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Sterbe-Amme Jen über die Einsamkeit: „Wir müssen das Dorf neu denken“
. Stehen wir vor einer Epidemie der Einsamkeit? Dass sich so viele Menschen einsam fühlen, hat zahlreiche Gründe. Einer davon ist in meinen Augen Social Media. Dort trifft man sich zwar online. Doch das ist ganz anders als der direkte Kontakt. Und: Es fehlt das Dorf, diese ganz normalen, direkten, alltäglichen Begegnungen. Wenn vor 30 Jahren Schützenfest war, dann war das ein Highlight im Kalender. Heute finden viele Feste gar nicht mehr statt. Sportfeste, Faschingsfeste mit Umzug, Musik und allem Drum und Dran … Es fehlt an Zusammenhalt, diesem ganz selbstverständlichen Zusammenhalt. Jeder Mensch braucht ein Dorf? Jeder Mensch braucht sein eigenes Dorf, das aus mindestens fünf Leuten besteht. Aus…
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Sommerurlaub mit der Trauer im Gepäck
Abschalten, Spaß haben und die Tage außerhalb der vertrauten Umgebung unbeschwert genießen, das ist nicht einfach für trauernde Menschen. Es kann sogar sein, dass die Trauer im Urlaub stärker wird. Weil sie Raum hat. Weil viele andere Verpflichtungen und die gewohnte Tagesstruktur wegfallen. Doch gut vorbereitet, können Trauernde damit gelassener umgehen! Folge im Urlaub deinem eigenen Rhythmus Das Positive: Du hast im Urlaub auch Zeit für deine Trauer! Du kannst sie fühlen und Erinnerungen an den Verstorbenen, die auftauchen, viel Aufmerksamkeit schenken. Die Empfehlung von TrostHelden: Folge in deinem Urlaub deinem eigenen Rhythmus und deiner Intuition – und lade dir kein Programm auf, das jetzt möglicherweise zu umfangreich und zu…
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Margot Käßmann im Interview: Wenn zur Trauer noch die Angst kommt
Ein Todesfall erschüttert die Menschen zutiefst. Die Trauer bringt viele Betroffene in eine Extremsituation. Doch jetzt kommen noch Ängste hinzu, die für viele Betroffene erdrückend sind. Da ist die Angst vor den Folgen des Ukraine-Krieges, vor einem unberechenbaren Machthaber, vor steigenden Lebensmittel- und Energiepreisen, die manche nicht schultern können. Da ist die Angst vor der Einsamkeit und für manche noch immer die Angst vor einer Corona-Ansteckung mit möglicherweise schwerwiegenden Folgen. Heute im Interview mit trosthelden.de: Margot Käßmann. Wie können gerade trauernde Menschen das alles verkraften? Es ist wichtig, darüber mit anderen zu sprechen und sich möglichst nicht zurückzuziehen. Denn dann kann die Angst wirklich die Kehle zuschnüren. Die Kehle und die…
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Trauer ist kein Wettbewerb – Schluss mit dem ewigen Vergleichen
Wir alle vergleichen ununterbrochen, messen uns mit anderen. Die Frau da ist schlanker als ich. Der Typ hat ein größeres Auto als ich. Die Nachbarn haben mehr Einkommen als ich. Und deren Handy ist auch viel cooler … Allein: Dieses unentwegte Vergleichen führt zu nichts. Es bringt keinen Schritt weiter. Im Gegenteil: Diese „Aufwärtsvergleiche“ (andere sind schöner, besser, klüger, reicher als ich …) nagen sogar ziemlich am Selbstbewusstsein. Wir reden uns damit selber Minderwertigkeitsgefühle ein. „Das Ende des Glücks, der Anfang der Unzufriedenheit“ Kurzum: Es ist die beste Strategie zum Unglücklichsein. Oder um es mit dem dänischen Philosophen und Schriftsteller Søren Kierkegaard zu sagen: Das ist das „Ende des Glücks…
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Wenn ein Kind stirbt, zerreißt das Herz
Es ist ein tiefgreifender Schock. Für Eltern ist es kaum zu verkraften, wenn ein Kind stirbt. Hoffnungen, Zukunftsträume, Lebenspläne zerbrechen. Die Verzweiflung ist riesig, das Leben scheint keinen Sinn mehr zu haben. Hinzu kommen noch Angst, Wut und manchmal auch erdrückende Schuld- und Ohnmachtsgefühle. Familienkrise: "Die Reihenfolge ist ver-rückt" Stirbt ein Kind, bleibt in einer Familie nichts mehr, wie es vorher war. Die bestehenden Strukturen sind durcheinandergewirbelt. "Die Reihenfolge, die wir Menschen als gegeben und natürlich empfinden, wird unterbrochen und umgestellt", sagt Jen Lind, Sterbe-Amme und Mitgründerin des Portals trosthelden.de. "Dass Kinder vor den Eltern sterben, empfinden wir Menschen als ver-rückt. Das macht den Tod noch unbegreiflicher." Und es bleibt…
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„Wir müssen den Weg der Digitalisierung angehen – auch im Bereich Trauer“
Die Trauer wird digital. Trauende können mittlerweile unter einer Vielzahl von Angeboten im Netz wählen – von TikTok bis hin zu Online-Plattformen renommierter Organisationen, die Betroffene in ihrem Trauerprozess unterstützen. Tendenz: rasant steigend. Im Interview mit TrostHelden spricht Dr. Jörg Cuno über die Rolle des Internets beim Umgang mit Trauer und der Versorgung von Menschen in ihrer letzten Lebensphase. Der Internist ist erfahrener Palliativmediziner, Gründer des Palliativ-Portals sowie der Palliativakademie Bamberg, Müssen wir Trauer in Deutschland neu denken? Werden die Angebote für Trauernde immer digitaler und verdrängen nach und nach das Zwischenmenschliche? Wir müssen das Thema Trauer nicht neu denken – wir müssen das Thema überhaupt erstmal denken. Trauer ist…
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Muttertag – schwerer Tag
Am 8. Mai ist Muttertag – und kaum zu ertragen, wenn eine Frau das Kind vor, bei oder nach der Geburt verloren hat. Dieser Verlust ist eine Wunde, die nur langsam heilt. Häufig belastet er die betroffenen Frauen sogar ein ganzes Leben lang. Die Familien-Trauerbegleiterin Mechthild Schroeter-Rupieper schreibt: „Wenn das Herz bricht [ … ], entsteht hoffentlich eine Narbe [ … ].“ Denn wenn das Herz schon bricht, dann sei ihr eine Narbe deutlich lieber als eine offene Wunde … Auch Kinder unter 500 Gramm können beigesetzt werden Doch bis eine Narbe überhaupt entstehen kann, muss die seelische Wunde versorgt werden. Doch wer und was kann in einer Situation helfen,…
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Trauer wird digital – die Technik erobert die Trauerbranche
Online-Trauer als Zukunftsbranche: Lässt diese Vorstellung vielen Betroffenen nicht das Blut in den Adern gefrieren? Im ersten Moment vielleicht. Doch wenn Trauende spüren, dass sie in ihrer unmittelbaren Umgebung keinen Trost finden, ändert sich das Bild. Dann geht in der Verzweiflung die Suche ins Digitale. Das ist der Zeitgeist. Technik kann die Trauer nicht beenden … Aber digitale Angebote helfen, das zu meistern, was nach dem Tod eines Menschen auf die Trauernden zukommt. TikTok hat den Hashtag GriefTok etabliert, mit derzeit rund 123 Millionen Aufrufen … Im Dezember 2021 waren es noch 43 Millionen. Das ist fast eine Verdreifachung in nur vier Monaten. #grief liegt mittlerweile sogar bei über 2,7…
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Statt Tanz in den Mai: Tanz aus der Trauer
Tanzen und trauern – das passt nicht zusammen, sagen viele Menschen in Trauer. Das fühlt sich nach dem Tod eines Menschen wie etwas Unangemessenes oder gar Verbotenes an. "Leben ist Bewegung, manchmal sogar Tanz", sagt hingegen Felix Grützner. Auch in Zeiten der Trauer. Der hauptberufliche Tänzer hat sich unter anderem auf Tanzaufführungen bei Trauerfeiern und Gedenktagen spezialisiert. Totentanz? Lebenstanz! Klingt speziell. Und doch ist es kein Totentanz, den er aufführt. "Was ich mache, ist Lebenstanz", betont Felix Grützner. Er gibt Schmerz, Verlust, Tod und Abschied tänzerisch einen Ausdruck. Um das Leben der Verstorbenen zu würdigen, Trauer in ihren unterschiedlichen Aspekten zu zeigen und eine Ahnung vom Leben jenseits der Trauer…
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Die Kraft der Rituale
Rituale – sie haben ein Anfang und Ende, folgen einer Struktur. Sie sind vorhersehbar und doch immer wieder etwas Besonderes. Denn sie schaffen Distanz zum Alltag und werden als etwas Feierliches erlebt. Weil wir sie häufig regelrecht zelebrieren. Rituale geben Halt und Sicherheit Was aber Rituale ganz besonders auszeichnet: Sie können stabilisieren und Halt geben. Wenn wir zusammen mit anderen immer wieder etwas tun, stellen wir eine Gemeinschaft her. Wir haben das Gefühl: Wir sind nicht allein. Es verläuft ein Band zwischen uns und den anderen. Das tut so gut. Und gerade das ist es, was trauernde Menschen oft so sehnlichst vermissen. Sie fühlen sich mit ihrer Trauer häufig sehr…