischen Bildungszentrums in den Kapitelsaal von Kloster Irsee gefolgt, um die Ausstellungseröffnung mitzuerleben und quicklebendig mitzugestalten. Sven Mueller, gemeinsam mit seiner Frau Jusha seit 2018 Kursleiter der Senioren-Kurse der Irseer Schule der Phantasie, zitierte zur Begrüßung den Gründer dieser bundesweiten Initiative, Professor Rudolph Seitz, der von 1982 bis 1988 der Akademie der Bildenden…
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„Bleibens doch der gute Herr!“ – Kloster Irsee erhält historische Objekte zur Psychiatriegeschichte
Vor einem halben Jahr hatte das Schwäbische Bildungszentrum Bürgerinnen und Bürger um Unterstützung gebeten: Zur Psychiatriegeschichte von Kloster Irsee wurden historische Objekte und Alltagsgegenstände aus dem Anstaltsleben gesucht. Daraufhin meldete sich Claudia Maier aus Kaufbeuren. Ihr Vater, Max Bartenschlager, gebürtiger Irseer, war von 1945 bis 1975 Pfleger in der „Heil- und Pflegeanstalt Kaufbeuren“. In den 1970-er Jahren hatte er von einem Patienten Holzwürfel geschenkt bekommen, die dieser in der Arbeitstherapie in Kaufbeuren hergestellt hatte. Die sechs Objekte sind mit hoher Präzision und großem handwerklichen Geschick aus Eichenholz gefertigt. Sie bestehen jeweils aus Einzelteilen, die auseinandernehmbar sind. Tüftler können sie – mit ein wenig Geduld – auch wieder zusammenzusetzen. Sogar ein…
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Gedenkstätte Prosektur von Kloster Irsee jetzt in nationaler Gedenkstättenübersicht verzeichnet
In der digitalen „GedenkstättenÜbersicht“ der Stiftung Topographie des Terrors mit Sitz in Berlin werden etwa 300 Gedenk- und Dokumentationsstätten sowie Erinnerungsorte aufgeführt, die in ganz Deutschland an historischen Orten über Verbrechen des NS-Regimes aufklären und der unterschiedlichen Opfergruppen gedenken. Nun ist auch die Gedenkstätte Prosektur des Tagungs-, Bildungs- und Kulturzentrums des Bezirks Schwaben dort verzeichnet – derzeit als einzige Gedenkstätte in Bayern, die explizit dem historischen Verbrechenskontext „Euthanasie“ gewidmet ist, vgl. GedenkstättenÜbersicht – GedenkstättenForum (gedenkstaettenforum.de) Bezirkstagspräsident Martin Sailer erklärt dazu: „Dem Bezirk Schwaben ist es ein besonderes Anliegen, an die Zwangssterilisationen und Patientenmorde während der NS-Zeit zu erinnern, die in den Vorgängerinstitutionen unserer heutigen Gesundheitsunternehmen geschahen. Dabei kommt der Geschichte…
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Schule der Phantasie
Mehr als drei Jahrzehnte gibt es sie nun schon in Irsee, diese ganz besondere „Schule“ der Phantasie, in der Kinder unterschiedlichen Alters, aber auch Seniorinnen und Senioren darin unterstützt werden, unkonventionelle Ansätze zu entwickeln und frei und ohne Bewertungen schöpferisch tätig zu sein. Zurückgehend auf eine Initiative des ehemaligen Präsidenten der Münchener Akademie der Bildenden Künste, Professor Rudolf Seitz (1934 – 2001), geht es seit 1991 auch in der Marktgemeinde Irsee um eine Kreativitätsförderung, die junge wie alte Menschen darin unterstützt, unkonventionelle Ansätze zu entwickeln und Lust am kreativen Experimentieren zu bekommen. In der „Schule der Phantasie“ stehen in erster Linie also nicht die künstlerischen Ergebnisse im Vordergrund, sondern kreative…